••• Von Georg Sohler
Eine Fußballeuropameisterschaft, laue Grillabende mit hohen Temperaturen bis spät in die Nacht – da möchte man meinen, dass es in den Brauereien des Landes so viel Jubel gab, wie als Österreich die Niederlande geschlagen hatte oder die heimischen Olympioniken drei Bronze- und eine Goldmedaille bekamen. In Zahlen schlägt sich das allerdings nicht nieder.
Florian Berger, Geschäftsführer des Brauereiverbandes, liefert für medianet Zahlen: Im Vergleich zum Vorjahr blieben die Produktionszahlen (Inland, kein Import) gleich, Bier ging leicht zurück, alkoholfreies stieg um 6,2%. Dieses, so Berger, wachse weiterhin stärker als der Markt und „hat aktuell ca. 3,7 Prozent Anteil an Bier gesamt.“ So viel zu den großen Zahlen, wie schätzen Brauereien die Lage ein?
Prost mit Aber
Dass sich der Sommer für Zusammenkünfte eignet, weiß man etwa bei Stiegl und das merkt auch jeder, wenn er in den eigenen Kalender schaut. „Natürlich sind sportliche Großereignisse wie die EM oder Olympia ein Booster für den Bierkonsum“, erklärt Geschäftsführer Dieter Moser auf Anfrage. Der Top-Partner des Österreichischen Fußball-Bunds brachte zur Euro etwa eine Sonderedition von Goldbräu sowie des Stiegl-Hell in auffälligem Design heraus. Zwar gehören Fußball und Bier für die Salzburger generell zusammen, aber das Resümee fällt gemischt aus: „Mit dem Ergebnis während der EM sind wir prinzipiell zufrieden, wir hätten uns aber noch höhere Absätze, speziell in der Gastronomie, erwartet.“
Zweischneidig sah man das auch bei Zwettler. Inhaber und Geschäftsführer Karl Schwarz freute sich über den positiven Absatz beim Bierabsatz, sagt aber auch: „Zu große Hitze lässt den Bierabsatz zurückgehen – die Konsumenten greifen dann eher zu Wasser, Mineralwasser und alkoholfreien Getränken.“ Für Reinhard Grießler, Geschäftsführer von Egger, passen Fußball und Bier zwar auch gut zusammen, es gab auch ein Umsatzplus: „Wir freuen uns über guten Bierabsatz – vor allem der Juli lief sehr gut.“ Aber aus der Erfahrung der letzten Groß-events zeigt sich auch, dass sich im Jahresvergleich der Pro-Kopf-Verbrauch von Bier de facto nicht verändert.
Auch vonseiten der Brau Union gibt es eine ähnliche Einschätzung. Man müsse sich eingestehen, dass für „überschäumenden Bierdurst der Sommer in Österreich bisher fast zu heiß war“. Bei solchen heißen Tagen wurde die ideale Bier-Trink-Temperatur überschritten, und die Österreicher greifen mehr zu alkoholfreien Bieren und Biermischgetränken.
Ohne Promille!
Die Brau Union rechnet auf Basis des Bierkulturberichts vor, dass das im Trend liegt: 2023 gaben schon 27% an, alkoholfreies Bier sehr gern oder eher gern zu trinken – 2017 waren es 17%. „Den allgemeinen Trend zu leichteren bzw. alkoholfreien Bieren und Getränken beobachten wir bereits seit Längerem“, weiß auch Stiegls Geschäftsführer zu berichten. Alkoholfreies Bier und alkoholfreie Radler sind jene Sorten, die 2023 im sonst rückläufigen Markt leicht wachsen, führt Stiegl an. Das Freibier wachse zweistellig.
„Alkoholfreies Bier gilt als großer Zukunftsmarkt, hat längst das Image abgelegt, kein echtes Bier zu sein. Diesem Thema werden sich die Zwettler Brauer in den kommenden Jahren intensiv – mit angepassten Rezepturen oder neuen Produkten – widmen“, berichtet Schwarz aus Zwettl. Diesen allgemeinen Trend registriert auch Egger, man bietet auch etwas, was es nicht so oft gibt: das alkoholfreier Zisch, ein naturtrübes Zwickl-Bier.
Auch bei Bier bio und regional
Es gibt aber noch weitere Trends, die auf den Biermarkt gewissermaßen überschwappen. Etwa Bio-Qualität, wie sie Gösser mit dem „Biostoff“ in zertifizierter Qualität auf den Markt gebracht hat. Auch Regionalität sei wichtig, wie wiederum Schwarz ausführt: „Konsumenten greifen auch immer bewusster zu Produkten von unabhängigen und regional agierenden Privatbrauereien. Sie wissen um die Leistungen dieser Privatbrauereien und setzen mit jedem Kaufakt im Handel und jeder Bestellung im Gasthaus ein aktives Zeichen.“
Er sieht die „bewusste Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln“ als einen wichtigen Erfolgsfaktor für sein Unternehmen an. Ebenso die seit vielen Jahren bestehenden Kooperationen mit der regionalen Landwirtschaft betreffend die zum Bierbrauen essenziellen Zutaten Braugerste und Hopfen. Für ihn ist der Trend zu lokalen Produkten aus Familienbetrieben „gekommen, um zu bleiben.“ Einfach sei das alles aber nicht immer, wie man andernorts vernimmt. „Wir freuen uns, mit Egger Märzen zur Biervielfalt des Landes beitragen zu können“, so Reinhard Grießler. Dennoch sieht er auch Herausforderungen: „Gerade mittelständische Unternehmen – wie wir es im Getränkeumfeld sind – brauchen Durchhaltevermögen, um sich am Markt behaupten zu können.“
Auf in den Bierherbst!
Was ist nun nach dem heißen Sommer zu erwarten? Die Brau Union hofft auf stabiles Spätsommerwetter, das die Menschen dazu anhält, ein Glas Bier zu trinken. Glas, das heißt Gastro und darauf hofft man auch bei Stiegl. „Der Herbst ist vor allem immer auch eine Jahreszeit der kulinarischen Genüsse. So stehen hier beim ‚Salzburger Bauernherbst‘ nicht nur regionales Brauchtum, sondern auch heimische Köstlichkeiten im Mittelpunkt“, so Moser.
Sobald die Temperaturen sommerlich, aber nicht mehr „glutheiß“ sind, sei Bier ein gefragter Durstlöscher, meint Schwarz. Gerade im Spätsommer gebe es viele regionale Feste, was wiederum einer regional verankerten Brauerei zugutekommt, etwa dem „ernte.dank.festival“ am Wiener Heldenplatz im September.
Bei Egger beschreibt man es so: „Gerade der Herbst wartet mit einer Vielzahl an Veranstaltungen rund um Bier auf, ergo gehen wir von – um in der Fußball-Sprache zu bleiben – einer Verlängerung der bis dato gut laufenden Saison aus.“
Berger vom Brauereiverband hofft abschließend auf eine der wichtigsten Sachen: eine gute Hopfenernte. Denn es sind die Rohstoffe, die das Bier zum Bier machen – letztlich ist es egal, ob es ein Vollbier, eines mit weniger oder ganz ohne Alkohol ist.