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Anna Polyuoides 06.04.2018

Personalisierte Werbung spült Geld in die Kassa

Wer auf individuelle Kundenerlebnisse setzt, steigert den Umsatz, so eine Studie der Boston Consulting Group.

••• Von Anna Polyuoides

Das Thema Personalisierung krempelt die weltweite Werbelandschaft um, die ersten Verwerfungen im bisherigen Fundament sind bereits spürbar. So entfernt sich die Branche langsam von der Massenwerbung, immer mehr Unternehmen setzen stattdessen auf superpersonalisierte Werbung.

Eine aktuelle Studie der Boston Consulting Group (BCG) zeigt die neuesten Entwicklungen: Marken, die auf personalisierte Kundenerlebnisse setzen, verzeichnen Umsatzsteigerungen von sechs bis zehn Prozent.
Besonders in den Branchen Handel, Gesundheitswesen und Finanzdienstleistungen erwarten die Experten der weltweit agierenden Unternehmensberatung einen extremen Einfluss von personalisierter Werbung: Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen in diesem Bereich die 15% vorausschauend werbenden Unternehmen rund 800 Mrd. USD mehr Umsatz generieren als jene Mitstreiter, die keine Personalisierungsstrategie verfolgen.

Vorsprung der Digital Natives

Einen nicht zu unterschätzenden Vorsprung haben laut BCG-Studie jene Unternehmen, die von Digital Natives geführt werden. Deren Geschäftsmodelle fußen auf dem Sammeln von Daten und dem Erfüllen der Kundenbedürfnisse auf Basis dieser gesammelten Daten, wodurch eine starke Kundenbindung entsteht. Dies zeigt sich insbesondere bei Entwicklungen der großen Personalisierungsplayer in den USA.

Schon bevor Netflix vom Postversand von DVDs auf das Streaming von Filmen und TV-Serien umstellte, sammelte das Unternehmen Konsumentendaten und nutzte sie, um mit seinen Kunden über ihre persönlichen Filmvorlieben zu kommunizieren. Auch die großen eCommerce-Player wie Amazon und Alibaba verwenden Userdaten, um Interaktionen maßzuschneidern und leistungsstarke Feedbackschleifen zu generieren.

Aufholjagd

Nivea beispielsweise nutzt die Plattform von Alibaba, um die Conversion Rates zu erhöhen. Je nachdem, ob ein Nutzer die Website zum ersten Mal besucht, Neukunde oder treuer Fan ist, erhält er ein anderes Bild: Erstbesuchern und Neukunden werden günstige Produkte gezeigt, um das Engagement anzuregen. Fans jedoch bekommen gebündelt hochwertige Produkte gezeigt, um den Warenkorb zu vergrößern. Seit dieser Personalisierung sind Niveas Browsing Conversion um 70% und Transaktionen um 150% gestiegen.

Langsam verringern traditionelle Marken den Abstand zu den Unternehmen der Digital Natives. So arbeitet zum Beispiel Starbucks trotz langer Unternehmensgeschichte bereits mit Personalisierungsstrategien.
Seit 2016 verschickt der auf Kaffee spezialisierte Einzelhändler personalisierte interaktive Spiele per E-Mail und App an seine Kunden, um zum Ausprobieren neuer Produkte und häufigerem Besuch der Starbucks-Shops zu motivieren. Die Ergebnisse dieser Kampagnen zeigen eine deutliche Steigerung in der Marketingeffektivität, da die Kunden einzeln erreicht und zum gesteigerten Kaufverhalten angespornt werden. Starbucks will noch einen Schritt weiter gehen: Das Unternehmen arbeitet aktuell daran, jedem einzelnen Kunden eine individuelle Erfahrung zu bieten, und das auf allen Kanälen: bei Cafébesuchen, digitalen Interaktionen und angebotenen Produkten.

Vier Schlüsselfaktoren

Personalisierung ist mehr als eine Marketing-Herausforderung. Laut Ergebnissen der BCG-Studie muss sich jedes Unternehmen, das auf personalisierte Werbestrategien umsteigt, neu definieren. Als Basis gilt der individualisierte Wert für den Kunden, physische und digitale Erfahrungen müssen vereint werden, um die Kundenbindung zu vertiefen. Die Markenindividualisierung sollte die gesamte Unternehmensstrategie bestimmen: Marketing, Geschäftstätigkeiten, Merchandising und Produktentwicklung. Individualisierung erfordert also weit mehr als datengetriebenes, konsumentenzentriertes Marketing.

Die Studie hält vier Schlüsselfaktoren für den Weg zu erfolgreicher Personalisierung fest:

Strategisches Design – Erfolgreiche Unternehmen, die personalisierte Strategien verfolgen, bedenken die gesamte Customer Journey mit. Mit diesem lösungsorientierten Ansatz, der über Daten-Insights hinausgeht, definieren sie Nutzenversprechen, die dann für jeden Einzelnen ausgeführt werden.
Datenanalyse – Um personalisiert zu werben, müssen sowohl der Zugriff auf Daten als auch die Verarbeitung dieser Daten sichergestellt sein. Daten zu sammeln allein reicht nicht: Sie müssen auch sinnvoll ausgewertet werden, damit eine erfolgreiche Werbestrategie möglich ist.
Technologie – Zusätzlich muss eine Plattform erstellt werden, die neue Technologien wie Spracherkennung und Augmented Reality unterstützt und Personalisierung auf allen Kanälen und Geräten ermöglicht.
Neue Arbeitsmethoden – Personalisierung erfordert Zusammenarbeit. Wichtig ist dabei, eine unbürokratische und effiziente Arbeitsweise sicherzustellen. Als essenziell gilt dabei die Projektleitung: Laut BCG-Studie werden die Personalisierungsprogramme von 50% der erfolgreichsten Performer von CEO und Vorstand geleitet.

Markenindividualisierung ermöglicht es Unternehmen, mit Kunden persönliche Beziehungen aufzubauen. Die großen Player zeigen bereits, wie Superpersonalisierung als Kontrapunkt zum Massenmarketing erfolgreich genutzt werden kann. Die größte Herausforderung ist die Geschwindigkeit, mit der die großen Player und Digital Natives ihren Mitstreitern davonziehen: Wer nicht zurückbleiben will, muss sich beeilen, bevor die besten Kunden mit anderen eine feste Beziehung eingehen.

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