Gastkommentar ••• Von Martina Hirsch
WIEN. Zinserhöhungen, Inflation, Lieferengpässe, Energiekosten – die aktuellen Rahmenbedingungen für den Immobilienmarkt sind herausfordernd. Die Unsicherheit schlägt sich in den vergangenen Monaten in einer spürbaren Zurückhaltung in der Nachfrage nach Immobilien nieder. Und aus meiner derzeitigen Sicht ist hier auch nicht so schnell eine Änderung absehbar. Wie wird es 2023 weitergehen, was kommt auf die Immobilienbranche zu?
Zinsen steigen wieder
Die Zeit der günstigen Kredite ist vorbei. Zinsen für Kredite sind im Steigen und werden damit beim Immobilienerwerb 2023 eine entsprechende Rolle spielen. Man wird sich wieder an ein höheres Zinsniveau gewöhnen müssen. Parallel dazu kommen seit Mitte 2022 strengere Regeln für Wohnkredite zum Tragen.
Es wird für Immobilieninteressierte deutlich schwieriger, Kredite für Wohnimmobilien zu erhalten. Für den Erwerb einer Immobilie müssen Käufer:innen nun 20% des Kaufpreises (inkl. Nebenkosten) in Form von Eigenkapital nachweisen können. Zudem darf die monatliche Kreditrate höchstens 40% des monatlich verfügbaren Nettohaushaltseinkommens ausmachen und die Laufzeit der Finanzierung 35 Jahre nicht übersteigen. Insgesamt dürfen bei einem Kreditinstitut maximal 20% aller Kredite eine dieser Obergrenzen überschreiten. Maßgeschneiderte Beratung und Immobilienfinanzierung gewinnen damit 2023 weiter an Bedeutung.
Baukosten sind hoch
Im dritten Quartal 2022 haben sich in Österreich laut Wohnimmobilienpreisindex der OeNB die Preise für Einfamilienhäuser (ex Wien) auf Jahresbasis um 12,5% verteuert. Die Kosten für den Hausbau dürften auch 2023 hoch bleiben: Steigende Personal- und hohe Materialkosten werden ein Sinken der Preise kaum ermöglichen. Der Bauboom in Österreich wird damit voraussichtlich gebremst.
Ganz besonders treffen dürfte es klassische Häuslbauer. Seit Corona boomen Einfamilienhäuser – Wohnbauforscher rechnen im kommenden Jahr noch mit entsprechend hohen Fertigstellungszahlen, ab 2024 dann aber mit einem spürbaren Rückgang um bis zu 30%.
Preisentwicklung
Die Preise für Wohneigentum sind in den letzten Jahren laufend gestiegen – sogar bei Objekten mit minderer Ausstattung und in C-Lage. Hier kann eine Veränderung wahrgenommen werden. In mittleren und einfachen Lagen muss zukünftig mit einer reduzierten Nachfrage gerechnet werden. In Toplagen sind abgeflachte Preissteigerungen weiter möglich. Neben der Lage ist die Energieeffizienz von Immobilien relevant: Die Kosten für Strom, Heizung und Warmwasser sind so gestiegen, dass der Energieverbrauch zu einem kritischen Faktor bei der Immobilienwahl geworden ist.
Deshalb legen Immobiliensuchende einen stärkeren Fokus auf nachhaltige Energieversorgung und Klimazertifizierungen bei Neubauprojekten.
Mieten und Überblick
Ein temporäres Überangebot an Mietwohnungen im städtischen Bereich bremst die Renditeerwartungen. Im freifinanzierten Mietsegment ist aus diesem Grund mit keiner gravierenden Mietpreissteigerung zu rechnen. Derzeit ist Miete natürlich eine gute Wahl, wenn man nicht finanzieren möchte oder kann.
Immobilieninteressierte wollen Transparenz zu Preis- bzw. Wertentwicklungen, Informationen zum Marktumfeld oder auch zu Energiethemen, um gute Entscheidungen zum Thema Wohnen treffen zu können. Ebenfalls relevant ist eine unkomplizierte und digitalisierte Abwicklung der Transaktionen. Plattformen und Portale, die diesen Ansprüchen Rechnung tragen, sind 2023 jedenfalls Gewinner.