••• Von Helga Krémer
WIEN. Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es pro Haushalt einen Computer und einen Festnetzanschluss und mit diesen beiden zusammen keine Möglichkeit, im Internet zu surfen und zu telefonieren. Eingewählt wurde mittels Modem über das dial-up-Verfahren – manchmal war man schon beim ersten Versuch erfolgreich verbunden, meistens aber nicht. „Initialisiere Modem…”, „Initialisierung fehlgeschlagen”, „Initialisiere Modem….”. War man endlich drin – „Bin ich drin?” – ließ die Geschwindigkeit zu wünschen übrig.
Zugegeben, im Vergleich zu den heutigen Computern schaut ein Dell mit Windows 95 wahrlich alt aus. War das Gerät nicht vorinstalliert, brauchte man im besten Falle 13 Floppy Discs (das sind die quadratischen Plastikdinger, die nicht in der Sonne oder neben der Heizung liegen durften) zur Installation des Betriebssystems. Es brachte aber auch Dinge, die wir noch heute am Rechner haben und haben wollen, wie Desktop, Taskleiste, das Aufrufen von Kontextmenüs über die rechte Maustaste und Multitasking.
IKT ist überall
Zurück zur Jetztzeit. Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung, und die Herausforderungen sind groß.
Längst geht es nicht mehr nur darum, bequem durchs world-wide-web zu surfen. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) durchdringen als Metainfrastruktur alle anderen Infrastrukturbereiche (z.B. Smart Grids in der Energieversorgung oder intelligente Transportsysteme ITS).
Breitbandnetzwerke haben eine enorme volkswirtschaftliche und gesellschaftspolitische Bedeutung. Laut dem FBA-Instrastrukturreport 2016 rechnet die Europäische Kommission mit einem Wirtschaftswachstum von 1% bis 1,5% bei einer zehnprozentigen Erhöhung der Breitbanddurchdringung.
Breitband für alle und überall
Beim vierten IKT-Konvent in Wien betonte Infrastrukturminister Gerald Klug die Bedeutung leistungsfähiger digitaler Netzwerke für Österreich: Der Zugang für alle Menschen zu unserer Informationsgesellschaft ist von einer digitalen Infrastruktur genauso abhängig wie die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschafts- und Forschungsstandorts. „Der Zugang zu schnellem Breitband darf nicht nur auf Ballungsräume beschränkt sein, er muss auch in ländlichen Regionen zur Verfügung stehen”, erklärt Klug.
Bis 2020 investiert das Infrastrukturministerium eine Mrd. € in den Ausbau von flächendeckendem Breitband-Internet mit mindestens 100 Mbit pro Sekunde in Österreich. „Damit ermöglichen wir den Menschen in allen Regionen, an der Informationsgesellschaft teilzuhaben, und unsere Unternehmen – auch im ländlichen Bereich – bleiben konkurrenzfähig”, so der Minister.
Österreich ist l a n g s a m
Der RTR Telekom Monitor 1/2016 zeigt, dass in Österreich derzeit nur 51,5% der festen Breitbandanschlüsse schneller als 10 Megabit pro Sekunde sind. Zugrundelegend der Datenbasis bis inklusive September 2015, weisen von den 2,4 Mio. festen Breitbandanschlüssen im 3. Quartal 2015 rund 51,5% Bandbreiten von 10 Mbit/s und mehr auf. Niedrige Bandbreiten mit weniger als 10 Mbit/s gehen weiter zurück (minus 1,5% im Vergleich zum 2. Quartal), hohe Bandbreiten ab 10 Mbit/s und mehr nehmen kontinuierlich zu (plus 3,1%).
Im aktuellen Jahresbericht des Telekomregulators RTR (die Daten stammen aus 2014, Anm.) sind es 52,5% der festen Breitbandanschlüsse, die schneller als zehn Mbit/s sind. Dem FBA-Infrastrukturreport 2016 zufolge gäbe es in nur fünf anderen EU-Staaten langsamere Internetschlüsse als in Österreich. Außerdem würden europäische Verbraucher bei Breitbanddiensten für Downloadgeschwindigkeiten zahlen, die nicht erreicht würden, kritisiert der Report. Im Schnitt würden diese um 25% hinter den angegebenen Geschwindigkeiten zurückbleiben. Die größten Unterschiede gäbe es bei xDSL-Anschlüssen, Kabelanschlüsse wären hingegen ziemlich zuverlässig.
Herausforderung in Österreich
„Der Standort Österreich steht vor der Herausforderung, soziale und geografische Unterschiede bei IKT-Angebot und -Nutzung zu überwinden und vor allem die Investitionen in IKT-Innovation und -Forschung dauerhaft zu steigern. Nach Schätzungen den der Europäischen Investitionsbank liegt der Investitionsbedarf für den Breitbandausbau in Österreich bei rund fünf bis acht Mrd. Euro; bis zu 70 Prozent der Kosten würden dabei auf Grabungsarbeiten entfallen”, so die Autoren des FBA-Infrastrukturreports 2016, David Ungar-Klein und Maxim Podoprigora.
Kritik am Glasfaserkabel
Diese Grabungsarbeiten sind nur ein Kritikpunkt in der digitalen „Szene”. So wird vermutet, dass in Gemeinden nicht des Breitbandes wegen Glasfaserkabel „eingegraben” werden, sondern nur zu dem Zweck, dass die Bürgermeister ihren ortsansässigen Baufirmen aufwendige Grabearbeiten zukommen lassen können. (Glasfaser ist ungleich heikler in der Verlegung als Kupferkabel, Anm.). Weitere Kritik ist, dass am Endkunden „vorbeigeplant” und damit falsch investiert würde. So wären die meisten Endkunden „Luftnutzer”, würden also gar nicht am Netz stecken. Viel wichtiger wäre der LTE (4G)-Ausbau, denn LTE würden die meisten nutzen – oder eben nutzen wollen.
Auch die Kosten-Nutzen-Frage hält ein Branchenkenner, ohne sich auf genaue Zahlen festlegen zu lassen, für relevant: „Glasfaser für alle? Ich bin sofort dafür. Ist es für alle notwendig? Eher nicht” – ungeachtet dessen, ob da jetzt ein zusätzlicher Handymast die Versorgungsnot stillt oder vergrabenes Kupferkabel.