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Michael Fembek 13.05.2016

Wenn Unternehmen Stiftungen gründen

Gemeinnützige Stiftungen sind im Kommen – einige Unternehmen kombinieren sie zum „Shared Value” für sich und die Gesellschaft.

••• Von Michael Fembek

Mitte 2015 rief die Rewe International-Gruppe eine gemeinnützige Privatstiftung ins Leben: „Blühendes Österreich”. Zweck der Stiftung ist, insgesamt 1.000 Hektar von Naturflächen in Österreich zu schützen. Grundbesitzer bekommen eine Prämie, damit sie bestehende ökologisch wertvolle Flächen weiterhin behutsam bewirtschaften oder noch verbessern. Finanziert wird dies über die Kunden der Rewe: Pro verkauftem Produkt der Regionalmarke „Da komm' ich her!” von Billa, Merkur und Adeg sowie der grünen Eigenmarke „bi good” von Bipa fließt ein Cent in die Stiftung.

„Blühendes Österreich” ist damit ein interessantes Beispiel, wie Unternehmen über gemeinnützige Stiftungen ihre gesellschaftlichen Anliegen unterstützen, ohne einfach „zu spenden” und auf die eigenen Interessen zu vergessen (was in einem gewinnorientierten Unternehmen immer Gefahr läuft, einmal wieder „abgestellt” zu werden): Das Instrument der gemeinnützigen Stiftung ermöglicht es, selbstständig und langfristig zu agieren, und die Verknüpfung mit den Anliegen von Rewe International ist durch Kapitalfluss und die Besetzung des Vorstands gewährleistet. Finanziert werden die Projekte überdies durch die Kunden, Unternehmen und Stiftungen tragen den Rahmen und die Administration bei.

Die Lyoness-Stiftungen

Gleich mit zwei Stiftungen verfolgt die Einkaufsgemeinschaft Lyoness ähnliche Modelle, die ebenfalls von der Einkaufsgemeinschaft mit kleinen Anteilen an jedem Einkauf finanziert werden, und das gleich mit zwei Stiftungen:
• Die Lyoness Child and Family Foundation unterstützt verschiedenste Bildungsinitiativen für benachteiligte Menschen und gründet beispielsweise Schulen in Ländern, in denen Lyoness mittlerweile auch aktiv ist, wie beispielsweise Nigeria, Brasilien, Südafrika Honduras oder Philippinen.
• Die Lyoness Greenfinity Foundation investiert in innovative Klimaschutzprojekte und fördert die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien.

Beide Stiftungen haben bereits beachtliche Aktivitäten entwickelt, wobei bevorzugt auch die personellen Kapazitäten von Lyoness-Partnerorganisationen herangezogen werden, um Projekte zu finden und zu begleiten.

„Philanthropie Österreich”

Einen etwas anderen Querpass spielt seit 2014 die Capital Bank (aus der Grazer Wechselseitigen Gruppe) zu einer gemeinnützigen Privatstiftung. Sie hat Philanthropie Österreich ins Leben gerufen, eine „Service-Stiftung”, die für ihre Kunden das gemeinnützige Agieren stark erleichtert. Kunden (und natürlich auch alle anderen) können zustiften und die Stiftung dann die Arbeit erledigen lassen, sowohl inhaltlich als auch steuerlich und rechtlich. „Philathropie Österreich”, mit Grawe-Grandseigneur Franz Harnoncourt-Unverzagt an der Vorstandsspitze erledigt alle ­Arbeit genau nach den Vorgaben des Zustifters.

Die Capital Bank verbindet mit dieser Stiftung also gesellschaftlichen Nutzen mit dem Service für ihre vermögenden Privatkunden.

Stiftungen als Eigentümer

Dass Stiftungen die Eigentümer von Unternehmen sind, ist in Österreich durchaus üblich. Sehr selten sind diese Stiftungen allerdings gemeinnützig tätig. Der Sparkassen-Sektor bildet hier die große Ausnahme. Die Erste österreichische Spar-Casse Privatstiftung ist – nach italienischen Vorbildern im dortigen Sparkassensektor – eine Holding für die Erste Group. Die Erste Stiftung (die nicht rechtlich, aber in ihrer faktischen Tätigkeit ausschließlich gemeinnützig ist) hält etwas mehr als zehn Prozent der Erste Group und verwendet ihre Dividendeneinnahmen, um Sozial- und Kulturprojekte in den ost- und südosteuropäischen Ländern zu finanzieren, in denen die Bankengruppe aktiv ist. (Heuer dürften die Budgets also wieder wachsen, weil die Erste Bank ja wieder Dividenden bezahlt!)

Auch sehr viele der regionalen Sparkassen haben gemeinnützig tätige Stiftungen als Eigentümer-Holding (wie die Tiroler Sparkasse oder die Kärntner Sparkasse) und auch sie vergeben ihre Mittel, die aus den Bankerträgnissen stammen, dem Stiftungszweck entsprechend für Projekte aus ihrer Region.

Internationale Stiftungen

In anderen Staaten wie Deutschland, Italien, der Schweiz, den Niederlanden oder Großbritannien gibt es viel mehr und viel kapitalkräfigere gemeinnützige Stiftungen als in Östrerreich, und viele davon arbeiten über Grenzen hinweg.

Die Projekte einiger internationaler, unternehmensnaher Stiftungen „strahlen” dabei auch nach Österreich.
Der Innovationspreis beispielsweise, den die Bank Austria jährlich verleiht, stammt aus den Mitteln der Unicredit Foundation aus Italien, die sich dem Thema der Sozialinnovationen verschrieben hat, und in allen ihren Tochterbanken im Ausland Sozialprojekte unterstützt.
Und die Benckiser-Stiftung Zukunft (hinter der nicht nur das gleichnamige Unternehmen steht, sondern die Familie Reimann, die auch bei Kaffee und Parfums zu den Weltmarktführern zählt) hat in Österreich den ersten Social Impact Bond initiiert, gemeinsam mit österreichischen Stiftungen und dem Sozialministerium: Stiftungen nehmen das Risiko von interessanten Sozialinnovationen, erhalten aber bei Erfolg das eingesetzte Kapital von der öffentlichen Hand zurück. In diesem „Erstling” für Österreich geht es um gewaltbetroffene Frauen in Oberösterreich.

Branchen-Stiftungen

Eine Stiftung, hinter der sich etliche Vertreter ihrer Zunft versammeln, ist schon seit 1996 die Architekturstiftung. Sie wurde als gemeinsame Plattform von Architekturhäusern der Bundesländer, der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (ÖGFA) und der Zentralvereinigung der Architekten gegründet. Die gemeinsame Aufgabe ist Lobbying für qualitätvolle zeitgenössische Architektur.

Dr. Michael Fembek ist Programm-Manager der Essl Foundation, Mit-Initiator der „Sinnstifter” und Vorstandsmitglied im Verband für Gemeinnütziges Stiften.

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