MARKETING & MEDIA
© Klaus Titzer/Tchibo

Redaktion 14.04.2023

Tchibo-Filialmagazine für das Printland Österreich

General Manager Erik Hofstädter über die richtige Wahl der Marketing-Instrumentarien in Krisenzeiten.

••• Von Oliver Jonke und Georg Sander

Erik Hofstädter leitet die Geschicke von Tchibo Österreich seit Mai 2021 als General Manager. Mit im Gepäck hat er einen Master an der Universität Innsbruck und Berufserfahrung bei Red Bull, Coca-Cola und zuletzt der Nöm. Reichlich Know-how also, um den Kaffeeröster zu leiten. Wie es aktuell um Tchibo steht und was das Unternehmen stark macht, darüber spricht er im Interview mit medianet. Vorneweg: Tchibo bietet Besonderes, wie beispielsweise Autos. Aberder Reihe nach.


medianet:
Wie fällt Ihr Rückblick auf das letzte Jahr aus?
Erik Hofstädter: 2022 war ein Jahr, das anders als geplant war, wie bei fast allen Händlern. Wir haben mit Online, Filialen und unseren Depots im Lebensmittelhandel drei Standbeine – so können wir unterschiedliche Konsumströme gut balancieren und uns auf Veränderungen rasch einstellen. 2021 haben wir mit einem Umsatz von gut 315 Mio. Euro abgeschlossen, 2022 werden wir auf ähnlichem Niveau sein.

medianet:
Welchen Anteil haben die einzelnen Bereiche?
Hofstädter: Es ist ungefähr eine Drittelung. Wie bei vielen anderen Einzelhändlern ist auch unser Online-Angebot in der Corona-Zeit stark gewachsen. Wir konnten das Niveau gut halten, auch dank unserer sehr loyalen Kundinnen und Kunden. Es gibt in Österreich 2,3 Mio. Tchibo PrivatCards, die werden on- und offline verwendet. Wir haben als Vorreiter 2001 mit unserem Online-Shop gestartet und dadurch über 20 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet.

medianet:
Wie wird sich der E-Commerce entwickeln?
Hofstädter: Uns ist es wichtig, Niveau und Qualität zu halten, wir wollen aber auch wachsen. E-Commerce ist meiner Meinung nach dem stationären Handel sehr ähnlich. Dort, wo es gut gemacht wird, wird es Wachstum geben, und umgekehrt. Ein großes Thema bei der Qualität im Online-Handel ist die Logistik. Wer die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt stellt, ist klar im Vorteil. Deshalb arbeiten wir mit einem starken Partner zusammen – nämlich der Österreichischen Post. Der Online-Handel ist kein Selbstläufer, man muss wie im stationären Handel jeden Tag besser werden.

medianet:
Gutes Stichwort. Im stationären Handel kamen 2022 neue Konzepte dazu; wird man hier weiter ausbauen?
Hofstädter: Vergangenes Jahr haben wir unser Shop-in-Shop-Konzept bei den Lebensmittelhändlern stark ausgebaut und damit neue Impulse im bewährten Depot-Geschäft gesetzt, für dieses Jahr sind fünf weitere in Planung. Seit vielen Jahren führen wir mit dem Lebensmittelhandel eine vertrauensvolle Partnerschaft. Aktuell sind wir mit 5.000 Depots vertreten, 800 davon Non-Food führend. Das neue Konzept kommt bei unseren Partnern sehr gut an, denn sie wissen, dass sie bei Tchibo auf eine starke Marke zählen können.

medianet:
Tchibo lässt sich auch immer Neues einfallen – jüngst bekam man sogar ein Auto-Abo:
Hofstädter: Es liegt in unserer DNA, dass wir unsere Kundinnen und Kunden überraschen und inspirieren möchten. Das war in der Vergangenheit so und soll so bleiben. Wie kam es zu dem Auto-Abo beim Kaffeeröster? Die Art der Mobilität verändert sich, vor allem im urbanen Bereich. Das betrifft auch den Besitz – es ist in anderen Bereichen alltäglich geworden, Dinge nicht mehr zu besitzen, sondern für die Nutzung zu zahlen. Das ist im Autobereich auch möglich und gemeinsam mit unserem Kooperationspartner ocay sind wir in diesem Bereich First Mover. Wir haben uns beim ersten Mal auf Elektromobilität fokussiert, und das hat gut funktioniert. Im ersten Monat konnten wir über 100 Auto-Abos verkaufen, das ist für ein Nicht-Autohaus viel.

medianet:
Wird die Aktion wiederholt?
Hofstädter: Im April starten wir mit dem Mini Cooper Cabrio in den Frühling. Zusätzlich haben wir auch einen Mazda 2 als Kleinauto oder einen familienfreundlichen Kia Ceed im Angebot. Im Bereich E-Mobilität gab es 2022 den Tesla, dieses Jahr setzen wir auf den elektrischen Polestar 2 Long Range. Es gibt verschiedene Laufzeiten, sechs, zwölf oder 24 Monate. Das ist perfekt für alle, die im Sommer sechs Monate ein Cabrio haben wollen und dann im Herbst ein anderes Auto nehmen. So kann man das Auto an die eigenen Bedürfnisse anpassen, ohne wie im traditionellen Leasing lange Laufzeiten zu haben. Es gibt auch keine versteckten Kosten, weil es eine All-Inclusive-Miete ist. Die Verfügbarkeit der Autos ist permanent gegeben.

medianet:
Kommen wir zum Kernprodukt. Wie geht es dem Kaffeemarkt?
Hofstädter: Dem Markt geht es sehr gut, Kaffee ist seit vielen Jahren das Lieblingsprodukt der Österreicherinnen und Österreicher. Wir haben einen sehr hohen Pro-Kopf-Konsum, der konstant bei rund 160 Liter pro Kopf liegt. Was sich verändert, ist die Zubereitung: Filter geht zurück, Espresso und Caffè Crema wird deutlich mehr. Das geht auf die Corona-Zeit zurück, viele haben in Vollautomaten investiert. Der Kapselmarkt ist stabil – insgesamt drittelt sich der Markt. Wir bei Tchibo konnten auch 2022 die Position als Marktführer am heimischen Röstkaffeemarkt weiter festigen, und zwar in allen drei Segmenten: Einzelportionen, Espresso sowie Filterkaffee.

medianet: Welche Rolle spielt Fairtrade?
Hofstädter: Die Kaffeequalität wird permanent verbessert, und die Kundinnen und Kunden beschäftigen sich kritisch mit Genussprodukten, ihrer Produktionsweise und der Herkunft. Bei uns sind 35 Prozent des Kaffeesortiments nachhaltig angebaut. Wir peilen 50 Prozent an, dieses Ziel wollen wir bis 2025 erreichen. Der Konsument goutiert die große Auswahl an nachhaltigen Produkten.


medianet:
In vielen Branchen werden die Produkte teurer. Kaffee auch?
Hofstädter: Da muss man zwischen Rohkaffeepreis und Preis am Regal unterscheiden. Letztere haben sich in den letzten zwei Jahren etwas nach oben entwickelt, allerdings auf einem niedrigen Niveau. Heruntergebrochen auf die Tasse Kaffee, haben sich die Preise um ein bis zwei Cent im Vergleich zu den Vorjahren geändert. Wir haben insgesamt 60 verschiedene Sorten am Markt und unterstützen durch den Kauf hochwertiger Kaffees unsere Partner in den Anbauländern. Nur so können wir sicherstellen, dass wir auch in Zukunft die besten Kaffeequalitäten anbieten. Zusätzlich handelt es sich bei Kaffee um ein Naturprodukt, und die Verfügbarkeit hängt von Ernten und Niederschlag ab. Brasilien ist das größtes Kaffeeanbauland weltweit und wenn dort eine Ernte schlecht ist, beeinflusst das die Preise am Rohkaffeemarkt.

medianet:
In welcher Preiskategorie sehen Sie Tchibo/Eduscho?
Hofstädter: Das ist produktabhängig. Es geht von Eduscho ‚Melange' im Preiseinstiegs­segment bis zum Premiumprodukt Tchibo Barista. Wir wollen beste Qualität zu leistbaren Preisen bieten.

medianet:
Ein virulentes Thema ist der Personalmangel. Wie sehr sind Sie betroffen?
Hofstädter: Das betrifft uns auch. Aber wir haben im Filialbereich eine niedrige Fluktuation, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind seit mehreren Jahrzehnten im Unternehmen. Das ist ungewöhnlich, aber so kommen wir nicht in Personalnot. Um die bevorstehenden Pensionierungen auszugleichen, setzen wir beispielsweise auf eine groß angelegte Lehrlingsinitiative. Die Vielfalt an Tätigkeit ist ein wichtiger Kernpunkt, warum unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so lange bleiben. Beratung, Verkauf, Kaffeeausschank, Warenverräumung, Visual Merchandising – diese Vielfalt macht den Verkauf bei Tchibo aus, und wir sind stolz darauf.

medianet:
Es gibt ja angeblich auch Provisionen.
Hofstädter: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden wertgeschätzt, letztlich sind sie es, die unsere Umsätze erwirtschaften. Ihre Ideen, ihre Begeisterung und ihr Vertrauen sind der Grundstein für die erfolgreiche Entwicklung von Tchibo. Es ist wichtig zu verstehen, was in der Filiale jeden Tag zu tun ist, und deshalb arbeitet das Geschäftsführungsteam regelmäßig in den Tchibo-Filialen mit. Das ist gelebte Unternehmenskultur.

medianet:
Darüber muss man auch sprechen. Kommunikation, Marketing, Werbung – welchen Mix setzen Sie ein beziehnungsweise auf welchen wollen Sie setzen?
Hofstädter: Der Mix ist bei uns in den letzten drei Jahren ähnlich geblieben. Es gibt einige Verschiebungen im Bewegtbildbereich, das liegt an den sinkenden Reichweiten. Österreich ist ein Printland, und unsere Kundinnen und Kunden bekommen die Tchibo-Filialmagazine als Beilage in ihrer Tageszeitung zugeschickt. Papier ist nach wie vor wichtig, Audio-visuell, also OOH in Kombination mit Radio, funktioniert für uns sehr gut. Das Plakat nahe am Shop lädt die Kundinnen und Kunden dazu ein, zu Tchibo zu kommen. Das schaffen wir sehr gut.

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