WIEN. Seit Frank Llloyd Wright 1906 mit dem Larkin Administration Building das erste moderne Großraum-Bürogebäude verwirklichte, hat sich viel getan.
Es gibt nur eine Konstante: der Wandel auf allen Ebenen. "Für uns als Agenturgruppe war die Zeit reif für Veränderung. Wachstum braucht Platz. Wie schaffen wir einen perfekten Arbeitsflow, der die Produktivität unterstützt? Gelingt es uns, die starre Kategorisierung in Klassik- und Digitalteams aufzubrechen?" resümiert Michael Kapfer, CEO von GGK MullenLowe. "Der Auf- und Umbruch ging Hand in Hand mit der Suche nach einem neuen Standort, der integratives Arbeiten aller Abteilungen fördert, aber gleichzeitig genügend Freiraum für individuellen Output schafft. Kreativarbeit ist Teamwork: Im neuen Office sieht man, wo die Kolleginnen und Kollegen arbeiten und tauscht sich schnell aus. Die Wege sind kurz, und am Ende treffen sich alle in der Cafeteria, die alle Kochstückerln spielt."
Ein Loftspace mit geschichtsträchtigem Hintergrund
Man wurde schnell fündig - in einem Industriegebäude in der Stolberggasse 26 im 5. Wiener Gemeindebezirk. Eine Adresse mit historischem und kosmopolitischem Background: der Geschichte der ehemaligen Textilfabrik rund um Eigentümer Bernhard Altmann. Seine Schwägerin, Maria Altmann, geborene Bloch-Bauer, wurde um die Jahrtausendwende durch den spektakulären Restitutionsfall, der Rückgabe eines Klimt-Gemäldes, weltberühmt. Altmann erwarb nach dem Ersten Weltkrieg den Liegenschaftskomplex, an dessen Entstehung einige der renommiertesten Architekten der damaligen Zeit beteiligt waren: Julius Deininger, Ferdinand Glaser, Rudolf Eisler und Ernst Epstein. Teile der ehemaligen Fabrik, das Loftspace im vierten Stock, in das nun Kapfer und Pivrnec mit ihren Teams eingezogen, nutzte auch zum Beispiel das Künstlerhaus Quartier und logierte dort während des Umbaus ihres Stammgebäude bis 2019.
Silodenken in den Köpfen aufbrechen
Arbeiten auf einer Ebene, das kannte die Agenturgruppe die letzten 15 Jahre nicht. Ein moderner Open Space mit Loftcharakter ganz im Gegensatz zur Mariahilfer Straße, wo man auf bis zu vier Ebenen verteilt war. Da waren mitunter nicht nur die Wege zu Teammeetings lange. Schon der Namensgeber des neuen Agenturstandortes, Diplomat und Dichter Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, handelte als Stürmer und Dränger im 18. Jahrhundert bereits nach Gefühl und Herz, um die eigene Individualität und Authentizität zu leben. "Unser Wunsch und vorrangiges Ziel war es, zusammenzurücken. Wir wollen altes Silodenken in den Köpfen aufbrechen, unsere Arbeitsabläufe effizienter und stringenter machen, und mit einer heimeligen Atmosphäre ein "Arbeitszuhause" schaffen, wo der gemeinsame Austausch spürbar ist: Good vibes for good work, ergänzt Dieter Pivrnec, Kreativgeschäftsführer von GGK MullenLowe. "Natürlich öffnen wir uns auch für Agilität und Innovation". Am neuen Standort ist die eigene Inhouse-Filmproduktion 55 Film, die im vergangenen Jahr aus der Taufe gehoben wurde, miteingezogen. "So können wir bereits zu Beginn jedes Kreativprozesses, Contentproduktion für Bewegtbild integrieren. Plattformideen stehen zukünftig im Mittelpunkt. Durch das Miteinander von Beginn an entsteht Dynamik mit einem aktiven Austausch, der für Kreativität so wertvoll ist. Zusätzlich sind wir flexibler und sparen Zeit in den Abläufen.", so Pivrnec.
Finde den richtigen Ort, der alle inspiriert
Und so sieht er aus: Man tritt ein, viel Raum und keine Wände, sympathische Helligkeit. Tageslicht, gepaart mit warmen Lichtlösungen, und dezenten, zeitlosen Möbeln. Mit großräumigen, freien Strukturen, die die Offenheit von Prozessen widerspiegeln und teamübergreifende Arbeitsweisen ermöglichen. Der Verzicht auf Wände entspricht dem Ansatz, Barrieren im Kopf zu lösen, um freier zu arbeiten. Die Weite des Raums ist in offene Buchten unterteilt, in denen jede und jeder auch ein wenig Ruhe findet.
Das neue Office beschleunigt den Wissenstransfer und ermöglicht schnell Teambuilding und kreative Ideen und Lösungen. Der erhöhte Geräuschpegel, der durch offene Kommunikation durchaus entsteht, kann zu Ablenkung führen. "Gemeinsam mit unserem Architekten wurden Akustik- und Gestaltungslösungen ausgearbeitet: Mit Besprechungskojen - neben der Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten - gibt es genügend Rückzugsmöglichkeit, die den Teams Raum gibt, sich ausschließlich auf ihre Arbeit zu konzentrieren", erklärt Kapfer, dem das Thema Lautstärke und die mögliche fehlende Konzentration durchaus bewusst ist.
Abgerundet wird das Architekturbild mit zwei Besprechungsräume und der Cafeteria, nur durch eine Glaswand von den Arbeitsplätzen getrennt. (red)