WIEN. Die neuerliche Verlängerung der Bauzeit - „bei allem Verständnis für die technischen Herausforderungen im Tiefbau“, wie die Bezirksvorsteher von Neubau und Josefstadt betonen - um zwei Jahre, das heißt aus heutiger Sicht noch sechs lange Jahre, erfordere eine Stützung der vom U-Bahn-Bau stark in Mitleidenschaft gezogenen, ehemals blühenden Viertel, mit nachhaltigen Fördermaßnahmen für den lokalen Handel und eine klare Perspektive für die Anwohner. Bezirksvorsteher Markus Reiter: „Seit 2018 - mit Beginn der Vorarbeiten und Umlegung der Einbauten - ist dieses Infrastruktur-Projekt für eines der wichtigsten Wohn-, Geschäfts- und Tourismusviertel des 7. Bezirks, dem Siebensternviertel, wie eine Operation am offenen Herzen. Vieles ist in den vergangenen Jahren durch gemeinsame Kraftanstrengungen von Bezirk, Stadt und Wiener Linien gelungen: Zum Beispiel die dauerhafte Verlegung des 13A in die Neubaugasse mit deren Neugestaltung bis zur Burggasse oder die Neuaufstellung der U-Bahn-Förderung für Wirtschaftsbetriebe. Mit der Mitteilung, dass mit einer Fertigstellung der U2 erst 2030 zu rechnen ist, wird das Gebiet dann in Summe statt ursprünglich acht Jahren, über zwölf Jahre von massiven Bauarbeiten und Einschränkungen im öffentlichen Raum belastet.“
Auch die umgestaltete Neubaugasse sollte durch die U-Bahn entlastet werden, was wieder auf Jahre hinausgezögert wird - so wird die Neubaugasse weiterhin eine Überbelastung durch die hohe Frequenz des 13A erfahren. „Umso wichtiger ist es jetzt, dass die Stadt Wien ihre Blockadehaltung bei wichtigen Infrastrukturvorhaben aufgibt - so muss z. B. die bereits 2020 zugesagte Umsetzung der Neubaugasse Nord kommen, auch die Umstellung der Linie 13A auf E-Busse muss dringend beschleunigt werden“, so Reiter. Es geht hier um circa 15.000 Bewohner und rund 20.000 Arbeitsplätze, die von Schmutz und Lärm sowie weiteren Einschränkungen unmittelbar betroffen sind. So sehr der 7. Bezirk den U-Bahn-Bau auch als wichtiges Klimaschutzprojekt zum Gelingen der Mobilitätswende unterstützt, bedarf es nun zusätzlicher Anstrengungen, damit dieser einzigartige Mix aus Wohn- und Geschäftsstraßenviertel inmitten eines lebendigen, weltoffenen, innerstädtischen Bezirks, gleich angrenzend an die wichtigste und größte Einkaufsstraße Wiens, der Mariahilfer Straße, nicht nachhaltig geschädigt wird.
Diesbezüglich sei auch der noch immer nicht im Detail genannte Zeitpunkt der Wiedereröffnung der U2-Stammstrecke ein alarmierendes Zeichen. Die untere Mariahilfer Straße ist seit dem Beginn des Umbaus schlecht versorgt. „Die langjährige Forderung des 7. Bezirks nach Einführung des ehemaligen 2A-Citybusses blieb bis dato negativ beantwortet. Eine gute Möglichkeit, den Bezirk an die U2 anzubinden, wäre etwa auch durch die Weiterverführung des 48A stadteinwärts vom Dr.-Karl-Renner-Ring in Richtung Schottentor. Jetzt braucht es durchdachte, begleitende Maßnahmen, die nachhaltig unterstützen, damit es nachher keine Komplikationen gibt“, so Reiter.
„Auch für den 8. Bezirk bringt die noch nicht erfolgte Wiedereröffnung der U2-Station Rathaus, aber auch die Baustelle am Alser Kreuz massive Belastungen mit sich“, so Bezirksvorsteher Martin Fabisch. Denn dadurch ist der Bezirksabschnitt hinter dem Rathaus bereits seit Jahresbeginn 2021 infrastrukturell unterversorgt, der vom Bezirk mehrfach geforderte Ersatzbus zwischen Schottentor und Karlsplatz wurde nie eingesetzt. Die den Bezirk querenden öffentlichen Verkehrsmittel, allen voran die Straßenbahnlinie 2, sind in weiterer Folge überlastet. „Seit längerem weise ich auf die viel zu langen Wartezeiten des überfüllten 2ers, mitunter auch eine Folgeerscheinung der U-Bahn-Baustelle, hin. Es bedarf einer in den Hauptverkehrszeiten zusätzlich kurzgeführter Straßenbahn, analog der Streckenführung der ehemaligen J-Linie“, so Fabisch. Diese könnte in Spitzenzeiten Milderung schaffen. Nicht nur die Bewohner des Achten, auch die zahlreichen Geschäfte, die seit geraumer Zeit wegen Umsatzeinbußen klagen, sind davon betroffen.
Auch die Straßenbahnlinien 43 und 44 sind bis zum Herbst aufgrund der U-Bahn-Baustelle Frankplatz eingestellt. „Auch, wenn ich die neue temporäre Ausweichstreckenführung des 33ers nachvollziehen kann, muss ich darauf hinweisen, dass die Versorgung des Bezirks inzwischen an allen Ecken spürbar kritisch ist“, sagt Fabisch. Mit der Alser Straße und der Josefstädter Straße seien zwei der drei Einkaufsstraßen des Bezirks nicht mehr in gewohnter Weise zu erleben. „Darüber hinaus kommt es durch Instandhaltungsmaßnahmen der Fahrbahn immer wieder zu Kurzführungen des 13A. Es gibt somit in der Josefstadt keine öffentliche Anbindung, auf die man sich aktuell gesichert verlassen kann“, so Fabisch, der auch darauf verweist, diesbezügliche Probleme an Stadtrat Hanke und an die Geschäftsführerin der Wiener Linien, Alexandra Reinagl, schriftlich Anfang Juni adressiert zu haben.