••• Von Gianna Schöneich
Programmatic Advertising steht für Automatisierung – Siamac Alexander Rahnavard und sein Team der Programmatic Marketing-Agentur Echte Liebe aus Köln stehen für Programmatic Creativity. Rahnavard wird bei der diesjährigen ProgrammatiCon sprechen und gab schon vorab im Interview einen Einblick, wie kreative Lösungen aussehen können.
medianet: Herr Rahnavard, Sie referieren bei der ProgrammatiCon über Programmatic Creativity. Erklären Sie doch bitte kurz, was man darunter versteht.
Siamac Alexander Rahnavard: Eine richtige Definition gibt es meines Erachtens gar nicht, und je mehr ich mich mit dem Thema auseinandersetze, desto weniger bin ich der Meinung, dass das sinnvoll wäre. Kreativität ist etwas Großes, etwas beinahe nicht mehr zu Definierendes und vor allem: Vollkommen Individuelles, mindestens in der individuellen Wahrnehmung. Meines Erachtens hat sich jedoch kreatives Denken inzwischen einem Stereotyp unterworfen, also wie sie zu sein hat, wie beispielsweise der typische Kreative auszusehen und zu sein hat. So wird in der Werbung oder dem Marketing eigentlich seit Jahren gar nichts Herausragendes mehr gemacht, sondern vielmehr untereinander füreinander produziert – mit freundlichem Verweis auf die Werbung, welche man eigentlich nur noch in der Fachpresse sieht, in der freien Wildbahn aber eher vergeblich sucht und welche eigentlich nicht auf tatsächliche Marketingziele des Unternehmens einzahlt. Die Ausreißer, welche es dann doch in Richtung Zielgruppe schaffen, werden dann auch gern gehyped, später in der Regel jedoch nur noch kopiert.
medianet: Bei Programmatic Advertising denkt man an die volle Automatisierung – an Kreativität hingegen gar nicht. Wie kann denn eine kreative Lösung aussehen?
Rahnavard: Programmatic Creativity oder besser gesagt ‚Data Driven Creativity' so wie wir es verstehen und umsetzen, beginnt bereits in der konzeptionellen Phase und setzt sich bis zur Exekution fort. Das ist richtig und insbesondere der Tatsache geschuldet, dass sich dem Thema aus Richtung Media angenähert wird und das auf operativer Ebene. Das spiegelt sich auch in den zahlreichen Cases wider, welche eigentlich nur noch die Realisierung abbilden. Das ist aber nur ein Aspekt. Vielmehr geht es um präzises Targeting, in welchem die Güte den Schwerpunkt darstellt. Die wiederum basiert auf einer Persona, welche hoffentlich richtig ermittelt wurde und nicht die individuelle Wunschzielgruppe einer Einzelperson darstellt. Es ist vollkommen absurd, dass ein Werbemittelset dazu genutzt werden soll, um Zielgruppen mit verschiedensten Ausprägungen zu erreichen und vor allem: zu begeistern. Das ideale Projekt stellt also die integrierte Zusammenarbeit aller Kompetenzen dar.
medianet: Was gilt es denn bei ‚personalisierten Creatives' zu beachten?
Rahnavard: Dass sie einer Logik folgen und nicht nerven. Ganz ehrlich, das tun sie aber, und zwar ganz gewaltig; wir sind ja alle auch ein Stück weit Konsumenten und erleben es tagtäglich selber. Offensichtlich scheinen einige Unternehmen im Markt noch immer Schwierigkeiten bei der Bedienung ihrer Tools zu haben und auch die Zeichen der Zeit vollkommen zu ignorieren. Dass der Endverbraucher weniger reflektiert und es als missbräuchliche Nutzung von Daten empfindet, wird nicht beachtet.
medianet: Wie würden Sie denn die Lage am Programmatic-Markt in Bezug auf personalisierte Werbung beschreiben?
Rahnavard: Personalisiert wird bereits seit einigen Jahren ausgeliefert, also ist durchaus Kompetenz vorhanden. Betrachtet man aber die Form der personalisierten Werbung im digitalen Umfeld, fehlt mir der richtige Nutzen von Daten und ganz deutlich die Kreativität in den Assets. Auch hier haben wir ja die täglichen Erlebnisse als Endverbraucher von unpassenden Empfehlungen als Mini-Cases vorliegen.
medianet: Für welche Kunden sind Sie tätig?
Rahnavard: Unser Spektrum ist breit und bedient sowohl B2C als auch B2B. Unter anderem Pernod Ricard Deutschland, Ducati, Bierbaum Proenen, Aktion Mensch.
medianet: Von 10. bis 12. Oktober findet auch heuer wieder die ProgrammatiCon statt – worauf freuen Sie sich diesbezüglich?
Rahnavard: Auf ein tolles Programm und einen guten Austausch. Man setzt sich inhaltlich mit den Trends, aber auch den Themen der ‚Vorsaison' auseinander, was so viel bedeuten soll wie: ‚Wenn die Basis nicht sitzt, wie will darauf Innovation aufbauen?'
medianet: Welche Trends sehen Sie derzeit im Feld Programmatic Advertising aufkommen und wie gehen Sie in Ihrer Agentur damit um?
Rahnavard: Künstliche Intelligenz als Trend. Unser Umgang mit Trendthemen ist eher konservativ; deshalb haben wir uns zunächst im Rahmen eines internen Workshops durch einen promovierten Experten in dem Thema zum tatsächlichen Stand von KI abholen lassen. Im Anschluss ist man schon fast wieder amüsiert, wenn man sogenannte Branchenexperten reden hört.