Erleben statt besitzen: Konsum im Wandel
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RETAIL Redaktion 06.09.2024

Erleben statt besitzen: Konsum im Wandel

Einkaufszentren setzen immer mehr auf Entertainment statt auf Retail – zu Recht, wie eine RegioData-Studie zu den Konsumausgaben zeigt.

••• Von Paul Hafner

Wofür die Österreicher 2024 ihr Geld ausgeben, das hat sich gegenüber 2014 in vielerlei Hinsicht verändert, wie RegioData Research mit einem langfristigen Vergleich der Ausgabenpositionen zeigt. Die Kernbefunde der jüngst publizierten Studie „Konsumausgaben Österreich 2024“: Es wird anteilsmäßig weniger für „Dinge“ ausgegeben, dafür fließt mehr Geld in die Bereiche Entertainment, Gastronomie und Selbstoptimierung; der reale Kaufkraftzuwachs in den letzten zehn Jahren fällt gering aus; die Spareinlagen sind heuer gegenüber 2023 deutlich gestiegen – wobei ein erheblicher Teil des Anstiegs auf höhere Sparzinsen zurückzuführen ist.

Wohnen wurde viel teurer
Aktuell stehen jedem Einwohner durchschnittlich 27.075 € pro Jahr zur Verfügung, verglichen mit 19.970 € vor zehn Jahren. Aufgrund der Gesamtinflation von 33% in diesem Zeitraum liegt der reale Kaufkraftzuwachs bei lediglich drei Prozent. „Die verfügbare Kaufkraft steigt also im Durchschnitt nur unmerklich, während sich die Verwendung der Geldmittel teilweise sehr stark verändert hat“, analysieren die Studienautoren.

Im Schnitt 23.300 € und damit über 86% der verfügbaren Konsumausgaben entfallen auf private Konsumzwecke; die übrigen 3.700 € fließen zum Gutteil in Spareinlagen. Absolut gesehen, fließt heute wie damals der mit Abstand größte Teil des Geldes ins Wohnen, der aktuell (exkl. Heizen) durchschnittlich 4.666 € pro Einwohner ausmacht.

E-Bike-Boom hält an
Wiewohl die Inflation in diesem Zeitraum um 33% gestiegen ist, sind das nominell um 46% mehr als noch 2014. In Summe entfallen damit 17% der zur Verfügung stehenden Ausgaben in die Miete. Dass Wohnen deutlich teurer geworden ist, zeigt sich auch an den 1.396 €, die pro Kopf und Jahr für Energie im Haushalt fließen – eine Position, die in den letzten Jahren fast doppelt so stark gestiegen ist wie die Inflation.

Während die Ausgaben für die nahe beieinander liegenden Kategorien – Verkehr (Individual- und öffentlicher Verkehr sowie Datenverkehr und Kommunikation) und Ernährung exkl. Gastronomie – real nur minimal gestiegen (Verkehr) bzw. stabil geblieben (Ernährung) sind, zeigt sich beim Blick in die größtenteils den Freizeitausgaben zuzurechnenden Detailkategorien einiges an Bewegung.

Neben den in der obigen Grafik angeführten Wachstumskategorien Schönheitseingriffe, Ausgaben für Tiere und Tätowierungen, die sich allesamt mehr als verdoppelt haben, verzeichnen weiters digitale Transaktionen innerhalb von Videospielen, sogenannte „In-Game-Transaktionen“ (+771%), sowie der Fahrradmarkt (+415%) exorbitante Wachstumsraten. Verantwortlich für letztere Entwicklung sind insbesondere das Aufkommen und der anhaltende Boom von Elektrofahrrädern; Erstere gehen auf das Konto moderner Monetarisierungsstrategien von Free-to-Play-Spielen, die mit virtuellen Gütern und zusätzlichen Funktionen zum Kauf verlocken.

Haben oder sein?
„Alles, was mit Spaß, Erholung und Selbstoptimierung zu tun hat, steigt überproportional, während die einst dominierenden Handelsprodukte wie Be-kleidung, Schuhe, Elektronik und Einrichtung zunehmend an Bedeutung verlieren“, erklärt Wolfgang Richter, CEO von RegioData Research. Auch der Bereich Kultur sowie Bücher, die früher fester Bestandteil des Konsumverhaltens waren, würden in der Prioritätenliste der Österreicher „immer weiter nach unten rutschen“.

Fulminantes Gastro-Comeback
Die Ausgaben für den Verzehr außer Haus setzen ihren Aufwärtstrend indes fort und verzeichnen seit mittlerweile einem Jahrzehnt Wachstumsraten über die Kaufkraftzuwächse hinaus – abgesehen von pandemiebedingten Rückgängen in den Jahren 2020 bis 2022. Im Schnitt liegen die jährlichen Gastronomieausgaben pro Österreicher aktuell bei 1.842 € und sind damit allein zum Vorjahr um 13% gestiegen.

Dabei entfällt der größte Teil der Ausgaben, etwa 1.515 € (+56% gegenüber 2014), auf freizeitliche Gastronomiebesuche wie Restaurants, Systemgastronomie und Cafés, während sich der Restbetrag auf Mahlzeiten in Arbeits- und Schulkantinen verteilt.

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