WIEN. Die Folgen von Covid-19 stellen Arbeitnehmer wie Arbeitgeber vor enorme Herausforderungen. Und das sowohl auf sachlicher, als auch auf emotionaler Ebene. Das Schwierigste daran: Für jene, die diese Krise aktuell erleben, hat es noch nie eine vergleichbare Situation gegeben. Bei der Frage, wie die interne Kommunikation in Unternehmen zurzeit idealerweise gestaltet werden sollte, kann also auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgegriffen werden.
Dabei wäre gerade das hilfreich, geht es doch nicht nur um wirtschaftliche Umbrüche in den Unternehmen, sondern auch um eine Arbeitssituation, die von einem auf den anderen Tag auf den Kopf gestellt worden ist. Und dass nun ganze Unternehmen wochenlang ausschließlich von zu Hause arbeiten, stellt Führungskompetenzen und Kommunikationsstile auf die Probe.
Mehr Distanz
Was die Teleworking-Situation mit Beziehungen in Teams machen kann, die es gewohnt sind, zusammenzuarbeiten, erklärt Hannelore Schott-Mothwurf, Senior Coach bei Carmann Consulting: „Wenn man jemanden anruft, dann steigt die ‚Beziehungstemperatur', es wird warm zwischen den Menschen. Sobald man aber auflegt, kühlt sie wieder ab – das ist anders, als wenn man zusammen in einem Raum sitzt.” Es besteht die Gefahr einer Abnahme der zwischenmenschlichen Beziehungen mit steigender Distanz, wie sie etwa durch das Homeoffice bedingt wird.
Der Ausnahmezustand Coronakrise setzt sich jedoch über viele vermeintliche Gesetzmäßigkeiten hinweg – so auch über diese. Statt einer Schwächung der Bindung zwischen Teammitgliedern sei eher ein Zusammenrücken beobachtbar. Denn: „Es herrscht in den Unternehmen gerade eher das Mindset: ‚Corona betrifft jeden einzelnen von uns, und gemeinsam schaffen wir das'. Mitarbeiter wollen helfen, die aktuelle Situation gut zu überstehen – darauf sollte man als Führungskraft vertrauen.”
Zugewandte Kommunikation
Dennoch stellt das Homeoffice für viele eine Herausforderung dar: Für Mitarbeiter, die Probleme mit der technischen Umsetzung haben, besonders auch für jene, die zusätzlich zur regulären Arbeit auch noch ihre Kinder versorgen, beschäftigen und jetzt auch noch unterrichten müssen – allen voran Alleinerzieherinnen, die womöglich in systemrelevanten Jobs arbeiten. „Aber auch die – und die vergessen wir oft –, die alleine leben und einfach gern ins Büro gehen”, sagt Schott-Mothwurf. Für Alleinlebende könne das zu einer großen Belastung werden. Um die neue Situation zu bewältigen, bedarf es vor allem eines: eines guten Führungsstils. Das mag wenig überraschend sein, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Das Wichtigste sei im Moment, regelmäßig in Kontakt mit seinen Mitarbeitern zu bleiben und einzuschätzen, was diese brauchen. Dazu muss man Menschen recht gut kennen, aber: „Man kann seine Mitarbeiter ganz einfach fragen: Was läuft gut, was läuft nicht so gut? Gibt es etwas, das ich für dich tun kann? Oder auch: Welche Ideen hast du, um die Situation leichter zu machen?”, sagt Schott-Mothwurf. Vertrauen und zugewendete Kommunikation, lautet das Stichwort, was in diesem Fall schlichtweg bedeutet, offene Fragen zu stellen. Denn vielen Menschen fällt es schwer, aktiv um Hilfe zu bitten. „Das ist Beziehungsarbeit, die man da leisten muss. Und das ist anstrengend.”
Was vor allem in den ersten zwei Wochen der neuen Arbeitssituation fehl am Platz sei, ist Kritik an der Arbeitsleistung. Erst, wenn sich die Mitarbeiter an die neuen Gegebenheiten gewöhnt haben, sei es wieder angebracht, als Führungskraft die Performance zu steigern.
Vertrauensvorschuss geben
Wie sich die Krise auf Unternehmen und ihre Mitarbeiter langfristig auswirken wird, weiß heute kaum jemand. Doch auch wenn die Zukunft ungewiss ist, sollten Führungskräfte Sicherheit vermitteln und ihren Mitarbeitern zeigen: „Wir haben uns Gedanken gemacht und wissen zumindest, wie die nächsten zwei, drei Schritte aussehen werden.” Es kann auch helfen, Mitarbeiter in Entscheidungen mit einzubeziehen. „Mitarbeitern Verantwortung zu übergeben, ist gerade in solchen Situationen wichtig. Aber man muss sie dabei immer wissen lassen, dass es einen Plan gibt.” Es geht also, wie so oft, „um Vertrauen, Zuversicht und Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation”. (ls)