••• Von Martin Rümmele
WIEN. Vor der weltweiten Corona-Pandemie standen viele Patienten dem Arztbesuch per Videochat oder der Datenübermittlung an Versorger eher kritisch gegenüber. Durch den täglichen Umgang mit digitalen Dienstleistungen und Produkten ändert sich diese Ausgangslage. Damit nimmt der digitale Gesundheitsmarkt weiter an Fahrt auf. Das zeigt eine neue Studie des Beratungsriesen Roland Berger, für die rund 500 Experten weltweit befragt wurden.
Fusionen und Übernahmen
Für Europa erwarten die Experten Corona-bedingt einen Boom: Der digitale Gesundheitsmarkt in Europa soll bis 2025 auf 232 Mrd. € wachsen, ein Plus von fast 50%; für Deutschland liegt die Prognose bei 57 Mrd €. Die Experten gehen davon aus, dass die Pandemie den Digitalisierungsprozess der Branche insgesamt um rund zwei Jahre beschleunigt. „Die Ergebnisse unserer Befragung übertreffen die des Vorjahres deutlich”, stellt Karsten Neumann, Partner bei Roland Berger und einer der Autoren, fest. „Wir erwarten eine entsprechend hohe Dynamik im Markt, die in den kommenden Jahren auch Fusionen und Übernahmen nach sich ziehen wird.”
Das durch die Pandemie beschleunigte Wachstum trifft auf einen stark fragmentierten Markt: Einerseits versuchen sich große Technologieunternehmen mit riesigen Datenmengen zu positionieren, andererseits bringen kleinere Anbieter Applikationen und spezielle Lösungen für bestimmte Krankheiten auf den Markt. 2019 waren sich noch 61% der Experten sicher, dass die großen Tech-Konzerne bis 2025 ein integraler Bestandteil des Gesundheitssystems sein werden; die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen jedoch: Lediglich 10% der Patienten mit Vorerkrankungen würden sich an diese Unternehmen wenden.
„Damit steigen die Chancen für Unternehmen und Plattformanbieter aus dem Gesundheitswesen, die als Schnittstelle virtuelle und reale Dienstleistungen kombinieren”, sagt Neumann. An diese neuen Plattformmodelle sollten sich auch ambulante Dienstleistungsanbieter anpassen – ansonsten laufen sie mittelfristig Gefahr, marginalisiert oder aus dem Markt gedrängt zu werden.