WIEN. Die US-Großbanken haben im ersten Halbjahr dank eines starken Verbrauchergeschäfts erneut sehr gut verdient. Die nach Bilanzsumme zehn größten US-Kreditinstitute konnten ihren Gesamtgewinn um knapp 0,6% auf umgerechnet fast 70 Mrd. € erhöhen.
Europas zehn Top-Banken verzeichneten hingegen insgesamt einen Gewinnrückgang: Ihr kumuliertes Konzernergebnis sank um knapp sechs Prozent auf gut 26 Mrd. €, wie eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY zeigt.
US-Banken weit voraus
Während in den USA immerhin sieben Institute ein Konzernergebnis von mehr als 4 Mrd. € vorweisen konnten, gelang dies in Europa nur zwei Instituten: der britischen HSBC und der französischen BNP Paribas. Das bestverdienende Institut unter den 20 analysierten Banken war die US-Großbank JPMorgan Chase, deren Konzernergebnis bei 16,6 Mrd. € lag.
Auch beim Börsenwert entwickeln sich die Banken dies- und jenseits des Atlantiks auseinander: Der Börsenwert der Top-10-Banken Europas ging zwischen Jahresbeginn und Anfang September 2019 um sieben Prozent zurück – auf 436 Mrd. €. Die Marktkapitalisierung der größten US-Banken stieg hingegen um 12% auf umgerechnet rund 1,2 Billionen €. Sie waren damit zum Stichtag 1. September mehr als doppelt so viel wert wie Europas Top-Banken.
Im Tal der Tränen
Feierlaune komme bei den US-Banken derzeit dennoch nicht auf, denn das zweite Halbjahr dürfte deutlich herausfordernder zu werden als das erste, erwartet Armin Schmitt, Leiter des Bereichs Financial Services Advisory: „In den USA zeigt die Zinskurve nach unten, was auch die Erträge aus dem derzeit noch boomenden Retailbanking bremsen wird.”
Die erwartete weitere Lockerung der Geldpolitik in Europa dürfte allerdings auch den europäischen Banken das Leben schwerer machen: „Auf beiden Seiten des Atlantiks werden die Gewinne im Retailbanking unter Druck geraten, was den Handlungsbedarf gerade bei den weniger profitablen europäischen Banken weiter erhöht.”
Schmitt rechnet mit Konsequenzen für die Beschäftigung und die Zahl der Filialen. (rk)