WIEN. Er ist die bedeutendste österreichische Auszeichnung für Standardisierung und Innovation – der Living Standards Award. Gestern feierte er erstmals seinen großen Auftritt Am 4Gamechangers-Festival feierte er seinen großen Auftritt und mit ihm Smarte Gründerinnen und Gründer, Organisationen, Forschende und Start-ups, die mit Standards wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftliches Vorankommen gestalten.
Nach hybriden Award-Verleihungen während der letzten Jahre war für 2023 die Zielvorgabe klar: „Wir platzieren den Award und seine Menschen an dem einen Ort, der wie kein anderer in diesem Land für Innovation, für Zukunft und für Nachhaltigkeit steht, eben dem 4Gamechangers-Festival“, freut sich Valerie Höllinger, CEO von Austrian Standards, über die Zusammenarbeit mit dem Medien-Event-Format. Gemeinsam mit Anton Ofner, Präsident von Austrian Standards, konnte sie rund 200 Gäste vor Ort und weitere Interessierte vor den Bildschirmen im Live-Stream begrüßen. „Wir haben den Living Standards Award 2015 ins Leben gerufen, um den sich enorm beschleunigenden Erfolgsfaktor Standards sichtbar zu machen. Seit einigen Jahren zeichnet sich bei Einreichungen ein thematischer Trend in Richtung Ökologie und Digitalisierung klar ab. Das sind auch exakt jene Bereiche, die in der EU-weiten und globalen Standardisierung eine immer wichtigere Rolle spielen“, betont Höllinger.
Standards garantieren nicht nur Sicherheit und Qualität von Dienstleistungen, Produkten und Prozessen, sie schaffen für österreichische Unternehmen wesentliche Abkürzungen in internationale Märkte. Die besten Erfolgsgeschichten werden jedes Jahr beim Living Standards Award vorgestellt, hier die einzelnen Kategorien:
Future Health: Lung-Diagnostics GmbH
Neues Lungen-Funktionsmonitoring-System (Linz, Oberösterreich)
Das Linzer Start-up entwickelte ein Testsystem, das schnellere und präzisere Diagnosevorschlags-, Monitoring- und Managementlösungen zur Verbesserung der Lungengesundheit ermöglicht. Die Lösung „LuDi“ ist ein auf KI basierendes Lungentest-System. Es ist ein kleines, mobiles Gerät, welches die Atemmechanik und Atemchemie misst sowie Daten auf Klinikniveau liefert.
Der Nutzen: Mit LuDi können Lungenkrankheiten früher erkannt, erfolgreicher behandelt, täglich überwacht und Therapien personalisiert werden. Das mobile System, das die heute üblichen drei Messsysteme Spirometrie, FeNO und CO2-Messung in einem kliniktauglichen Gerät erlaubt, kann abseits des Labors und dank der Einfachheit von Patienten ohne ärztliche Hilfe genutzt werden. Neben den unzähligen Standards für Medizinprodukte und den hierbei anzuwendenden Qualitätssicherungs-Standards (z. B. ISO 13485 „Medical devices – Quality management systems“) wurden auch gerätespezifische Standards wie jene für Spirometer oder z. B. für Geräte mit Lithium-Ionen-Batterien angewendet.
Future Data: nista.io
Energiespar-Tool für Privathaushalte und Industrie (Wien)
Das Wiener Start-up hat eine Datenanalysesoftware entwickelt, die mithilfe von künstlicher Intelligenz und Sensordaten den Energieverbrauch von Betrieben analysiert und stetig optimiert. Mit einer App können auch Privathaushalte ihren Stromverbrauch tracken und Emissionen und Kosten reduzieren.
Der Nutzen: Das Energiespar-Tool gibt Einblicke in den Strom- und Energieverbrauch und schafft im Industriebereich ein Einsparungspotenzial bei Energie und Kosten von 20%. Auch Privatpersonen profitieren von der Lösung, denn die App schafft Ordnung in den Energiedaten und hilft, Zeit und Kosten zu sparen. Die Insights von nista.io können als Maßnahmen für die ISO 50001 „Energy management systems – Requirements with guidance for use“ herangezogen werden.
Future Mobility: Virtual Vehicle Research GmbH
Autonomes Fahren mit dem „Robotaxi“ (Graz, Steiermark)
Das in der Steiermark beheimatete größte europäische Forschungszentrum für virtuelle Fahrzeugentwicklung hat einen Prototypen für ein Robotaxi entwickelt, das selbstständig im städtischen Bereich fahren und Fahrgäste transportieren kann. Es gewährleistet auch einen sicheren Übergang am Schutzweg.
Der Nutzen: Autonome Fahrzeuge, die zum Beispiel in ländlichen Gegenden eine entscheidende Ergänzung zum öffentlichen Verkehr darstellen, helfen, die Anzahl der Autos auf den Straßen sowie klimaschädliche Treibhausgase zu reduzieren. Bei der Projektumsetzung wurden die offenen Standards ASAM OpenDRIVE und ASAM OpenSCENARIO berücksichtigt. Sie ermöglichen es, das Straßenbild mit Fahrspuren, Markierungen, Signalen in einem standardisierten Format und einer standardisierten Sprache zu erfassen.
Future Energy: EET – Efficient Energy Technology GmbH
Innovatives Photovoltaik- und Speichersystem für Privathaushalte (Graz, Steiermark)
Das Grazer Unternehmen hat mit „SolMate“ den ersten Stromspeicher mit leichtem Solarpanel für den Balkon zum Selbst-Anstecken an der Steckdose konzipiert und entwickelt. Der Innovationskern ist die Messtechnologie „NetDetection“, die ermöglicht, den Stromverbrauch eines Haushalts von jeder Steckdose aus zu erfassen. Dank dieser intelligenten Stromeinspeisung liefert „SolMate“ erneuerbaren Strom in den Haushalt, wenn er benötigt wird.
Der Nutzen: Das benutzerfreundliche Photovoltaiksystem inklusive Stromspeicher bietet intelligente Stromeinspeisung und Notstromversorgung. Ohne aufwendige Konstruktionen kann „SolMate“ selbst angeschlossen werden. „SolMate“ ist zertifiziert nach EN 1990 „Eurocode – Basis of structural design” sowie EN 1991 „Eurocode 1 – Actions on structures“ und berücksichtigt diverse weitere Standards, z. B. die VDE-AR-N 4105 „Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“ und die ÖVE/ÖNORM E 8001 und erfüllen damit alle sicherheitsrelevanten Aspekte.
Future Infrastructure: REEDuce – noise protection technologies
Ökologische Lärmschutzsysteme aus Schilf, Thermoholz und Lehm (Wien)
Das Wiener Start-up arbeitet an der Lärmschutzwende: Die ökologische Lärmschutzwand aus Schilf (engl.: reed), Thermoholz und Lehm vermindert Lärm an Straßen, Produktionsstätten und anderen Lärmquellen effektiv und nachhaltig.
Der Nutzen: Allein in Österreich wird jedes Jahr eine Fläche von mehr als 50 Fußballfeldern aus Lärmschutzwänden errichtet. REEDuce setzt auf lokale, erneuerbare Ressourcen, sodass mit jedem Quadratmeter Lärmschutzwand ca. 60 kg CO2 gespeichert werden. Das System ist gut für das Klima, im Sinne der Kreislaufwirtschaft aufgebaut und dient außerdem als Insektenhotel. Es fördert die Biodiversität und eine energieeffizientere Wirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Bei der Produktentwicklung wurde u. a. die ÖNORM EN 14388 „Road traffic noise reducing devices“ berücksichtigt.
Future Logistics: Knapp AG
Moderne Logistiksysteme aus Österreich als Exportschlager (Hart bei Graz, Steiermark)
Der steirische Leitbetrieb für Intralogistiklösungen und Systeme im Bereich Lagerlogistik und Lagerautomation verknüpft vollautomatische Lagersysteme mit Robotik und Künstlicher Intelligenz. Mit dem Low Complexity Warehouse und anderen Lösungen ist das Unternehmen hierzulande aber auch international erfolgreich.
Der Nutzen: Das Low Complexity Warehouse macht mit dem Technologiemix komplexe Logistikprozesse beherrschbar. Schlüssel zum Erfolg sind flexible und skalierbare Logistikkonzepte, die mit den Anforderungen wachsen. Die Zero-Defect-Philosophie ist State-of-the-Art-Technik und vereint Qualität mit Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Smarte Assistenzsysteme und intuitive Mensch-Maschine-Kommunikation bringen High-Tech ins Lager. Mehr als 500 internationale, europäische und länderspezifische Standards werden bei Knapp AG eingesetzt, u. a. die ISO 45001 „Occupational health and safety management systems“.
Partner-Kategorie IEEE Standards: WU Wien, Institute for Information Systems & Society
Neuer Standard für Technologieethik (Wien)
Das Institut für Wirtschaftsinformatik & Gesellschaft ist Teil des WU-Departments für Wirtschaftsinformatik und Operations Management. Das Forschungsziel besteht darin, die Sozialverträglichkeit und Nachhaltigkeit von neuen Technologien zu verbessern. Innovationen werden im digitalen Bereich schnell auf den Markt gebracht – das Motto: Move fast and break things. Ethische Verantwortung und gesellschaftliche Auswirkungen spielen im Entwicklungsprozess bisher eine untergeordnete Rolle.
Der Nutzen: Der mitentwickelte IEEE-Standard 7000 „Standard Model Process for Addressing Ethical Concerns during System Design“ ist der erste Standard für ethisches Systemdesign zu Künstlicher Intelligenz. Mittels Value-based Engineering (VbE) können Risiken frühzeitig vorgebeugt und Wertschöpfungspotenziale von autonomen Systemen aufgezeigt werden. Zudem legt der Standard eine Reihe von Prozessen fest, mit denen Organisationen ethische Werte in die Konzeptentwicklung einbeziehen können. Der IEEE-Standard 7000 wurde in Zusammenarbeit mit der UNICEF in Afrika für den Aufbau der Yoma-Plattform (fördert afrikanische Talente) eingesetzt.
Diesjähriges Motto
„,The Power of Cooperation‘ ist nicht nur das Motto des 4Gamechangers-Festivals. Das ist die DNA der Standardisierung – und das schon seit über 100 Jahren. Das Besondere ist, dass die Standardisierung offen für alle ist und alle die gleiche Stimme haben – egal, ob großes Corporate, junges Start-up, Forschungseinrichtung oder NGO. Unsere Türen stehen immer offen für Ideen zu neuen Standards. Alle verfolgen ein Ziel: Wissen miteinander zu teilen, vorwärtszukommen, verschiedene Perspektiven zu einer Empfehlung zu bündeln und eine gemeinsame Lösung zu entwickeln“, so Höllinger abschließend.