KÖLN. Im deutschen Lebensmittelhandel dauert der Preisstreit zwischen Händlern und Markenherstellern an. "Es gibt nach wie vor extrem viele Preiserhöhungen", sagte Rewe-Einkaufschef Hans-Jürgen Moog bei der Präsentation der Jahresbilanz der Rewe-Gruppe.
Zum Teil sei die Höhe der Preisforderungen für den Händler unverständlich. Allerdings würden die Konflikte nicht mehr ganz so erbittert ausgetragen wie noch vor einigen Monaten, so dass es nicht mehr so schnell zu Lücken in den Regalen komme.
Rewe-Chef Lionel Souque rechnet damit, dass die Preissteigerungen in den Supermärkten in den kommenden Monaten nicht mehr ganz so hoch ausfallen wie im vergangenen Jahr. Bei einigen Rohstoffen wie Sonnenblumenöl oder Weizen seien die Preise bereits wieder deutlich gesunken, bei anderen wie Zucker oder Reis bewegten sie sich weiter auf hohem Niveau. Zuweilen werde es wegen länger laufender Verträge ein bisschen dauern, bis die gesunkenen Großhandelspreise bei den Kunden ankämen.
Im vergangenen Jahr steigerte der deutsche Handelsriese seinen Umsatz um 10,4 Prozent auf fast 85 Mrd. Euro. Ein Großteil des Wachstums sei auf die Inflation zurückzuführen, sagte Souque. Außerdem habe der Konzern davon profitiert, dass sich das Touristikgeschäft nach den dramatischen Einbußen während der Pandemie wieder erholt habe.
Die Umsätze der Reisesparte, zu der Marken wie Dertour, ITS, Kuoni und Jahn-Reisen gehören, waren 2022 mit 5,7 Mrd. Euro mehr als doppelt so hoch wie im Coronajahr 2021 und erreichten damit wieder das Vorpandemieniveau. Nach einem Verlust von rund 400 Mio. Euro 2020 und 200 Mio. Euro 2021 schrieb die Touristiksparte im vergangenen Jahr wieder eine "rote Null" und soll heuer wieder in die Gewinnzone zurückkehren.
Die Entwicklung im Lebensmittelhandel waren aus Sicht des Unternehmens nicht ganz so erfreulich. In Deutschland etwa stiegen die Umsätze in dem Bereich um 6,8 Prozent auf 37,8 Mrd. Euro. Damit fiel das Wachstum geringer als die Preissteigerung aus.
Auch der Gewinn war rückläufig. Der Jahresüberschuss des Rewe-Konzerns - also ohne die in den Zahlen der Rewe-Gruppe berücksichtigten selbstständigen Rewe-Händler und ohne Beteiligungsunternehmen - lag mit 503,5 Mio. Euro um ein Drittel unter dem Vorjahresniveau.
Ein Grund sei, dass der Konzern die Kostensteigerungen bei Energie, Rohstoffen, Personal und Logistik nicht voll an seine Kunden weitergegeben habe, betonte Souque. "Wir haben unsere Kunden 2022 nicht ohne Schirm im Inflationsregen stehengelassen."
Allein in Deutschland habe das Unternehmen einen dreistelligen Millionenbetrag investiert, um die Preissprünge in Grenzen zu halten. Die Preissteigerungen in den Rewe-Regalen seien 2022 mit 7,3 Prozent deutlich unter der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Inflation bei Nahrungsmitteln von 13,4 Prozent gelegen. Souque betonte allerdings auch, dass ein derartiges Abfedern inflationsbedingter Entwicklungen für Rewe nur vorübergehend zu leisten sei. (APA)