KMU-Digitalmarketing: Fakten statt Mythen, bitte
© Herold
PRIMENEWS Redaktion 07.06.2019

KMU-Digitalmarketing: Fakten statt Mythen, bitte

Eine groß angelegte Studie von Herold und marketmind räumt mit dem falschen Glauben an Social Media auf.

Obwohl es der Wirtschaft gut geht, laufen heimische KMU aufgrund ihrer mangelhaften digitalen Präsenz Gefahr, in ernsthafte wirtschaftliche Probleme zu schlittern und Marktanteile an globale Player zu verlieren. KMU nutzen nur sehr bedingt die Möglichkeiten von professionellem Online-Marketing, ihre Aktivitäten sind häufig nicht State-of-the-art und entsprechen nicht den Erwartungen der potenziellen Kunden. Das sind kurz zusammengefasst die Ergebnisse einer groß angelegten Studie der Marketingberatung marketmind im Auftrag von Herold, die die Werbe- und Marketing-Aktivitäten von 1.400 KMU untersucht hat.

Parallel dazu wurden österreichweit über 1.000 Konsumenten im Alter 18+ in Telefon- und Online-Interviews befragt, wo sie nach einem passenden Dienstleister suchen und auf welcher Basis sie ihre Kaufentscheidungen treffen. Diese und weitere Studien zeigen, dass die heimischen KMU die Chancen von digitalem Marketing für ihren Unternehmenserfolg nur sehr unzureichend nutzen.

Google-Suche dominiert

Auch in unserer digitalen Welt zählt der persönliche Rat eines Freundes mehr als die Internet-Recherche: 71% der Österreicherinnen und Österreicher verlassen sich bei der Suche nach einem Anbieter am stärksten auf persönliche Empfehlungen. Für 57% steht das Internet jedoch schon an zweiter Stelle und hier dominiert mit 92% ganz klar die Google-Suche.

Nach Google folgt mit 46% die Suche auf Branchen- und Themenportalen. Besonders in den Bereichen Handwerk (bis zu 62%), Wirtschaft wie z.B. Versicherungen, Immobilienmakler, Steuerberater (55%) und Gesundheit (57%) suchen Konsumenten noch häufiger in Branchen- und Themenportalen.
Social Media-Kanäle sind hingegen für die Suche nach einem passenden Anbieter nicht wirklich relevant: Nur 13% nutzen Facebook, wenn sie eine Kaufentscheidung treffen wollen.

Fehlende Präsenz

Den KMU ist die Bedeutung der Google-Suche nach Produkten und Dienstleistungen offenbar nicht wirklich bewusst. Nur 34% betreiben Suchmaschinenoptimierung und 25% sind hier mit Werbemaßnahmen (Google Ads) vertreten. Die Jüngeren stehen der Google-Suche aufgeschlossener gegenüber. Im Alter bis 35 Jahre sind immerhin 44% der Verantwortlichen verstärkt in Suchmaschinen aktiv. „Angesichts der Dominanz von Google bei der Suche nach einem passenden Dienstleister ist das geringe Engagement der heimischen KMU hier nicht nachvollziehbar”, meint John Goddard, Geschäftsführer von Herold.

Die Werbeinvestitionen auf Branchen- und Themenportalen werden dem tatsächlichen Suchverhalten der Konsumenten ebenfalls nicht gerecht.
Insgesamt 34% der KMU geben an, dass sie hier aktiv werben und unterschätzen damit die Bedeutung der Branchen- und Themenportale für ihre Kundengewinnung. So investieren beispielsweise nur 40% der Handwerker (Außen) und 34% der Handwerker (Innen) in Branchenportale, obwohl 57% bzw. 62% der Konsumenten hier nach einem Dienstleister suchen.
„Die Werbeentscheider verkennen zudem, dass die Nutzer auf diesen Portalen ein besonders großes Kaufinteresse haben. Von Herold.at wissen wir, dass jeder zweite Besucher eine Firma kontaktiert. Unternehmen erhalten so allein über unser Portal rund 21 Mio. Anrufe, Mails und Website-Besuche pro Jahr von kaufwilligen Personen, die schon einen konkreten Kaufwunsch haben und nur noch nach einem passenden Anbieter suchen”, erläutert Herold-Chef Goddard.

Mythos Social Media-Wirkung

Den Sozialen Medien stehen die untersuchten KMU sehr positiv gegenüber. Sie überschätzen dabei die Möglichkeiten zur Kundenakquisition in diesen Kanälen: 40% haben einen Auftritt in Sozialen Medien, bei den unter 35-Jährigen sind hier sogar 63% präsent. Außerdem entfällt auf Soziale Medien ein erheblicher Anteil am Werbekuchen. Von den untersuchten Branchenclustern sind immerhin 20% mit einem Werbeauftritt präsent, wobei auch hier 35% der unter 35-Jährigen werblich aktiv sind. „Bedenkt man, dass nur 13 Prozent der Konsumenten Facebook in Betracht ziehen, wenn sie einen Anbieter suchen, basiert die Werbeentscheidung der heimischen KMU in Sachen Social ­Media nicht wirklich auf den Fakten”, beurteilt Thomas Winder, Managing Director von marketmind, dieses Ergebnis.

Veraltete Daten im Netz

Fehlende oder falsche Daten auf den unterschiedlichen Online-Plattformen sind für Konsumenten, die auf der Suche nach einem passenden Dienstleister sind, ein großes Ärgernis.

Mit der zunehmenden Diversifikation von Online-Portalen wird es für Firmen immer schwieriger, den Überblick über ihre Präsenz im Internet zu behalten. Oft sind sie daher einfach nicht präsent oder scheinen mit falschen Daten (hauptsächlich falschen Öffnungszeiten) auf, wenn potenzielle Kunden nach ihnen suchen.
So zeigt eine Befragung, dass 7 von 10 der 18- bis 34-Jährigen in Österreich aufgrund falscher Daten im Internet bereits vor einer verschlossenen Ladentür standen. Mehr als drei Viertel der Befragten (78%) würden in solch einer Situation bei der Konkurrenz einkaufen, 47% frustriert nach Hause gehen, ein Drittel (34%) online bestellen.
„Mit dem Vormarsch der Sprachsuche bekommt dieses Problem weitere Brisanz: Die KMU stehen nicht nur vor der Herausforderung, auf unzähligen Portalen mit korrekten Daten präsent zu sein. Jetzt wollen Konsumenten diese Informationen auch noch über Alexa, Siri & Co. abrufen können”, erläutert John Goddard.

Websites ja, aber …

Angesichts der vielfältigen Probleme im Online-Marketing ist es erfreulich, dass immerhin 77% der KMU in Österreich eine Website haben; eine genauere Analyse zeigt allerdings auch hier erhebliche Mängel auf. Die Untersuchung der Mobiltauglichkeit, Nutzerfreundlichkeit, Suchmaschinenoptimierung, technischen Qualität und Sicherheit erbrachte, dass 89% teils erhebliches Verbesserungspotenzial haben.

In Summe erfüllen die Websites der heimischen KMU die Erwartungen von Konsumenten nur unzureichend.

Es ist fünf vor zwölf

Die genannten Studien zeigen eindeutig, dass ­Österreichs KMU im Bereich Digital-Marketing großteils noch nicht optimal aufgestellt sind und ihre Online-Präsenz den Nutzungsgewohnheiten der Konsumenten hinterherhinkt.

„Angesichts des Expansionsdrangs großer internationaler Konzerne ist es für unsere KMU im Dienstleistungssektor wirklich höchste Zeit, mithilfe smarter Online-Strategien ihre Position am heimischen Markt zu verteidigen. Andernfalls droht ihnen ein ähnliches Schicksal wie dem stationären Handel nach dem Markteintritt von Amazon & Co.”, bringt es John Goddard vorausschauend auf den Punkt. (fej)

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