Wien. Am Tag der Mediation (18.6.) fand im Café Museum eine von Rechtsanwältin Katharina Braun organisierte Pressekonferenz statt.
Zu Beginn wurde ein Beitrag von „Schauplatz Gericht” vom 9.4.2015 gezeigt, in dem Richter Leopold Popps Anregung einer Mediation zur Beendigung eines jahrelangen Nachbarschaftsstreits führte. Popp berichtete über die Vorteile einer Mediation im Vergleich zu einem Gerichtsprozess.
Extremsituationen
Grundsätzlich hat sich Öster-reich bei der Mediation für die Freiwilligkeit entschieden. Ausnahmen davon gibt es nur in ein paar wenigen Rechtsbereichen. So muss in Österreich bei einer einvernehmlichen Scheidung seit Februar 2013 verpflichtend eine Elternberatung gemäß § 95 Absatz 1a AußStrG durchgeführt werden.
Auch kann im Pflegschaftsver- fahren vom Gericht eine Erziehungsberatung aufgetragen werden, wobei Martina Leibovici-Mühlberger darauf hinwies, dass Erziehungsberatung immer beiden Eltern aufgetragen werden sollte und nicht nur einem Elternteil: „Eine Trennungssituation ist eine Extremsituation, welche die Eltern oft überfordert. Diese bedürfen bei der Konfliktbewältigung einer Unterstützung.”
Doris Täubel-Weinreich konnte in der Gerichtspraxis feststellen, dass seit der Einführung der Familiengerichtshilfe Folgeprozesse weniger werden; wenn einmal eine Einigung erzielt werden konnte, gehen die Parteien danach häufig weniger oft zu Gericht.
Gerichtsübergreifend
Susanna Kleindienst-Passweg berichtete, dass es nun an ein paar Gerichten den Versuch einer gerichtlichen Streitbeilegung gibt.
Hierbei stellen sich die Richter ehrenamtlich zur Verfügung, einen Streitfall über eine Mediation einer Klärung zuzuführen. Verhandlungsrichter und Richter der gerichtlichen Streitbeilegung sind nicht ident. Dieses Modell der gerichtlichen Streitbeilegung wird etwa in Slowenien, Litauen, Großbritannien, Norwegen und Deutschland angeboten. In Deutschland gibt es auch das Modell einer ge- richtsübergreifenden Mediation, bei dem Gerichte zusammenarbeiten und Verfahren eines Gerichts von Mediatoren an anderen Gerich- ten mediiert werden, um sicherzustellen, dass Richter und Mediator nicht personenident sind.
Cl-Collaborative Law
Rechtsanwältin und Mediatorin Eva Wexberg (Generalsekretärin der AVM – Anwaltliche Vereinigung für Mediation und kooperatives Verhandeln) meinte, dass manchen Parteien ein lediglich neutral allparteilich agierender Vermittler zu wenig sei – diese würden sich an ihrer Seite einen parteilichen Berater wünschen.
Hier würde sich das „Cl-Collaborative Law”-Modell anbieten. Die AVM bietet hierzu für Rechtsanwälte eine Ausbildung an – Näheres unter www.avm-mediation.at bzw. www.collabroativelaw.eu
Die Geschäftsführerin des Wiener Familienbunds, Christine Laimer, informierte über den Ablauf begleiteter Kontakte in Kontaktcafes mit Sozialarbeitern.
Rund 250 Familien werden derzeit so betreut. Der Nachteil: Eine Stunde kostet 48 €. Bis dato ist das größte Anwendungsgebiet der Mediation im Familienrecht angesiedelt. Es ist Aufgabe der Mediatoren, mit den Eltern eine Lösung zu finden, die es ermöglicht, dass dem Kind das Recht auf beide Elternteile gewahrt wird.
Jährlich werden in Österreich zwischen 500 und 2.000 Mediationen durchgeführt. Die Statistik:
• Alter der Frau: durchschnittlich 38 Jahre
• Alter des Mannes: durchschnittlich 41 Jahre
• Durchschnittlich 2 Kinder
• Durchschnittliche Dauer der Ehe/Lebensgemeinschaft: 10 Jahre.
Die europäischen Länder mit der höchsten Mediationsrate (mehr als 10.000 Mediationsverfahren jährlich) sind Deutschland, Italien, Niederlande und Großbritannien.
Fakt ist jedoch auch, dass laut einer EU-Studie derzeit europaweit – trotz aller Vorteile, die eine Mediation mit sich bringen kann (vor allem Zeit- und Kostenersparnis) – nur etwa 1% aller Zivilrechtsstreitigkeiten über Mediation gelöst werden. (pj)