WIEN. „Kann man mit Ländern Geschäfte machen, die sich im Krieg befinden? Und wie kann man das Geschäftsrisiko transparenter und kalkulierbarer gestalten?”, fragte medianet-Herausgeber Chris Radda Dagmar Koch, Geschäftsführerin des Finanzspezialdienstleisters Coface Austria Kreditversicherung Service GmbH.
Enorme Unsicherheiten
Die Entwicklung ist dynamisch. So wurde dieser Tage das Kreditrating Russlands auf die zweitschlechteste Bonität mit D herabgestuft, während zeitgleich Dänemark mit dem besten Rating A1 in die Spitzengruppe der Länder mit geringstem politischen Risiko aufstieg.
„Wir haben enorme Unsicherheiten, was einerseits die Sanktionen betrifft, betreffend auch das Swift-System, das die Banken betrifft, und andererseits praktische Unsicherheiten, wie jeden Tag neu staatliche Maßnahmen, die den Abfluss des Rubels verhindern sollen. Das stellt Unternehmen vor große Herausforderungen”, sagt Dagmar Koch.
Starke Infrastruktur
In Österreich – das sich ja gern auch als einer der Exportweltmeister präsentiert, so die gelernte Bankmanagerin Dagmar Koch –, „sei eine starke Infrastruktur an Organisationen und Unternehmen entstanden, die den internationalen Handel für Österreichs Exporteure begleiten und fördern wie etwa WKÖ, Ministerien, Kontrollbank, Kreditversicherer und Factoringinstitute”.
Österreich liefert zwar auch nach Russland und in die Ukraine, ist aber beim Export sehr diversifiziert. So haben Coface-Kunden ein Exposure von 0,1 bis neun Prozent in diese beiden Länder. „Es gibt also keine spezifische Abhängigkeit von österreichischen Unternehmen in diese Region”, sagt die Coface-Geschäftsführerin.
Probleme für Exporteure sind aktuell nicht nur der Transport von Waren, sondern auch der kritische Kapitaltransfer aus Russland heraus.
Kritisch für Lieferanten
Anders und aus Kochs Sicht kritischer ist die Situation aber auf der Lieferantenseite: „Bei Öl und Gas gibt es eine enorme Abhängigkeit Europas. Achtzig Prozent der österreichischen Gas-Verwendungen werden aus Russland gesourced … Das kann man so kurzfristig und schnell nicht kompensieren.”
Die Rohstoffabhängigkeit wie bei Kupfer, Palladium, Nickel, Aluminium und auch Stahl wird längerfristig zu einem Problem werden, ist Dagmar Koch überzeugt. Diese Entwicklung, gepaart mit hohen Energiepreisen, die wohl hoch bleiben werden, wird längerfristig zu einem Problem werden. „Ich höre von Unternehmen, dass sie die hohen Preise nicht an die Kunden weitergeben können. Hier wird es zu Problemen kommen, und die sehe ich auch nicht kurzfristig verschwinden”, meint die Coface-Geschäftsführerin. (red)
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