Bleibt noch Geld für Bier in guter Gesellschaft?
© Kurt Keinrath
RETAIL Redaktion 09.09.2022

Bleibt noch Geld für Bier in guter Gesellschaft?

Lange war die Gastro zu, nun wird alles teurer. Florian Berger vom Brauereiverband nimmt dazu Stellung.

••• Von Georg Sander

WIEN. Die heutige Zeit spart nicht mit Herausforderungen: Nach dem Fullstop für alles im März 2020 folgten Lockdowns und Lieferkettenprobleme, und im Februar 2022, als die Coronakrise dank Impfung überstanden schien, überfiel Russland das Nachbarland Ukraine, und auf die Gesundheitskrise folgt eine menschliche Tragödie, hierzulande in Form einer Energiekrise.

Florian Berger, Geschäftsführer des Verbandes der Brauereien Österreichs, übt sich in Bezug auf das Bier und alles, was damit zusammenhängt, in Optimismus: „Die Braubranche wird sich wie alle in der Lebensmittelindustrie nicht unterkriegen lassen. Es muss und wird immer weitergehen.”

Die Energiefrage

Das beherrschende Thema dieser Tage ist freilich – bei allem menschlichen Leid – die Energie. „Das geht quer über alle Industriezweige, Energieversorgung und -sicherheit zählen zu den wichtigsten Themen”, meint Berger. Bier zu brauen braucht Energie, das Gas ist teuer und vielleicht irgendwann knapp. Eine auch dem Klimaschutz geschuldete Umrüstung ist für viele nicht von heute auf morgen umsetzbar.

Neben der Produktion sind natürlich auch die Transportkosten ein Faktor. Hier gilt es, einen Spagat zwischen dem, was die Kunden zu bezahlen bereit sind, und wirtschaftlicher Notwendigkeit zu schaffen.

Was macht der Konsument?

Viel dringlicher scheint die Frage, wie die Konsumenten nun mit den Teuerungen umgehen, wo sie einsparen. Das sei, so Berger, ein indirekter Effekt, denn „es ist derzeit offen, wie sich das auf das Konsumentenverhalten auswirkt. In den letzten zwei Jahren war der Außerhaus-Konsum abgemeldet, jetzt wäre die Gelegenheit zum Durchschnaufen und jetzt werden Gebühren und Kosten erhöht, die Inflation zieht massiv an …”

Grundbedürfnisse müssen logischerweise zuerst bezahlt werden, weiß er. Bevor man in der Gastro ein Bier trinkt, werde geschaut, ob sich das ausgeht: „Das wird eine große Herausforderung, die derzeit keiner lösen kann, weil niemand weiß, wie sich das auf den Konsum auswirken wird.” Das sei vor allem für kleine und mittelständische Brauereien, die nicht national im Supermarkt stehen, schwierig. Diese hätten schon unter den Lockdowns gelitten, da die Gas­tronomie oftmals der einzige Verkaufsweg war. Jetzt stehen eben Teuerungen ins Haus: „Ich denke, dass Konsumenten zunehmend preissensibler werden. Sie werden schauen, wie viel Bier sie für ihr Geld bekommen, also zu günstigeren Marken greifen oder sich die Gelegenheiten, wo und wie sie ihr Bier genießen, genauer überlegen.”

Mehrweg, Einweg, Zukunft

Eine Herausforderung im Zusammenhang mit der Lieferkettenproblematik ist die Glasproduktion. „Grundsätzlich gibt es keine Riesenauswahl bei Glasflaschenherstellern. Manche haben auch in Osteuropa Niederlassungen, manche leider in umkämpften Gebieten”, weiß Berger, der interessante Beobachtungen mitteilt: „Wenn ein Werk ausfällt, dann ist es schwer, das anderswo aufzufangen.”

Ebenso zu denken ist an die bevorstehenden Maßnahmen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft, wie die verpflichtende Mehrwegquote ab 2024 sowie die Einführung des Einwegpfandes für Getränke in Plastikgebinden und Dosen ab 2025.
„In den nächsten zwei Jahren wird sich viel tun. Es gilt, sich auf die verpflichtende Mehrwegquote ab 2024 vorzubereiten, die bestimmte Mindestquoten an Getränken in Mehrweggebinden vorsieht. Das Einwegpfand kommt dann im Jahr 2025.”
Abschließend wagt man vonseiten des Verbands der Brauereien einen Blick in die Zukunft: „Der Rucksack ist schwerer als zuvor, weil Themen zu bearbeiten sind, die vor einem oder zwei Jahren praktisch keine waren. Es wird weitergehen, weil ich überzeugt bin, dass Bier das Lieblingsgetränk bleibt und man es in Gesellschaft konsumieren wird. Dazu braucht es die Liebe zum Produkt, Vielfalt und die gewohnte Qualität, und die wird die Brauwirtschaft liefern.”

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