••• Von Georg Sander
WIEN. Das Cordoba-Feeling blieb am vergangenen Montag nur kurz bestehen – das Herrenhandball-Nationalteam musste sich Deutschland beugen. Doch die Dramaturgie passte: Recht überraschend konnte sich Österreich für die Hauptrunde qualifizieren, hatte nach Matchverlusten gegen Kroatien und Spanien eben noch die Chance, dem Lieblingsfeind eine schmachvolle Niederlage zuzufügen.
Vergrößerung für Marketing
Die EM findet in Österreich, Schweden und Norwegen statt. Dass es drei Ausrichter und erstmals 24 Nationen gibt, darf als Marketing-Idee gedeutet werden. Die Vergabe 2014 fand im Lichte der Nichtteilnahme des deutschen Nationalteams statt – im Handball einer der wichtigsten Märkte; ursprünglich war die Aufstockung erst 2022 vorgesehen, aber eine EM ohne den großen Markt erschien wohl denkunmöglich. Und nachdem sich die drei nunmehrigen Ausrichter zusammengeschlossen hatten, war auch ein so großes Turnier möglich – mit den richtigen Partnern.
Offizieller TV- und Marketing-Partner ist Infront, seit 1993 Partner des Handballverbands. So konnte man beispielsweise den Lebensmittelhändler Lidl als Sponsor gewinnen; wie schon 2018, als die Handball-Euro eine kumulierte TV-Zuschauerzahl von über 1,05 Mrd. in 175 Ländern und Regionen erreichte.
In Wien und Graz war die Anwesenheit der Fans spürbar, aber auch Öffi-Fahrer konnten dank des Medienpartners Infoscreen mitfiebern. „Es gibt zwei sehr gute Gründe, warum Infoscreen ein perfekter Medienpartner für uns ist”, wird Christoph Joklik, Geschäftsführer der ÖHB Marketing- und Veranstaltungs- GmbH, in einer Aussendung zitiert: „Eine Tagesreichweite von 837.000 Zusehern (MA 2018) und Geschäftsführer Sascha Berndl, der Handball-Enthusiast ist.”
Zufriedener ORF
Um diesen Enthusiasmus auf möglichst viele Fahrgäste übertragen zu können, wurden die in Österreich stattfinden WM-Spiele auf rund 2.100 Infoscreens in Wien, Graz, Linz, Innsbruck, Klagenfurt und Eisenstadt angekündigt und es wurde ausführlich über die Sportart und das Turnier informiert.
Der ORF freut sich zudem über gute TV-Quoten. Denn die heimischen Sportfans sind zu begeistern. Das erste Vorrundenspiel gegen Tschechien zog in der zweiten Halbzeit 128.000 Menschen in seinen Bann, die zweite Halbzeit gegen Nordmazedonien sahen schon 352.000 Fans, die erste gegen Deutschland gar 368.000. ORF-Sportchef Hans Peter Trost bilanziert: „Dass Österreich derart furios ins Turnier gestartet ist, war höchstens zu hoffen, nicht aber zu erwarten. Wir haben dann flexibel reagiert und alle Spiele des Teams in ORF 1 gezeigt. Spitzen von mehr als 400.000 Zusehern sind natürlich ein schöner Erfolg und die verdiente Anerkennung für die Mannschaft.” Der Marktanteil lag bis inklusive des Duells mit dem großen Nachbarn bei elf Prozent, in der Zielgruppe bis 29 gar bei 14%, mit bis zu 23% in der ersten Halbzeit gegen Deutschland.
Der Erfolg im TV hängt auch stark mit dem der jeweiligen Nationalteams zusammen, aber der ORF macht das möglich: „Der ORF ist regelmäßig die mediale Plattform für Großevents von Sportarten jenseits des Mainstreams, vor allem jener in Österreich, wie etwa in diesen Tagen auch bei der Eiskunstlauf-EM in Graz. Nicht zuletzt anhand der Hallenhockey-WM 2018 in Deutschland, bei der Österreich bekanntlich Weltmeister wurde, wissen wir, dass, sobald Österreich erfolgreich performt, das Interesse auch in ORF 1 enorm hoch ist.”
Die Handball-Europameisterschaft findet ihren Abschluss am Wochenende in Schweden, für das heimische Nationalteam reichte es nicht. Aber: Die Österreicher lassen sich sehr gut begeistern.