••• Von Paul Christian Jezek
WIEN/INNSBRUCK. Das Kolloquium der Zementindustrie zählt zu den Ikonen der Veranstaltungen der Baubranche: Am 4. November informierten sich rund 300 Interessenten in der Wiener Wirtschaftskammer über die aktuellen Entwicklungen von Zement und Beton und deren Anwendungen.
In seiner Keynote betonte Sebastian Spaun (GF der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie) die Vorteile der Betonteilaktivierung – vor allem der geringe technische Aufwand und die kostengünstige Umsetzung seien ein absolutes Asset. Durch die Nutzung von Wärmestrahlung sei der Wohnkomfort besonders hoch, und da Beton auch die Möglichkeit der Pufferung habe, sei die Kombination mit erneuerbaren Energiequellen im Vergleich zu herkömmlichen Technologien „unschlagbar”.
Anja Ebenschweiger (Lafarge) berichtete über die Entwicklung einer innovativen Generation von Bindemitteln: Ein neues Mischungsverhältnis der Rohmaterialien für Klinker und eine niedrigere Brenntemperatur könnten bis zu 30% der CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Zement entstehen, reduzieren. Sabrina Schrotshammer und Martin Peyerl (Smart Minerals) verwiesen auf ihre Ergebnisse im Rahmen eines Forschungsprojekts mit FFG, wo durch gröber als bisher gemahlene Rohstoffe und eine leichte Erhöhung der Brenntemperaturen Zement energieeffizienter produziert werden könnte.
Knautschzone für Beton
Seit 2011 forscht die Cooperative Leichtbeton an Absorptionsbeton und damit an einer „Knautschzone aus Beton” zum Schutz von Personen und Infrastrukturbauten. „Im Crashfall nimmt der Beton beim Anprall die kinetische Energie auf und verformt sich”, erklärte Thomas Schönbichler von der Cooperative Leichtbeton.
Dafür wird ein neuer Leichtbeton mit erhöhter Verformungsfähigkeit durch Beimischung von Textilfasern entwickelt. „Maßgeschneiderte Produktentwicklungen für einen Aufprallschutz bei Tunnelportalen, Leiteinrichtungen oder Pfeilern bei Brücken sowie Steinschlag- und Lawinengalerien werden nun möglich”, so Schönbichler.
Referiert wurde auch über Regelwerke im Zuge des EUGH-Urteils, neue Prüfmethoden zur Wirksamkeit von Betonzusatzmitteln oder die Anwendung von Trockenbeton nach einem neuen Regelwerk. Weiters wurden u.a. neue Konstruktionsmethoden für Doppelwandelemente aus hochfestem oder ultrahochfestem Beton, die Entwicklung einer Holz-Betonverbunddecke, eine Kombination von Ortbeton- und Fertigteilbauweise für die Errichtung von Windkrafttürmen und die Bewertung zur Erhaltung alternder Infrastrukturbauwerke präsentiert.
Energiespeicher Beton
Mehr denn je steht die energieeffiziente Planung und Bewirtschaftung von Gebäuden im Fokus von Bauschaffenden und Bauherren, lautete die Quintessenz beim Expertenforum Energiespeicher Beton am 10. November in Innsbruck.
Überzeugt von den Vorteilen interdisziplinärer Zusammenarbeit, entwickelten z.B. das Ingenieurbüro Moser & Partner sowie das Architekturbüro peterlorenzateliers ein nachhaltiges und energiesparendes Büro- und Verwaltungsgebäude für die Innsbrucker Verkehrsbetriebe. So wurden Installations-, Elektro- und Umwelttechnik unter integrativer Einbeziehung der Baustruktur und der Nutzeranforderungen geplant.
Das Raumklimakonzept basiert auf der Nutzung der natürlichen Ressourcen wie Grundwasser für Kühlung, Heizung und Wärmerückgewinnungssysteme. Bodeninduktionsauslässe ermöglichen schnelle und individuelle Regelbarkeit des Raumklimas. „Durch die niedrigen Systemtemperaturen nahe den Raumtemperaturen ergeben sich hohe Wirkungsgrade beim Einsatz von erneuerbarer Energie mittels Wärmepumpe”, berichtete Franz Moser (GF von Moser & Partner).
„Die Abgabesysteme wurden achsrasterorientiert angeordnet, sodass eine maximale Flexibilität bei einem Nutzerwechsel oder einer Änderung der Innenraumeinteilung ohne Umbau des Systems gewährleistet ist”, ist Moser überzeugt, auch zukünftige Nutzeransprüche erfüllen zu können.