HEALTH ECONOMY
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Seltene Erkrankungen wecken zunehmend das Interesse der Pharmaindustrie, neue Therapien zu entwickeln.

Martin Rümmele 22.03.2019

Interesse wächst

Schwerpunkt Seltene Erkrankungen – Teil 4 Gentechnik sorgt in der Pharmabranche für einen Boom: neue Therapien.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. So wenige Patienten auch von einer der rund 7.000 seltenen Erkrankungen betroffen sind, sie wecken zunehmend der Interesse der Industrie. Das liegt auch an den neuen Forschungsmethoden der Branche, die es ermöglichen, entsprechende Therapien zu finden. 30% der neu zugelassenen Medikamente erfolgen für seltene Erkrankungen. Die Wahrnehmung seltener Erkrankungen innerhalb der Medizin habe sich deutlich verbessert, sagen Experten.

Blockbuster gehen verloren

Die Gründe liegen auf der Hand: Pharmaunternehmen mussten im vergangenen Jahrzehnt eine strategische Kehrtwende vornehmen, weil Patente für viele Umsatzbringer, zum Beispiel zur Behandlung von Bluthochdruck und Erkrankungen der Herzkranzgefäße, ausgelaufen waren; sie haben sich deshalb auf lukrative Marktsegmente konzentriert. Das waren vor allem Krebserkrankungen. Die meisten Therapien dazu sind Gentherapien und Immuntherapien. Genau hier treffen sich allerdings auch seltene Erkrankungen, die meist durch einen Gendefekt bestimmt sind und nicht selten das Immunsystem betreffen.

Gleichzeitig differenzieren auch die modernen und personalisierten Krebstherapien die Erkrankung und machen aus einem bisher einheitlichen Krankheitsbild je nach Genstruktur eine seltene Erkrankung, die eben auch eine spezielle Therapie – sogenannte Orphan Drugs – erfordert. Prognosen zufolge wird der weltweite Umsatz von Orphan-Arzneimitteln bis zum Jahr 2024 auf etwa 270 Mrd. € jährlich steigen, und 14 der 20 umsatzstärksten Arzneimittel werden zur Behandlung von Krebskrankheiten eingesetzt werden. Das allerdings erfordert von den behandelnden Ärzten auch zunehmende Spezialisierungen. Und die soll es künftig in entsprechenden Zentren geben, betont auch Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein.

400.000 Betroffene

Eine Krankheit wird als selten definiert, wenn maximal fünf von 10.000 Einwohnern davon betroffen sind. Bisher sind weltweit rund 6.000 bis 8.000 solche Krankheiten identifiziert. In Österreich leben rund 400.000 Menschen mit einer seltenen Erkrankung.

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