••• Von Katrin Grabner
WIEN. Vermehrt Unwetter, Dürreperioden und überdurchschnittlich viele Hitzetage – die Klimakrise wird in Österreich immer deutlicher spürbar und wirkt sich auch nachhaltig auf die Gesundheit der Menschen und die Gesundheitsversorgung aus. Im Juni noch soll die Temperatur in Teilen Österreichs an mehreren Tagen hintereinander auf über 30 Grad klettern. „Immer mehr Menschen müssen in den Sommermonaten aufgrund von Hitzeschäden stationär behandelt werden. In den vergangenen 20 Jahren waren es rund 4.000 Aufenthalte”, erklärt Andrea Schmidt, Abteilungsleiterin des Kompetenzzentrums Klima und Gesundheit der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG). Unter den Folgen eines Hitzeschlags leiden vor allem die Ältesten, aber auch die Jüngsten: „Stark betroffen ist einerseits die Gruppe der über 80-Jährigen, aber auch Kinder und Säuglinge. Das ist eine wenig beachtete Gruppe, die aufgrund ihrer körperlichen Verfasstheit besonders hitzeempfindlich ist”, mahnt Schmidt.
Klimakompetenz stärken
Seit März befasst sich das Kompetenzzentrum mit den Themen Klimaschutz, Klimawandelanpassung und Gesundheitsförderung. Ein wichtiger Punkt sei es, die Klimakompetenz des Gesundheitspersonals zu stärken. Hans-Peter Hutter, stellvertretender Leiter der Abteilung für Umweltmedizin im Zentrum für Public Health der MedUni Wien, sieht das genauso: „Ärztinnen und Ärzte sind vom Klimawandel mehrfach betroffen: Es droht etwa eine massive Überforderung des Gesundheitswesens in Hitzephasen bei gleichzeitiger Beeinträchtigung der eigenen Leistungsfähigkeit.” In diesem Zusammenhang nicht unwichtig: Pro Grad Celsius Außentemperatur steigt auch das Risiko einer postoperativen Wundinfektion um ein Prozent. Allein in Österreich sterben jährlich rund 5.000 Patienten an den Folgen von Krankenhausinfektionen, wobei postoperative Wundinfektionen zu den häufigsten zählen.
Laut dem Fortschrittsbericht des Umweltministeriums zum Thema Anpassung an den Klimawandel in Österreich gäbe es hierzulande Handlungsbedarf beim Umgang mit Hitze und Trockenheit. Das Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit setzt sich hier für „mobile Hitzeteams für ländlichere Gebiete” sowie eine „Schulung für Pflegepersonal für besonders heiße Tage” ein. Um vor allem Kinder und Säuglinge zu schützen, brauche es einerseits die Aufklärung der Eltern, aber man müsse auch „in Kindergärten und Schulen ansetzen” sowie „allgemeine Maßnahmen treffen, um sozioökonomisch schwächere Gruppen abzuholen”.
Hohe Kosten, viele Emissionen
Laut Schmidt müsse aber nicht nur bei Patienten und Gesundheitspersonal angesetzt werden, sondern auch bei der Klimaneutralität des Gesundheitssystems. Der Grund: Österreich liegt bei den Treibhausgasemissionen im Gesundheitsbereich weit über dem OECD-Durchschnitt. Insgesamt ist das Gesundheitssystem für rund sieben Prozent der nationalen CO2-Emissionen verantwortlich. Laut der ersten groß angelegten Analyse des österreichischen Fußabdrucks lag der CO2-Ausstoß des heimischen Gesundheitssystems im Jahr 2014 bei 6,8 Mio. t. Ein Drittel davon kommt von den Krankenhäusern, aber auch die Arzneimittelproduktion und dazugehörige Lieferketten spielen eine große Rolle. Die Emissionen sinken zwar von Jahr zu Jahr, dennoch gibt es aufgrund der schnell voranschreitenden Klimakrise Handlungsbedarf.
Das Gesundheitssystem klimafit zu machen, koste laut Hutter weniger als die drohenden Klima- und Gesundheitsschäden. Derzeit belaufen sich die Kosten für Klimaschäden in Österreich im Schnitt auf rund 2 Mrd. € pro Jahr – bis 2030 sollen sich die Ausgaben mehr als verdoppeln, bis 2050 könnten sie bis zu 12 Mrd. € betragen. Ziel des Kompetenzzentrums sei es nun, durch eine „Bündelung von Wissenschaft, Qualität und Praxis” das österreichische Gesundheitssystem klimaneutral und -resilient zu machen.