••• Von Chris Radda und Sabine Bretschneider
Der Höhepunkt des vergangenen Jahres war das Rebranding, erzählt CEO Jan Trionow im Gespräch mit medianet. Der Telekomanbieter Hutchison Drei Austria hatte im September des vergangenen Jahres die marktseitige Integration des Festnetz- und Businessanbieters Tele2 abgeschlossen, bietet seit diesem Zeitpunkt unter eigener Marke auch Festnetz-Dienste an – und konzentriert sich, begleitet von einer groß angelegten Kampagne („Drei. Macht’s einfach.”), auf die Businesskundenakquise.
Etwa ein Drittel der Großkunden in Österreich waren Kunden von Tele2 – und sind jetzt Kunden von Drei. Schmackhaft gemacht werden sollen die Services allerdings auch den „Kleinen”. Trionow: „Die Welt wird immer komplexer. Viele Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen in Sachen Digitalisierung. Wir wollen mit unseren Kunden auf Augenhöhe kommunizieren und ihnen die Lösung anbieten, die sie brauchen.” Mittel- bis langfristig will sich die Ex-aequo-Nummer zwei am heimischen Mobilfunkmarkt – hinter Platzhirsch Telekom Austria und gleichauf mit T-Mobile – ein Drittel des B2B-Geschäfts am Gesamtmarkt sichern.
Ein Netz für alles
Thema Nummer eins am Mobilfunkmarkt ist im laufenden Jahr die nächste Mobilfunkgeneration 5G. „Das Thema 5G ist zu Recht in aller Munde, weil damit ein Netz für alle Anwendungsfelder gebaut wird”, sagt Trionow. „Dazu kommt: Wir haben auch heute schon die Situation, dass die meisten Anwendungen auf den letzten Metern in Wirklichkeit drahtlos sind. Und das wird in einem Internet der Dinge noch viel mehr der Fall sein. Am Ende des Tages entscheidet eine leistungsfähige, drahtlose Verbindung.”
Dieses Internet der Dinge, das „Internet of Everything”, werde „riesengroße Konsequenzen für de facto alle Branchen” haben: „Sobald 5G günstig, leistbar und leistungsfähig genug ist, alle möglichen Geräte mit dem Internet zu verbinden, wird eine vollkommen andere Welt von Produkten und Businessprozessen entstehen.” Die heutigen Netze seien für diese Belastungen nicht geeignet – weder bei der Datenübertragungsgeschwindigkeit, die etwa für Augmented Reality oder Virtual Reality notwendig ist, noch bei der Latenzzeit, die das sogenannte taktile Internet benötigt: Wenn Roboter oder autonome Fahrzeuge mit den dafür notwendigen, minimalen Reaktionszeiten kommunizieren.
Trionow: „5G ist spezifiziert für eine Million Connected Devices pro Quadratkilometer. Das zeigt, in welche Richtung die Trends gehen.” Wenn in Zukunft von der Verfügbarkeit von Funkverbindungen Leben und Tod abhingen, wie etwa bei selbstfahrenden Autos oder bei telemedizinischen Operationen, müssten die Netze viel leistungsfähiger sein als heute und zusätzlich größere Überlappungen bei der Funkversorgung haben. „5G wird eine Innovationswelle auslösen. Da werden Dinge möglich werden, die bis jetzt nie möglich waren. Weltweit ist schon der große Wettlauf zwischen den Ländern entbrannt, wer die 5G-Führerschaft erringen wird.” Auch für Österreich sei es wichtig, hier vorn mit dabei zu sein.
Die Auktion ist der nächste greifbare Schritt. Noch im Februar wird die erste Auktion für 5G-geeignete Frequenzen stattfinden, Ende 2019 die zweite. Trionow: „Da werden wir die Grundlagen schaffen müssen, um die Netze auszurollen.”
„An einem Umkehrpunkt”
Die ersten 5G-Starts, die jetzt schon lautstark beworben werden, seien einstweilen noch frühe kommerzielle Showcases. Erst 2020 werde ein Massenmarkt entstehen: „Ab dann werden die Chips und Endgeräte günstig genug sein, dass man über die flächendeckende Einführung weltweit reden kann.”
Trionow: „Wir sind damit an einem wichtigen Umkehrpunkt in der Entwicklung der Branche. Der Markt ist konsolidiert, die Umsätze haben sich stabilisiert, aber jetzt brauchen wir sehr viel mehr Infrastruktur und das wird entsprechende Kosten verursachen.” Der wichtigste Schritt sei also „eine leistbare Auktion”.
Ein aktuelles Branchenthema sind derzeit die Sicherheitsbedenken in Bezug auf China: Chinesische Unternehmen, die im Telekombereich aktiv sind, gerieten zuletzt wegen vermeintlicher Probleme mit der Datensicherheit unter Beschuss. US-Geheimdienste warnten – nicht zum ersten Mal – vor Smartphones chinesischer Hersteller. Die Affäre betrifft auch den weltgrößten Netzwerkausrüster Huawei und damit den 5G-Ausbau weltweit. In einigen europäischen Ländern erwägt man, Huawei vom Aufbau der 5G-Infrastruktur auszuschließen.
Viel Lärm um China
Hutchison Drei Austria hat mit CK Hutchison Holdings mit Sitz in Hongkong eine chinesische Mutter. Ob es deswegen schon Probleme gegeben habe? Trionow gibt sich gelassen: „Natürlich gibt es diese Debatten. Weltweit. Soll man also jetzt führende chinesische Lieferanten ausschließen? Der andere Fall von dominanter Technologie kommt aus Amerika. Und auch da könnte man sagen: Was sind die Risiken, die damit einhergehen? Ich glaube, eine Welt des Protektionismus, wo man versucht, die eine oder andere Region dieser Erde auszublenden, funktioniert nicht. Auch, weil Europa technologisch an Boden verloren hat. Ohne chinesische Hardware, ohne amerikanische Software können wir im großen Konzert nicht mitspielen.” Man könne Diskussionen zu Zertifizierung und Sicherheitsmaßnahmen führen, aber „Mauern hochzuziehen, ist sicher der falsche Weg”.
Der für Technologie zuständige Verkehrsminister Norbert Hofer ließ kürzlich verlauten, Huawei nicht vom 5G-Ausbau in Österreich auszuschließen: „Wir haben diese Bedenken nicht in diesem Ausmaß”, so Hofer. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verlangte am Dienstag in Tokio angesichts möglicher Risiken Sicherheiten von China. Es müsse Gespräche mit Peking geben, um sicherzustellen, „dass das Unternehmen nicht einfach Daten an den chinesischen Staat weitergibt”.
Sprung von HD auf 4K
Auch im Multimedia- und Medienbereich, gibt der Drei-Chef zu bedenken, werde 5G wesentliche Veränderungen auslösen: „Erst einmal wird alles höher, schneller, weiter gehen – und damit auch der Schritt von HD auf 4K (auch: Ultra HD, Ultra High Definition, Anm.) gelingen, und zwar überall, bei jeder Gelegenheit und auf jedem Endgerät.”
Das betreffe auch den Aufbau von Fernsehkanälen: „Wir bauen heute schon Mobilfunknetze, die in der Lage sind, auch den TV-Konsum in Österreich zu bedienen. Mit 5G bietet diese Art der Distribution noch viel größere Möglichkeiten. Nur ein unveränderbares, lineares Signal zu konsumieren, wird immer unüblicher. Wir müssen den TV-Konsum in eine neue Dimension heben, egal, ob man das IP-basiert macht oder App-basiert – und für die verschiedenen Plattformen, die die Kunden verwenden. Das heißt: Nicht nur für das Smartphone, sondern auch die verschiedenen Smart-TV-Plattformen wie Amazon Fire TV oder Apple TV …”
Möglich werden mittels 5G auch – funktionierende – Virtual- und Augmented Reality-Anwendungen. „Und was das für Endgeräte und Medienkonsum bedeuten wird, ist noch gar nicht abzusehen”, sagt Trionow abschließend.