••• Von Ina Karin Schriebl
Neben dem neuen iPhone 7 präsentierte Apple Konzern-Chef Tim Cook dieser Tage auch die neue Generation der Apple Watch. Und dabei zeigt sich: Apple baut sich nicht nur ein neues Standbein mit Fitness- und Gesundheitsprodukten. Hintergrund ist, dass der Erfolgsbringer der vergangenen Jahre, das iPhone, inzwischen nicht mehr so gut läuft: Im zurückliegenden Quartal verkaufte Apple 15% weniger als im Vorjahreszeitraum.
Zwar hält sich Apple bei den Verkaufszahlen der Apple Watch nach wie vor bedeckt, doch Experten gehen davon aus: Es läuft. Dabei scheinen die Verkaufszahlen selbst gar nicht mehr so wichtig. Spannend sind die Vernetzungen und die Einsatzbereiche. Nicht erst seit heute entwickelt sich nämlich das Thema Gesundheit und IT zum Milliardengeschäft, bei dem Apple mitmischen will. Apple möchte die Smartwatch zunehmend als Gesundheitstool platzieren, nachdem bei der „Series 1” noch der Modeaspekt betont wurde. Dazu kooperiert Apple unter anderem mit dem Sportartikelriesen Nike. Letzterer bringt aktuell drei Sondermodelle der Apple Watch heraus, die mit einer Trainings- und Motivierungs-App ausgeliefert werden. Bei der Apple Watch selbst hat Apple nachgebessert. Die neue Version „Series 2” kann beim Schwimmen getragen werden. Außerdem baut Apple in seine Smartwatch nun einen GPS-Empfänger ein; davon profitieren vor allem Sportler, die zum Joggen oder Wandern nicht mehr ihr iPhone mitnehmen wollen. Sie erhalten trotzdem später eine genaue Aufzeichnung der gelaufenen Strecke. Neue Fitness- und Gesundheits-Funktionen beinhalten etwa die Breathe App, die entwickelt wurde, um Nutzer dazu zu ermutigen, sich während des Tages einen Moment Zeit zu nehmen, um Atemübungen zur Entspannung und Stressreduktion einzulegen. Die Aktivitäts-App wiederum beinhaltet die Möglichkeit zum Teilen, Vergleichen und Wetteifern, um Freunde und Familie zu motivieren.
Werbekampagne
„Wir sind begeistert, wie die Apple Watch das Leben der Menschen verändert. Wir haben uns der Fitness und Gesundheit verschrieben und glauben, dass unsere Kunden die neuen Funktionen lieben werden”, sagt Jeff Williams, Chief Operating Officer von Apple. Man wolle Kunden dabei helfen, ein gesundes Leben zu führen. Es ist deshalb wohl auch kein Zufall, dass der Start von Apples neuester Werbekampagne zum Thema Gesundheit in der gleichen Nacht begann, in der die Apple Watch „Series 2” vorgestellt wurde. Vier Clips beschäftigen sich mit je einem Aspekt, der für Gesundheit sorgen kann: Ernährung, Sport, Achtsamkeit und Schlaf. Das fünfte Video bringt all diese Aspekte zusammen unwng zu einem gesünderen Lebensstil mit jedem Schritt einfacher wird.
Apple hat sich dafür auch Experten im Bereich Bio-Sensorik eingekauft, um neue Funktionen, etwa die Bestimmung des Blutzuckerspiegels, zu entwickeln. Die verlachten kabellosen Ohrhörer können künftig weit mehr und ergeben so plötzlich einen tieferen Sinn: Sie sind mit optischer Pulsmessung ausgestattet und geben während des Laufens Fitness-Tipps.
Hilfe für Spitäler
Tatsächlich hat Apple beim Weg in Richtung Gesundheit nur den Consumer-Bereich im Fokus, sondern auch Gesundheitsdiensteanbieter. So zeigte der IT-Riese kürzlich mit dem Kauf des 2013 gegründeten Unternehmens Gliimpse, dass man sich auf im Gesundheitssektor langfristig engagieren möchte. Der Dienst ermöglicht, Informationen zur eigenen Gesundheit – Labore, Krankenhäuser, Hausarzt, aber auch Details zu Rezepten – in einer Übersicht zusammenzufassen und so für den Fall der Fälle alle Details parat zu haben. Die so erstellte persönliche Gesundheitsakte soll auf Knopfdruck neuen Ärzten zur Verfügung gestellt werden.
Parallel dazu setzt Apple auf Software-Plattformen wie HealthKit, ResearchKit und CareKit, die sowohl die Überwachung der eigenen Gesundheit ermöglichen sollen, als auch Ärzte und Forscher dazu befähigen, größere Studien auf breiter Basis durchzuführen. In den USA nutzen bereits immer mehr Spitäler Health-Apps zur Fernüberwachung der Patienten.
Neues Gadget als Wurf?
All diese Entwicklungen könnten im kommenden Jahr in einem völlig neuen Produkt münden. Beobachter aus der IT-Branche berichten, dass Apple an einem Gadget arbeitet, das zahlreiche Gesundheitsdaten des Trägers automatisch erfassen soll. Dabei handelt es sich nicht um eine weitere Version der Apple Watch. Das neue Gesundheitsgerät soll einen Wirbelwind in der Technikindustrie entfachen, heißt es. „Wir haben uns in die Gesundheitsarena begeben. Wir haben uns den Wellness-Bereich näher angeschaut, was uns dazu führte, uns näher mit der Forschung zu beschäftigen, was uns dann wiederum zur Patientenversorgung und anderen Dingen führte”, erklärte Tim Cook. Derzeit würden die meisten Lösungen, egal ob es sich um Geräte oder Produkte der Pharmaindustrie handelt, nur angeboten, um Rückerstattungen der Krankenkassen zu bekommen – „und nicht, weil es dem Patienten hilft”. Wenn man die Rückerstattung durch die Krankenkassen außer Acht lasse, könnte man etwas schaffen, das selbst den Smartphone-Markt winzig aussehen lassen würde, ist er überzeugt.
Partner an Bord
Und Apple holt sich dazu auch weitere Partner an Bord: Der IT-Dienstleister IBM vertieft seine Partnerschaft mit Apple etwa bei der Nutzung von Gesundheitsinformationen; dazu wurde eine eigene Firma ins Leben gerufen, die Informationen rund um das Wohlbefinden auf Millionen von Apple-Geräten auswertet und diese Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich anbietet.
Apple ist mit seinen Plänen nicht allein – auch die Pharmaindustrie nimmt den IT-Sektor ins Visier und arbeitet an neuen Möglichkeiten. Der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline gründet etwa ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem Partner aus der Google-Familie. Die neue Firma Galvani Bioelectronics solle auf dem Feld der Bioelektronik tätig sein. Ziel sind Fortschritte in der Bioelektronik – in diesem Medizinbereich wird versucht, mithilfe sehr kleiner Implantate elektronische Signale durch den Körper zu senden. GSK erklärte, mit der Technologie könnten womöglich eines Tages chronische Krankheiten wie Arthritis, Diabetes und Asthma behandelt werden.
Googles Software DeepMind wiederum, die als erstes Programm einen Menschen im Strategiespiel Go schlagen konnte, soll jetzt bei der Erkennung von Augenkrankheiten helfen. Die britische Moorfields-Augenklinik wird der Maschine rund eine Mio. Augenscans anonymisiert zur Verfügung stellen. Die Software soll in ihnen nach Anzeichen für Krankheiten suchen.