WIEN. Es ist das Wort des Jahres 2022: In Politik und Gesellschaft wird die „Zeitenwende“ seit mehr als einem Jahr kontrovers diskutiert. Im Marketing ist sie schon längst
Wirklichkeit. Sinkende Reallöhne, steigende Lebenshaltungskosten – die Kaufzurückhaltung
der Menschen führt zu Marktanteilseinbußen bei den etablierten Marken. Auf der 30. Marken-Roadshow (MRS) präsentieren die Serviceplan Group und GfK Best Cases, Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen für Marken rund um das diesjährige Marken-Roadshow-Motto: „Die Zeitenwende des Marketings – Nachhaltigkeit“.
Wie Unternehmen und das Marketing sich künftig rund um Sustainability aufstellen müssen, erläutern folgende Referent: Barbara Evans und Julian Simons (beide Managing Partner Mediaplus Group), Stefanie Kuhnhen (CSO Serviceplan Group), Felix Bartels (CMO Serviceplan Group), sowie Petra Süptitz (Director Marketing & Consumer Intelligence GfK) und Harald Schuster (Head of Marketing Science Central Europe GfK). Nach ersten Stopps in München, Hamburg und Köln, machte die Markenroadshow 2023 gestern im Wiener House
of Communication halt.
Die Zeitenwende prägt Konsumverhalten und Handelsstruktur
60 Prozent der Deutschen ändern derzeit ihr Kaufverhalten. Die im GfK Konsumklima gemessene Anschaffungsneigung steht mit einem Indexwert von -17,0 auf historischem Tiefstand.
Marken und Handel geraten zunehmend unter Druck. Verlierer der Entwicklung sind die etablierten Herstellermarken. Ihr Marktanteil geht gegenüber Vorjahr um 2,6 Prozentpunkte auf
56,8 Prozent zurück. Die Handelsmarken hingegen steigen – von 40,6 auf 43,2 Prozent Marktanteil. Auch die Vertriebswege sind betroffen: Gewinner sind die Discounter.
Best Brands gewinnen mit Nachhaltigkeit
Geld oder Purpose – diese Frage stellt sich trotz schrumpfender Budgets nicht. 71 Prozent der Konsument halten den Klimawandel für ein ernstes Problem. 90 Prozent der Verbrau-
cher wollen nachhaltige Produkte kaufen. Sustainability ist im hohen Maße entscheidend für die emotionale Markenbindung und damit den Erfolg im Markt. Das belegen die Gewinner
der diesjährigen Best Brands Awards. Ob Lego, Bosch, dm Drogeriemarkt, oder Nivea: Die oberen Ränge im Ranking der 500 bedeutendsten Marken Deutschlands haben ihre Marken-
politik auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.
Für drei Viertel der CMO‘s in der DACH-Region, so eine Serviceplan-Umfrage exklusiv zur MRS, hat Nachhaltigkeitsmarketing höchste Priorität. Aber: Fast 70 Prozent der befragten CMO’s sehen hierbei noch großen Nachhol- und Beratungsbedarf in ihren Unternehmen.
Nachhaltigkeit, so das Fazit der Referent, funktioniert nur ganzheitlich. Es bedarf einer Neuorientierung in vier Dimensionen: Zielgruppen, Mediastrategie, Kommunikationsinhalte und Marketingorganisation. Die MRS zeigt Lösungsansätze anhand von Best Cases auf.
1. Best Case Jack Wolfskin: Neustrukturierung der Zielgruppen und Mediastrategie
Zwei Insights nehmen die MRS-Besucher von Jack Wolfskin mit: Auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Kommunikation erzielt generell höhere Wirkungseffekte. Und: Eine auf individuelle
Zielgruppen spezifizierte Nachhaltigkeitskommunikation steigert diese Wirkung signifikant. Die nachhaltig eingestellten Käufer der Outdoor-Marke sind nur auf den ersten Blick eine homogene Konsumentengruppe. Eine genaue Analyse zeigt gravierende Unterschiede in Einstellungen und Motivation für Nachhaltigkeit auf. Mit integrierten Markt- und markenspezifischen Daten und einem wertebasierten Ansatz (Value Planning) werden Zielgruppen trennscharf für
die Mediaplanung selektiert. Was daraus folgt, ist nicht nur die Ansprache über unterschiedliche Medien und Kanäle, sondern auch individualisierte Kampagnenmotive. Ein weiterer
Schritt: eine nachhaltige Mediaplanung. Bereits jetzt können Werbungtreibende die Emissionen ihrer Mediaplatzierung ausgleichen – Stichwort Green GRP. Künftig soll es möglich sein,
Werbeträger und Platzierungen gezielt auch nach Sustainability Kriterien zu buchen.
2. Best Case Penny: Neuausrichtung der Kommunikationsinhalte und kreativen Umsetzung Sustainability hat jedoch mehr Dimensionen als Klimaschutz, neben ökologischer sind für die Verbraucher auch ökonomische und soziale Nachhaltigkeit relevant. Der Discounter
Penny setzt seit Jahren bewusst ein Zeichen für soziale Verantwortung in der Kommunikation.
Die Weihnachtskampagnen „Der Wunsch“ und „Der Riss“ gehören zu den erfolgreichsten Werbefilmen der Jahre 2021 und 2002; mit Kampagnenreichweiten im hoch zweistelligen Millionenbereich rütteln sie die Gesellschaft auf. Die Learnings von Penny, von denen auch andere Marken profitieren:
- Nicht nur grün, sondern „sozial gut“ zu sein, zahlt sich aus.
- Kritische Themen polarisieren – und erzeugen echte, neue Markensympathie.
- Hero Content auf Hero Plattformen hinterlässt Spuren und schafft Marken-Vorsprung.
3. Best Cases BMW, Clarins und Tchibo Docks: Strukturelle Anpassung der Marketingorganisation und Agenturen
Um den Herausforderungen der Zeitenwende im Marketing zu begegnen, müssen Unternehmen ihre Marketingorganisationen neu aufstellen. Die Neuausrichtung muss in 5 Dimensionen
gedacht werden: Technologie, Daten, Prozesse, Organisation und Zusammenarbeit mit Agenturen. Ziel ist, die sich ändernden Marktverhältnisse jederzeit zu erfassen und in Echtzeit reagieren zu können: Voraussetzung hierfür: eine Konsolidierung aller Spezialdienstleistungen zu ganzheitlich und kundenspezifisch operierenden „Customized Agencies“ und „Customized Teams“ unter einem Dach und aus einer Hand. Die Best Cases Tchibo Docks, Clarins und BMW belegen messbare Ergebnisse: 15 Prozent Einsparung bei den Gemeinkosten für Agenturen, eine dreimal schnellere Transformation und ein 35-prozentiger Uplift des ROI der Marketingausgaben. Und das bei der Hälfte an Steuerungsaufwand.
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