Wien. Die Bundesregierung will bekanntlich die Steuerreform bis 17. März politisch aushandeln. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) verlangt dafür jetzt „mehr Mut”. „Wenn Österreich den nicht aufbringt, droht das nächste Belastungspaket – die Diskussion, ob die angepeilte Steuerreform nun fünf oder sechs Milliarden bringen soll und wie wir das kurzfristig erreichen können, verstellt den Blick auf das Wesentliche”, mahnt KWT-Präsident Klaus Hübner.
Die Ausgangsposition sei schwierig: Die Staatsverschuldung ist nicht zuletzt wegen der Belastung durch die Causa Hypo auf einem Rekordniveau, die Arbeitslosigkeit so hoch wie nie – und die wirtschaftliche Entwicklung stagniert. „Im Vorfeld der politischen Verhandlungen zur Steuerreform wurden Hoffnungen in der Bevölkerung geweckt, die in dem Umfang nicht haltbar sind”, sagt Hübner. „Wir haben nicht viel Spielraum für kurzfristige Entlastungen.”
Konkrete Vorschläge
Der Staat müsse jedenfalls mit gutem Beispiel vorangehen und sein Ausgabenproblem in den Griff bekommen. So müsste es möglich sein, innerhalb von drei Jahren die Ausgabenquote um einen Prozentpunkt zu reduzieren (das sind rund 3,2 Mrd. €). „2010 bis 2013 ist es sogar gelungen, die Ausgabenquote ohne großen Einschränkungen in den öffentlichen Leistungen um rund 1,9 Prozentpunkte zu reduzieren.” Die KWT hat bereits Ende 2013 ein Steuermodell vorgestellt, die es Österreichs Unternehmen einfacher machen soll, diese Aufgabe zu erfüllen. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger (von derzeit 15 auf eine bis maximal drei), die Reduktion der Anzahl der Beitragsgruppen (von derzeit 496 auf drei), die Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage von Sozialversicherung und Lohnsteuer – insbesondere die Streichung der zahlreichen Ausnahmeregelungen – sowie die Einhebung von Lohnsteuer und Sozialversicherung durch eine Behörde bringen nach Schätzungen der KWT eine Reduktion der Erhebungskosten auf Staats- und Unternehmensebene um ein Drittel. Insgesamt müsse die Steuerlast auf zumindest 40% des BIP reduziert werden; Österreich liegt hier derzeit mit 43,4% im europäischen Spitzenfeld, der EU-Schnitt bei knapp 41%. „Deutschland, dessen Wirtschaft in vielen Punkten mit der österreichischen vergleichbar ist, hat einen ausgeglichenen Haushalt bei einer Abgabenquote von 38,0% – und das muss unsere Benchmark sein.” Weiters sollten die Vorschläge des Rechnungshofs zur Erhöhung der Effizienz und zur Qualitätsverbesserung in der Verwaltung konsequent umgesetzt werden. Ein Ausgabenwettbewerb zwischen den Bundesländern, bei dem sich die Länder in den Verwal-tungskosten pro Einwohner messen, könne weitere Einsparungen bringen. Hübner: „Die Positionspapiere der Regierungsparteien ent-halten viele Posten, die sehr hypo-thetisch sind – etwa was die Selbst-finanzierung oder die zusätzlichen Einnahmen aus der Bekämpfung von Steuerbetrug betrifft.”
Keine Neuverschuldung
Leitgedanke für jede Reform muss deren Nachhaltigkeit sein – vermögensbezogene Steuern folgen nach Ansicht der KWT nicht diesem Gedanken, da sie die Wirtschaft am Standort Österreich nicht stimulieren. Gerade bei kleineren Unternehmen ist eine Aufteilung zwischen Betriebs- und Privatvermögen sehr schwierig. „Eine exakte Bewertung des Vermögens ist nahezu unmöglich und würde zu weiteren Ungerechtigkeiten sowie zur Ausnutzung von Schlupflöchern führen.” Am ehesten wäre für Hübner noch eine Anhebung der Grundsteuer denkbar. Der Hebel für nachhaltige Reformen müsse anderswo angesetzt werden und nicht bei neuen Steuern oder gar einer Neuverschuldung.Generell fürchtet die KWT, dass jetzt zwar viele gute Vorschläge am Tisch liegen, diese aber im politischen Prozess verwässert werden und am Ende der erwartete große Wurf nicht gelingt. „Wenn wir weiter die Versäumnisse der Vergangenheit mitschleppen, oft nur aus klientelpolitischen Überlegungen heraus agieren und die wesentlichen Probleme vor uns herschieben, werden wir den Anschluss verpassen”, warnt Hübner.(pj)