••• Von Katrin Pfanner und Martin Rümmele
WIEN. Das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) hat eine erste Bilanz zum Einsatz in der Coronakrise gezogen. Und dabei wurde vor allem eines deutlich: Die Organisation hat wie keine andere das Krisenmanagement gesteuert und wird letztlich nicht nur imagemäßig davon profitieren. Seit Mitte März waren jeden Tag rund 2.000 Mitarbeiter der Organisation tätig; sie nahmen bei Covid-19-Verdachtsfällen 126.120 Abstrich-Proben und führten 14.036 Infektionstransporte durch, hieß es bei einer Pressekonferenz in Wien.
„Mister Corona” vom ÖRK
Außerdem haben Mitarbeiter über die Gesundheitshotline 1450, die in Vorarlberg, Salzburg, Steiermark und Oberösterreich vom Roten Kreuz betrieben wird, 144.919 Anrufe entgegengenommen, berichtete Michael Opriesnig, ÖRK-Generalsekretär. In den Ländern wurde geholfen, Kranken- und Quarantänequartiere für Tausende Personen zu planen und aufzubauen. „Die Österreicherinnen und Österreicher können sich auf das Rote Kreuz und seine Tausenden Mitarbeiter verlassen. Das garantieren wir jetzt, in der Vergangenheit und in der Zukunft”, sagte Peter Kaiser, stellvertretender Generalsekretär des ÖRK.
Zahlreiche Experten erwarten eine zweite Infektionswelle im Herbst/Winter. Österreich sei darauf „gut vorbereitet”, sagte Bundesrettungskommandant Gerry Foitik. Für den Fall der zweiten Welle sei man dabei, strategische Reserven aufzubauen. Auch die personelle Ausstattung und die Kapazitäten im Gesundheitswesen seien gerüstet. Derzeit gebe es wöchentlich neues Wissen bezüglich SARS-CoV-2, neue Studien werden publiziert. „Mit diesem Wissen werden wir es schaffen, eine mögliche zweite Erkrankungswelle besser zu beherrschen”, sagte Foitik, nach Einschätzung von Beobachtern der heimische „Mister Corona” in Österreich.
70.000 Freiwillige
Opriesnig wurde angesichts der Machtfülle in der Krise auch nicht müde zu betonen, dass das Rote Kreuz eine Krisenorganisation mit mehr als 70.000 Freiwilligen ist. „Wir helfen auch bei Krisen, die die gesamte Gesellschaft betreffen”, sagte Opriesnig. Er verwies außerdem auf die Neutralität und Unparteilichkeit seiner Organisation. „Dass wir mit den österreichischen Behörden im humanitären Bereich zusammenarbeiten, ist sogar in einem eigenen Rot-Kreuz-Gesetz festgeschrieben”, betonte der Generalsekretär. Die zentrale Rolle des Roten Kreuzes in der logistischen Abwicklung hatte in der Vergangenheit bereits für Kritik gesorgt. Andere Organisationen kritisierten die Aufgabenfülle. In die Kritik kam zudem die Corona-App, die das Rote Kreuze mit Unterstützung der Uniqa entwickelt hat und die helfen soll, im Fall einer neuerlichen Ausbreitung des Virus möglicherweise infizierte Personen zu identifizieren.
Opriesnig verwies nicht zuletzt darauf, dass auch „viele kleine gemeinnützige Organisationen, die in der Zivilgesellschaft tätig sind, ganz massiv” betroffen sind. „Bitte vergessen Sie nicht all diese gemeinnützigen Organisationen! Wir alle werden diese Initiativen ganz intensiv brauchen, sie müssen unterstützt werden.”
Beschaffung und Belastung
Derzeit befinde sich das Rote Kreuz laut Opriesnig in einer Doppelrolle: Einerseits sei man damit beschäftigt, die Ausbreitung des Virus zu stoppen und einzudämmen, andererseits selbst von massiven Einschränkungen durch die Pandemie betroffen. So können etwa zahlreiche Kurse nicht abgehalten werden. Thema bei der Pressekonferenz war auch eine erste Bilanz zur Beschaffung von Waren und Schutzausrüstung durch das Rote Kreuz im Auftrag der Regierung. Am Flughafen Wien und im Katastrophenschutzzentrum des Roten Kreuzes in Inzersdorf sind mehr als 40 Personen tätig.