HEALTH ECONOMY
© Panthermedia.net/Stokkete/Yay Micro

Etwa 5.500 Spitalsärzte arbeiten nebenbei als niedergelassene Wahlärzte. Politik und Kassen wollen das ändern.

Redaktion 30.06.2023

Streit um Nebenjobs

Was in anderen Unternehmen verpönt ist, gehört in Spitälern zum guten Ton: Nebenjobs. Die Politik will Ärzte nun bremsen.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Im Spitalsbereich dürfte der ärztliche Personalmangel auch mit einem Phänomen zusammenhängen, das in anderen Branchen und Unternehmen fast undenkbar ist: Nebenbeschäftigungen. Ausgehend vom Streik-aufruf in der Wiener Klinik Ottakring, weil ärztliches Personal fehlt, hat Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) erhoben, dass von 20 Oberärzten nur sechs in Vollzeit arbeiten und sehr viele Nebenbeschäftigungen von der ärztlichen Leitung genehmigt wurden. ÖGK-Vizeobmann Andreas Huss legt nach: Von den ca. 11.000 Wahlärzten in Österreich ist etwa die Hälfte in Krankenhäusern tätig.

Minister sieht Chance

„Es ist schon in Ordnung, wenn Krankenhaus-Ärzte ihr wichtiges Wissen und ihre Kompetenzen auch im niedergelassenen Bereich zur Verfügung stellen. Für den Großteil der Versicherten werden sie aber nicht versorgungswirksam, wenn sie die Nebenbeschäftigung in einer Wahlarztpraxis ausüben”, kritisiert Huss. Sein Vorschlag: „Es sollte Usus werden, dass Nebenbeschäftigungen in den öffentlichen Spitälern nur noch genehmigt werden, wenn die Ärzte in einer Kassenpraxis mitarbeiten möchten. Dazu gibt es in den Kassenverträgen viele Möglichkeiten – angefangen von der Jobsharingpraxis, der Gruppenpraxis, der Anstellung in einer Praxis bis zur Beteiligung in einem PVE stehen den Spitalsärzten viele Möglichkeiten offen.” Unterstützung erhält Huss von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne): Er kann der Idee, Nebenjobs von Spitalsärzten an Kassenstellen zu knüpfen, etwas abgewinnen: „Das halte ich jetzt für keinen ganz unklugen Vorschlag. Da kann man schon drüber nachdenken”, sagte er.

Und die Ärztekammer? Die tobt angesichts der Debatte: „Statt Verbesserungsvorschläge zu liefern, holt der Vizeobmann der ÖGK wieder sein Feindbild Wahlarzt aus dem Schrank und versucht, irgendwie Ärzte in sein ausgehungertes Kassenarzt-System zu zwingen”, kritisiert Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer. Man brauche ganz bestimmt keine Einschätzung seitens des ÖGK-Vizeobmanns, was für Spitalsärzte „in Ordnung” ist.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL