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Redaktion 18.09.2020

Auslandspleitewelle bedroht die Wirtschaft

Massive Insolvenzen in österreichischen Exportmärkten gefährden die Erholung der heimischen Betriebe.

••• Von Reinhard Krémer

Die Krise beutelt den Globus heftig, und auch die Exportwirtschaft bleibt davon nicht verschont. Die Corona-Wirtschaftskrise dürfte in zahlreichen Ländern zu mehr Firmenpleiten führen als die Große Rezession infolge der Weltfinanzkrise vor 13 Jahren. Diese Prognose geht aus der eben veröffentlichten Insolvenz­prognose des weltweit zweitgrößten Kreditversicherers Atradius hervor.

Unsicherheiten dominieren

„Die weitere Entwicklung des Zahlungsrisikos im internationalen Handel hängt davon ab, wie die Pandemie in den kommenden Wochen verläuft, welche Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen und wie lange Rettungspakete in Kraft sind”, sagt Franz Maier, Generaldirektor Österreich, Ungarn und Südosteuropa von Atradius.

Volle Breitseite gegen Spanien

Besondere Vorsicht ist laut Atradius derzeit bei Abnehmern in Ländern geboten, in denen lange und restriktive Corona-Schutzmaßnahmen gelten, wodurch die Produktion und der Verkauf von Waren und Dienstleistungen stark eingeschränkt ist.

Zudem trifft die Krise jene Länder besonders hart, deren Wirtschaft stark vom Tourismus und von Dienstleistungen abhängt – also von Sektoren, die durch die Corona-Pandemie nahezu zum Erliegen gekommen sind.

Ausfallsrisiko explodiert

Vergleicht man das Insolvenzniveau der Jahre 2008 und 2009 mit dem in 2020 und 2021 prognostizierten Level, zeigt sich, dass bei Geschäften mit spanischen Firmen infolge der Corona-Pandemie ein mehr als doppelt so hohes Zahlungsausfallrisiko besteht wie zur Hochphase der Finanz- und Wirtschaftskrise vor mehr als zwölf Jahren.

Ein Grund hierfür ist der hohe Anteil der Tourismusbranche an der spanischen Wirtschaftsleistung. Unternehmen, die von den in- und ausländischen Besuchern abhängen, erleiden unmittelbar gravierende Umsatzeinbrüche, sobald Reisebeschränkungen in Kraft treten; schnell entstehen dann Liquiditätsengpässe.

Rettungspakete laufen aus

Auch in der Schweiz und in Frankreich, dem dritt- beziehungsweise viertgrößten Außenhandelspartner Österreichs, dürften die Insolvenzzahlen bis Ende 2021 höher sein als zum Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Ursache hierfür ist die zeitweise Aufhebung der Insolvenzmeldepflicht. Aus Sicht von Atradius ist es sehr wahrscheinlich, dass die Firmenpleiten in den Ländern im kommenden Jahr stark ansteigen, sobald die Sonderregeln aufgehoben werden.

Belgien, Türkei unter Druck

Dass auch in Belgien die Insolvenzzahlen in diesem und im kommenden Jahr höher sein dürften als 2008 und 2009, ist unter anderem mit dem verhältnismäßig starken Konjunkturrückgang zu erklären, ebenso der starke Anstieg der Firmenpleiten in den Niederlanden (Ende 2021: +39% gegenüber 2019).

Bei der Türkei (2020: +41% Insolvenzen gegenüber 2019) kommt erschwerend hinzu, dass die fiskalpolitischen Maßnahmen den Firmen des Landes nur unzureichend zusätzliche Liquidität verschaffen.

Brexit-Stress und Corona

Besonders delikat ist die Situation in Großbritannien, wo sich Trump-Kumpel Premier Boris Johnson eben wieder etwas einfallen hat lassen, um das Klima mit der EU weiter zu verschlechtern.

Der voraussichtliche Anstieg des Zahlungsrisikos im Vereinigten Königreich (2021: +25% gegenüber 2019) wird außer vom Konjunkturrückgang durch Corona nämlich auch von den weiter anhaltenden Brexit-Unsicherheiten getrieben.
Immer noch nicht konnten sich die britische Regierung und die Europäische Union auf ein Ausstiegsabkommen einigen. Sollte es dabei bleiben, gelten für Geschäfte Großbritanniens mit den Mitgliedsstaaten der EU ab 2021 die Regeln der Welthandelsorganisation.

Chaos überm Großen Teich

Auch in den USA dürfte die Wirtschaftsleistung infolge der Corona-Pandemie nach Expertenschätzung erheblich zurückgehen – wenn auch nicht ganz so stark wie in vielen südeuropäischen Ländern.

Dennoch wird in den Vereinigten Staaten in diesem Jahr die Zahl der Firmenpleiten beträchtlich ansteigen (+39% gegenüber 2019). Ein Grund hierfür ist, dass das Lohn- und Gehaltssicherungsprogramm der US-Regierung (PPP, Paycheck Protection Program) einen geringeren Effekt hat als viele Hilfsmaßnahmen für Unternehmen in EU-Staaten.

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