HEALTH ECONOMY
© APA/AFP/Hector Retamal

Redaktion 31.01.2020

Coronavirus bringt Wirtschaft unter Druck

Wächst sich das Coronavirus zu einer Pandemie aus, könnte das auch für Betriebe und Volkswirtschaften zur Herausforderung werden.

••• Von Martin Rümmele

Internationale und österreichische Gesundheitsbehörden versuchen derzeit, in Sachen Coronavirus zu beruhigen. Das offenbar in China entstandene und auf den Menschen übergesprungene Virus soll möglichst eingedämmt werden, bevor es sich weltweit verbreitet. Im Innenministerium in Wien hat zu Wochenbeginn der Einsatzstab zum Coronavirus getagt. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte, dass das Coronavirus zwar in Europa angekommen ist, dass dies aber – auch im Hinblick auf Medienberichte – „kein Grund für Panik ist”.

Österreich sieht Anschober vielmehr gut gerüstet; man könne „nicht besser vorbereitet sein”. Man sei außerdem „sehr gut eingebettet in die europäischen Gesundheitsbehörden”. Es gebe laufende Abstimmungen, Information und Kommunikation, betonte Anschober.
In China selbst werden derzeit Millionenstädte unter Quarantäne gestellt und Verkehrsverbindungen gekappt. Das genaue Ausbreitungsausmaß der Erkrankung ist unklar.

Österreich gut vorbereitet

Gesundheitsexperten verweisen allerdings darauf, dass sich Österreich derzeit mehr Sorgen machen sollte über die aktuell herrschende „normale” Grippewelle. Die aktuelle Grippewelle mit Zehntausenden Fällen von Grippe oder grippeähnlichen Erkrankungen und einer gleichzeitig dramatisch geringen Impfquote von unter zehn Prozent zeige eindringlich den Bedarf einer umfassenden Erhöhung der Impfquote, sagt Anschober. Jährlich sterben in Österreich hochgerechnet im langjährigen Durchschnitt 1.500 Menschen an den Folgen der Grippe.

Tatsächlich haben sowohl eine Grippewelle als auch das Coronavirus Auswirkungen auf die Wirtschaft. Nicht zuletzt deshalb sieht der heimische Pandemieplan auch die Einbindung von Unternehmen vor. Die Analyse durch das Institut für Pharmaökonomische Forschung (IPF) umfasste im Vorjahr die Auswirkungen der Influenza: Jedes Jahr erkrankten in Österreich demnach rund 720.000 Personen an der Virus-Grippe, rund 76.900 Betroffene erleiden Komplikationen. „Das bedeutet, dass dem Gesundheitswesen 41 Mio. Euro an Kosten entstehen und die Wirtschaft 496 Mio. Euro durch Krankenstände verliert”, hieß es in der Untersuchung.

Vorsorge in Betrieben

Bereits 2004 und 2009 wurden deshalb Pläne für Pandemien und Epidemien entwickelt. Abgesehen von Eingriffen in Schlüsselbranchen wie Verkehr, Energie und Telekommunikation gilt es auch für Betriebe, selbst vorzusorgen. Für Unternehmen beinhalten die ersten Schritte zur Vorsorge die Benennung eines internen Krisenteams, die Analyse der Unternehmensstruktur und in der Folge die Erstellung eines Pandemieplans. Dieser inkludiert etwa die Frage, welche Mitarbeiter vor Ort für den laufenden Betrieb nötig sind und wie diese geschützt werden können – etwa mit Impfungen und der Bevorratung von antiviralen Medikamenten. Zu klären ist zudem, welche Beschäftigten ihrer Arbeit quasi isoliert von zu Hause aus nachgehen können. Insgesamt sollen Beschäftigte aber angehalten werden, nicht mit Krankheitssymptomen in den Betrieb zu kommen, um andere Mitarbeiter nicht anzustecken.

Besorgte Analysen 

Damit sind Unternehmen allerdings noch nicht geschützt von Herausforderungen, die sie von außen betreffen. Zum Teil sind diese jetzt auch infolge der Sorge um das Coronavirus sichtbar. Das Virus könnte nach Einschätzung der US-Investmentbank JPMorgan etwa „deutliche Abwärtsrisiken” für die weitere konjunkturelle Entwicklung zur Folge haben, wenn es sich ausbreitet. Noch sei es zwar zu früh, um mögliche Auswirkungen auf die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zu erkennen. Sollte sich die neue Krankheit ähnlich gravierend entwickeln wie die SARS-Pandemie 2003, dann könnte dies „in den kommenden ein bis zwei Quartalen” verschiedene Bereiche der chinesischen Wirtschaft belasten.

Deutschland spürt Druck

„Chinas Wirtschaft erholt sich gerade von dem unruhigen Jahr 2019”, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Nachrichten von der Ausbreitung des Coronavirus kommen dabei zur Unzeit.” Die in der Volksrepublik tätigen deutschen Unternehmen befürchten, dass es zu weniger Geschäftsreisen komme, was den Handel indirekt treffen würde. Die Volksrepublik ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands; Chinas Wirtschaft wuchs 2019 wegen der Handelskonflikte so langsam wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr.

Die Lufthansa bekommt wie ihre österreichische Tochter AUA die Verunsicherung von Reisenden bereits zu spüren: „Wir verzeichnen derzeit eine leicht zurückhaltende Buchungslage für Flüge von und nach China”, sagte ein Lufthansa-Sprecher am Montag. Die AUA-Mutter Lufthansa bietet Passagieren wegen des Coronavirus eine kostenlose Umbuchung von Flügen von und nach China an. Dies war eine Anordnung der chinesischen Regierung, bestätigte ein AUA-Sprecher.

Folgen für Tourismus

Das Coronavirus hält nicht zuletzt deshalb die heimische Tourismusbranche in Atem. Auch wenn Reiseveranstalter und Co. noch keine direkten Auswirkungen spüren, gibt es regelmäßige Krisenbesprechungen. In Wien rechnen die Touristiker mit einem „Knick” bei Reisenden aus China. Das Verkehrsbüro, Österreichs größter Tourismuskonzern, verzeichnet schon die ersten vereinzelten Stornierungen von Gruppenreisen aus China, nachdem die dortigen Behörden derartige Reisen untersagt haben. In den 25 Verkehrsbüro-Hotels in Österreich, die üblicherweise viele China-Reisegruppen beherbergen, bedeute das entsprechende Ausfälle, heißt es aus dem Unternehmen.

Die Ausbreitung des Virus in China hat auch den Ölpreis weiter nach unten gedrückt. Ein Barrel (159 l) der Nordseesorte Brent kostete Montagfrüh 59,35 USD (53,78 €). Das waren 1,34 USD weniger als zum Wochenschluss. Der Preis für amerikanisches Rohöl der Sorte WTI fiel um 1,27 USD auf 52,92 USD. Die Ölpreise setzten damit ihre Talfahrt der vergangenen Woche fort. Eine weitere Ausbreitung des Coronavirus könnte laut Ökonomen gravierende wirtschaftliche Auswirkungen haben und die Nachfrage nach Rohöl dämpfen. OPEC-Präsident Mohammed Arkab erwartet allerdings keine größeren Auswirkungen auf den weltweiten Öl-Markt und versucht zu beruhigen; die Förderstaaten stünden bereit, auf neue Entwicklungen zu reagieren, sagt er der algerischen Nachrichtenagentur APS.

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