Wenn der Vater mit dem Sohne …
© Oliver Jonke
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 14.07.2023

Wenn der Vater mit dem Sohne …

Nach dem Verkauf der Immocontract konzentrieren sich Karl Fichtinger und sein Sohn David auf die Hausverwaltung.

••• Von Oliver Jonke und Alexander Haide

Viele Jahrzehnte lang war Karl Fichtinger nicht nur beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, sondern leitete neben dem Hausverwaltungsgeschäft auch das Immobilienunternehmen Immocontract. Vor einigen Jahren zog sich Fichtinger Senior aus der Immocontract zurück und beschäftigt sich seither gemeinsam mit Sohn David mit der Verwaltung von Häusern (IC-Hausverwaltung). medianet führte mit den beiden ein Gespräch dazu und über den boomenden Bereich der Bewertungen.


medianet:
Womit beschäftigt sich Ihr Unternehmen konkret?
David Fichtinger: Mit Hausverwaltung, wie es der Name bereits verrät, das ist relativ einfach. Wir verwalten um die 120 Häuser – vorrangig in Wien, aber auch in Niederösterreich, in Oberösterreich und im Burgenland. Das sind die wesentlichsten Aufgaben. Des Weiteren erstellen wir Bewertungen für Immobilien, Nutzwertgutachten und Überprüfungen für Miet-zinse.

medianet:
Beschäftigen Sie sich ausschließlich mit Wohngebäuden?
Karl Fichtinger: Es sind auch Gewerbeimmobilien dabei, die Wohngebäude betragen aber gut 90 Prozent unseres Geschäfts. Am Rande kümmern wir uns um Vermietungen, wir makeln.

medianet:
Wie hat sich das Geschäft mit den diversen Bewertungen von Liegenschaften in den vergangenen Jahren entwickelt?
Karl Fichtinger: Dieses Geschäftsfeld wird immer intensiver, denn die rechtlichen Querelen werden zusehends mehr. Aus meiner Sicht liegt das Problem beim OGH, da es keine ersichtliche Linie bei den Entscheidungen mehr gibt. Da entscheidet ein Senat, und zwei Wochen später entscheidet ein anderer anders. Das macht die Sache für den Haus- und den Liegenschaftseigentümer schwieriger, denn sie haben meist nicht das Know-how wie die großen, institutionellen Anleger mit ihren Rechtsabteilungen. Da werden Unterlagen benötigt, um den Mietzins zu rechtfertigen, und eine Orientierung, in welche Richtung eine Argumentation gehen kann.

medianet:
Bei welchen Anlassfällen benötigt man eine Mietzinsbewertung?
Karl Fichtinger: Der Großteil betrifft die Vermögensaufteilung bei Verlassenschaften, denn ab zwei Erben wird es insbesondere im Wohnungseigentum schwierig und umständlich. Die meisten wünschen sich eine faire Aufteilung und dafür werden Bewertungen benötigt.

Andererseits erstellen wir viele Nutzwertgutachten zur Aufteilung von Zinshäusern in Wohnungseigentum.


medianet:
Welche Aspekte sind hier zu beachten?
Karl Fichtinger: Das Ergebnis muss vor allem objektiv sein und es muss langfristig Bestand haben, wobei die Erfahrungen aus der Vergangenheit in die Zukunft projiziert werden.

medianet:
Wie geht es weiter, wenn es unterschiedliche Gutachten gibt?
Karl Fichtinger: Das ist wie immer – fragt man drei Menschen, erhält man fünf unterschiedliche Meinungen. Wenn Gutachten den Normen des Liegenschaftsbewertungsgesetzes oder der Ö-Norm entsprechend objektiv sind, dann sollte es schon passen. Die Ansätze für die Wertigkeit können möglicherweise ein wenig unterschiedlich sein. Daran erkennt man, ob ein Praktiker an der Arbeit war oder doch nur ein Theoretiker.

medianet:
Wenn es richtig gemacht wird, sollten unterschiedliche Gutachter also zum selben Ergebnis kommen?
Karl Fichtinger: Korrekt.

medianet:
Wie haben sich Gesetzesänderungen, die Inflation und der Mangel an Objekten auf das Maklergeschäft niedergeschlagen?
Karl Fichtinger: Da ich vor zwei Jahren meine Firma Immocontract verkaufen konnte, spielt dieser Geschäftszweig nur noch peripher eine Rolle. Es gibt alte Stammkunden, die sich immer wieder an mich wenden und etwas zu vermakeln haben. Wenn es geht, gebe ich das aber weiter. Rechtliche Schwierigkeiten gab es immer, aber wenn man ein bisschen flexibel ist, kann man sich anpassen und findet sich ein Weg, sodass der eine zu seinem neuen Home und der andere zu seinem Geld kommt. Am Ende müssen beide Teile zufrieden sein.

medianet:
Ihr Hauptgeschäft ist die Hausverwaltung. Was sind die aktuellen Trends, was ist heute besonders wichtig?
David Fichtinger: Besonders beim WEG (die Gesamtheit aller Wohnungseigentümer innerhalb einer Wohneigentumsanlage, Anm.) gehen die Eigentümer aufgrund der Corona-Zeit, in der man viel zu Hause war, sehr besonnen mit ihrem Eigentum um und achten genauer auf die eigenen vier Wände. Die Menschen verbringen mehr Zeit daheim, das Homeoffice ist ein Thema. Auch wir haben übrigens Mitarbeiter, die Montag bzw. Freitag im Homeoffice sind.

medianet:
Die Hausverwaltung ist ein sehr konstantes Geschäft, da nur selten gewechselt wird. Das macht es natürlich auch schwierig, an neue Kunden zu kommen. Wie funktioniert das?
David Fichtinger: Das versuchen wir mit Werbeeinschaltungen und mit dem Netzwerk meines Vaters. Viele Menschen rufen auch proaktiv bei uns an, wenn sie mit ihrer derzeitigen Hausverwaltung unzufrieden sind. Das passiert sicher zwei bis drei Mal pro Monat, zumeist aus einer WEG. Allerdings dauert es oft länger, bis es zu einem Verwaltungsvertrag kommt. Stichtag ist da jeweils der 30. September eines Jahres für die Kündigung der Hausverwaltung.
Karl Fichtinger: Diese dreimonatige Kündigungsfrist wurde eingeführt, damit man per Jahresende die Hausverwaltung als abgeschlossen übergeben kann.

medianet:
Welche Schritte müssen vor dem 30. September unternommen werden, wenn man zu Ihnen wechseln möchte?
David Fichtinger: Die Gemeinschaft muss zeitgerecht einen Mehrheitsbeschluss zur Kündigung des aktuellen Verwalters fassen. Danach erfolgt meist die Ausschreibung über die Neubestellung eines Verwalters. Wir stellen uns den Miteigentümern vor, greifen aktuelle Probleme auf und versuchen bereits in der Übergangsphase mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.


medianet:
Wird heute die Hausverwaltung häufiger gewechselt als noch vor einigen Jahrzehnten?
Karl Fichtinger: Das kann man so sagen, die Menschen und die Szene sind mobiler geworden.

medianet:
Was sind die häufigsten Gründe, weshalb es zu einem Wechsel der Hausverwaltung kommt?
David Fichtinger: Es ist oft der Fall, dass bei WEGs der Hausverwalter arm dran ist, weil er dazwischensteht. Für viele ist es oft die einfachste Lösung für Veränderungen, den Hausverwalter zu wechseln. Im Grunde kochen wir alle mit Wasser, aber manche Eigentümergemeinschaften setzen unterschiedliche Prioritäten. Manchen ist die ständige Kommunikation wichtig, anderen die penible Einhaltung von Terminen bei den Leistungen … Wir versuchen es halt jedem recht zu machen.
Karl Fichtinger: Wir können das alles gewährleisten, denn wir sind seit etwa 25 Jahren im Geschäft.

medianet:
Wie sieht die Zukunft der IC-Hausverwaltung aus?
Karl Fichtinger: Die Hausverwaltung hat David mehr oder weniger bereits übernommen, und ich werde meine Gutachtertätigkeit mit meinem Expertenteam ausüben, solange ich mich halbwegs bewegen kann. Wir haben da keinen Stress, und es funktioniert alles sehr gut.

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