Wer braucht schon so viel Grünzeug?
RETAIL 15.01.2016

Wer braucht schon so viel Grünzeug?

Regionalität hat mit Frische nix am Hut.

Die Finstere Brille••• Von Christian Novacek


REGIONALE LÄHMUNG. Regional ist brutal. Ich bin dafür, das Zauberwort zu entzaubern. Sicherlich ist es verdammt praktisch, wenn ich das Ei vom Bauern vis a vis auch im fünf Kilometer entfernten Verbrauchermarkt kaufen kann – aber ist nicht irgendwie doch ein Ei wie das andere? Wie gelebt und geatmet kann letztlich Regionalität im Supermarkt werden? Wenn ich mir die liebenswürdigen Produkte der kleinen Spirituosen- und Marmeladenmixer anschau, seh ich erstens mal wenig Frische und stattdessen viel ewig Haltbares (Öl, Marmelade, Essig, Honig, Gewürze) – womit das Regionale a priori gleich mal dem lokalen Verstauben zugeneigt ist.

Der Einkaufsschlurf geht um

Und auf der anderen Seite wird Lokalität zum Ballast – nämlich dort, wo die Klientel den Anforderungen des Sortiments nicht entspricht. Da reißt dann der lokale Einkaufsschlurf auch national gut gemeinte Produkte ordentlich mit runter. Ganz konkret bei den Ablaufdaten. Beispiel: Die Ja! Natürlich-Nüsschen kauf ich diese Woche im (recht neuen und schönen) Merkur im Wiener Arbeiterbezirk Simmering mit Ablaufdatum Februar, ein Monat zuvor erstand ich sie im Merkur in Baden (schon etwas älter und weniger modern) mit Ablaufdatum Juni. Conclusio: Das Publikum macht den Markt. Problem: Wie kann ich ein gutes Marktkonzept gegen den bösen Willen der dort einkaufenden Konsumenten aufrechterhalten?

Simmering ist sowieso ein Spezialgefilde. Wahrscheinlich könnte man hier die Obst & Gemüseabtelungen völlig auflösen – wir haben hier schon das eine oder andere Foto von bös verschimmelten Tomaten im Supermarkt gemacht – und stattdessen die Spirituosen und ­Leberkäsabteilungen ausweiten. Das wär gelebte Regionalität!

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