••• Von Evelyn Holley-Spiess
WIEN. Mehmet Özsoy, Facharzt für Urologie und Präsident des Berufsverbandes der Urologie, kommt schnell auf den Punkt: „Ausfallshonorare sind in vielen Bereichen längst üblich – bis hin zum Restaurant.”
Ähnliche Spielregeln müsste es auch für Patienten geben, die – ohne vorherige Absage – Termine einfach sausen lassen. Konkret kann sich der Mediziner gestaffelte Selbstbehalte zwischen 100 und 150 € vorstellen – je nachdem, wie umfangreich die Untersuchung und Behandlung gewesen wäre.
Viele Fächer betroffen
Das Problem mit sogenannten No-Show-Patienten ist bekannt, bislang aber nicht in den Griff zu bekommen. Anlass für den neuen Vorstoß in Richtung Selbstbehalt ist eine aktuelle Umfrage in mehreren Fachrichtungen. Die Ergebnisse: Jahr für Jahr gehen in Wien allein bei den Urologen rund 26.400 Behandlungstermine verloren, weil die Patienten nicht auftauchen.
Oder anders gesagt: Täglich verstreichen rund zehn Prozent der vereinbarten Termine – ohne vorherige Absage. In der Inneren Medizin ist die Lage ähnlich – im Durchschnitt kommt man auf sieben bis zehn Prozent No-Shows pro Tag. Bei den Dermatologen fällt der Wert mit zehn bis 15% noch höher aus.
Die Folge ist ein dreifacher (wirtschaftlicher) Schaden: Zum einen sind die Ressourcen knapp, Zeitslots nicht unendlich verfügbar. Menschen, die dringend eine Behandlung benötigen, könnten die Terminlücken nutzen. Zum anderen weichen Patienten nicht selten auf das Spital aus, wenn sie im niedergelassenen Bereich keinen Termin bekommen. Das sei die teuerste Versorgungsvariante, gibt Özsoy zu bedenken. Last but not least verursachen No-Show-Patienten wirtschaftlichen Schaden für die Ordinationen. Bei einer Magen-Darmspiegelung etwa verbringt der Patient eine knappe Stunde beim Facharzt. Zusätzlich sind Personal und Behandlungsraum zu kalkulieren. Fällt der Termin aus, bedeute das einen Verlust von 400 bis 500 €.
In einem ersten Schritt fordert die Ärzteschaft eine breite und von der Politik unterstützte öffentliche Debatte, um das Bewusstsein bei den Patienten zu schärfen.