HEALTH ECONOMY
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Redaktion 20.09.2024

Die Pläne der Parteichefs fürs Gesundheitswesen

Mehr Geld, mehr Reformen: medianet hat die Spitzen der Parteien nach ihren Zukunftsplänen gefragt.

••• Von Evelyn Holley-Spiess

Der Wahlkampf geht in die Zielgerade. Die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems wird die nächste Regierung ebenso beschäftigen wie zuletzt Türkis-Grün. Denn: Österreichs Gesundheitssystem zähle im internationalen Vergleich zwar zu den besten, wie es ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer formuliert. „In den letzten 15 Jahren wurden aber viele Entwicklungen verschlafen.”

Entsprechend breit spannt sich der thematische Bogen, wenn es um den Aufholprozess geht: Mehr Kassenstellen, Einbindung der Wahlärzte in das öffentliche System und ein rasanter Ausbau bei der Digitalisierung. Das sind nur einige Schlagworte, die sich im Gesundheitskapitel des nächsten Regierungsprogramms finden könnten. Ein Dauerbrenner ist und bleibt die nachhaltige Finanzierung. Werner Kogler von den Grünen lässt dabei mit einem neuen Vorschlag aufhorchen: Er will künftig auch Einkünfte aus Kapitalerträgen verwenden, um notwendige Gesundheitsleistungen auszubauen.
Worauf sich potenzielle Koalitionsverhandler noch gefasst machen müssen? Hier der Überblick über die Gesundheits-Agenda der Spitzenkandidaten.

Karl Nehammer
Parteivorsitzender ÖVP, Bundeskanzler
„Die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems muss einer der wichtigsten Schwerpunkte im nächsten Regierungsprogramm sein. Österreichs Gesundheitssystem zählt im internationalen Vergleich zu einem der besten, aber in den letzten 15 Jahren wurden viele Entwicklungen verschlafen. Zwei Kernelemente haben für uns Vorrang: Das ist einerseits der Ausbau von verfügbaren Kassenärztinnen und Kassenärzten in Österreich – dafür sollen mehr Stellen zur Verfügung stehen – und andererseits eine schnellere und effizientere Leitung durch unser Gesundheitssystem. Für die Patienten muss es einfacher und schneller werden, zum Arzt zu kommen. Gleichzeitig brauchen wir eine Lösung für die überlasteten Spitäler. Unser Ansatz ist, dass es dort Erstversorgungsambulanzen gibt, wo man rasch und niederschwellig behandelt wird, sodass nur jene Fälle im Spital behandelt werden, die wirklich dorthin gehören.“

Andreas Babler
Parteivorsitzender SPÖ
„Österreichs Gesundheitssystem war lange Zeit ein Vorbild für andere Länder. Unabhängig vom Einkommen konnten die Menschen darauf vertrauen, als Patienten gut versorgt zu werden. Zwei schwarz-blaue Regierungen haben unser Gesundheitssystem allerdings schwer beschädigt. Wir wollen das ändern. Die drei wesentlichen Punkte aus Sicht der SPÖ sind – erstens: medizinische Termingarantie mit Rechtsanspruch. Auch Wahlärzte sollen im Bedarfsfall Kassenpatienten behandeln, um Versorgungsengpässen gegenzusteuern. Zweitens: Wir sprechen uns für eine Verdoppelung der Medizinstudienplätze und Vorreihung jener Studierenden aus, die sich für den Dienst im öffentlichen Gesundheitssystem verpflichten. Drittens: Es bedarf zusätzlicher öffentlicher Mittel, die bereits 2018 in Form einer ‚Patientenmilliarde‘ versprochen worden sind. Diese Mittel müssen tatsächlich auch dem Gesundheitssystem zugeführt werden.“

Herbert Kickl
Parteivorsitzender FPÖ
„Ein großes Problem ist und bleibt der Umgang der österreichischen Gesundheitspolitik mit dem niedergelassenen Bereich. Dieser wird durch die aktuelle schwarz-grüne Bundesregierung und durch die Sozialversicherungen, repräsentiert durch eine schwarz-rote Funktionärsschicht, bei der Vergabe von Kassenvertragsstellen, der Abgeltung der medizinischen Leistungen und bei der Ausübung des freien Berufs behindert. Dies richtet sich in letzter Konsequenz sowohl gegen die Patienten, die Mitarbeiter im Gesundheitswesen, als auch die (freiberuflichen) Ärzte und muss dringend abgestellt werden – organisatorisch, personell und finanziell. Eine Attraktivierung der Gesundheitsberufe, von den Ärzten bis zur Pflege, ist notwendig.“

Werner Kogler
Parteivorsitzender Grüne, Vizekanzler
„Für eine nachhaltige und gerechtere Finanzierung unseres Gesundheitssystems wollen wir auch Einkünfte aus Kapitalerträgen verwenden, um notwendige Gesundheitsleistungen auszubauen. Weiters müssen Ärzte durch Anreize wieder zurück ins öffentliche System geholt werden, damit sich die Versorgung mit Haus- und Fachärzten überall wieder verbessert. Deshalb setzen wir uns weiter für mehr Primärversorgungseinheiten ein, damit Patienten mehr Leistungen angeboten bekommen und es Ärzten ermöglicht wird, in interdisziplinären Teams zu arbeiten. Außerdem wollen wir die bestmögliche Behandlung von Patienten und mehr Gesundheitsvorsorge, damit Menschen gar nicht erst krank werden – mit dem Ausbau von Vorsorgeuntersuchungen und mehr kostenlosen Impfangeboten. Und natürlich ist uns eine ökologische und klimaneutrale Ausgestaltung des Gesundheitssystems wichtig.“

Beate Meinl-Reisinger
Parteivorsitzende Neos
„Das Gesundheitssystem braucht mutige Reformen, damit wir die Mängel für so viele Betroffene – von Patienten, über Ärzte bis zu den Pflegekräften – angehen können. Erstens: bundesweit einheitliche Vorsorgeprogramme mit Anreizsystem. Österreichs Bevölkerung verbringt zu viele Lebensjahre mit mehreren chronischen Krankheiten und in schlechtem Gesundheitszustand. Zweitens: Umfassende Präventionsprogramme und die Gesundheitskompetenz stärken. Drittens: Digitalisierung forcieren und ELGA ausbauen. Viele Berichte über Belastung und Überlastung im Gesundheitssystem hängen mit mangelnden Informationen über den Gesundheitszustand von Patienten und überhöhten bürokratischen Aufwand für die Mitarbeiter zusammen. Durch eine bessere und natürlich sichere Datennutzung kann dieser Aufwand reduziert werden. Hier muss das Ausbautempo in Österreich erhöht werden.“

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