Die Acht-Prozent-Marke ist geknackt
© APA / AFP / Ina Fassbender
Auf Dieselfahrer dürften infolge eines weiteren leichten Anstiegs des Ölpreises neuerlich Mehrkosten zukommen, prognostiziert Wifo-Ökonom Josef Baumgartner.
RETAIL Redaktion 03.06.2022

Die Acht-Prozent-Marke ist geknackt

Der Inflationsanstieg im Mai hat die Erwartungen der Experten übertroffen. Ein Rückgang vor Herbst ist fraglich.

WIEN. Die Hoffnung, dass die Inflation mit April ihren Höchststand erreicht haben könnte, hat sich nicht bewahrheitet: Der Mai-Wert von 8,0% gemäß Schnellschätzung der Statistik Austria bedeutet einen weiteren Anstieg von 0,8% gegenüber März und darüber hinaus den höchsten Wert seit September 1975.

Experten hatten zuletzt mit einer Jahres-Teuerungsrate auf April-Niveau oder knapp darüber gerechnet; das letztlich deutlich ausfallende Plus führt Wifo-Ökonom Josef Baumgartner auf die Effekte des Öl-Embargos gegen Russland, aber auch auf die Strom- und Gas-Tariferhöhungen des Verbundkonzerns Anfang des Monats zurück. Auszugehen sei jetzt noch von einem weiteren leichten Ölpreisanstieg mit einem anschließenden Durchschlagen auf die Endverbraucher etwa bei Diesel, so Baumgartner.

Ende noch nicht in Sicht

Weil auch im Nahrungsmittelbereich die Preiserhöhungen infolge des Ukrainekriegs noch nicht ganz bei den verarbeiteten Produkten angekommen seien, Transportstaus sich zunehmend von China in andere Regionen, auch Europa, verlagern würden, und weil etwaige weitere Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg offenbleiben, geht Baumgartner nicht von einer deutlichen Abschwächung der Inflationsraten vor Herbst aus; ein neuer Höhepunkt im Juni oder Juli seien jedenfalls nicht auszuschließen. „Ab dem dritten und vierten Quartal sollten die Teuerungsraten aber wieder etwas zurückgehen”, so Baumgartner.

Indexierung gefordert

Erst vergangenen Sonntag hatte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr die Jahres-Inflationsprognose von 5,8 auf 6,5% angehoben und die Lage als „absolut ernst” bezeichnet; die Volkswirtschaft sei nicht auf Raten in dieser Höhe eingestellt, eine (Index-)Anpassung von Sozialleistungen wie Familienbeihilfe, Mindestsicherung und Pflegeleistung sei unumgänglich. Auch forderte Felbermayr (nicht zum ersten Mal) das Aus der kalten Progression.

Während Letztere – nach einer langen Phase parteiinterner Widerstände – infolge eines Bekenntnisses verschiedener schwarzer Landeshauptheutleute sowie ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner nun durchaus und in absehbarer Zeit realistisch erscheint, erteilte die Generalsekretärin derselben Partei, Laura Sachslehner, der Indexierung eine Absage und verwies auf geplante Entlastungspakete.
Mit seiner hohen Inflationsrate steht Österreich freilich nicht allein dar: Auch im Euroraum kletterte diese im Mai laut Erstschätzung des EU-Statistikamtis auf 8,1%; in den USA lag sie im April bei 8,3% und ging damit erstmals seit August 2021 leicht – um 0,2% – zurück. (haf)

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