MARKETING & MEDIA
© ORF/Thomas Ramstorfer

Dinko Fejzuli 24.02.2017

Viel Freude und ein bissl Zores für Oliver Böhm

Der ORF-Enterprise-Geschäftsführer über sein Business und einen kleinen Zwist mit der RMS Austria.

••• Von Dinko Fejzuli

 

Die aktuellen Zahlen des Radiotests bestätigen die Marktführerschaft der ORF- Radios. Gleichzeitig scheint es, als wären die Privaten dem Marktführer Ö3 dicht auf den Fersen. medianet traf Oliver Böhm, Geschäftsführer der ORF-Enterprise, um über neue Zahlen, kontinuierliche Ansprüche auf die Marktführerschaft und neue Trends zu sprechen.


medianet:
Wie zufrieden ist der Chef der ORF-Vermarktungstochter ORF-Enterprise mit den aktuellen Radiotest-Zahlen?
Oliver Böhm: Der aktuelle Radiotest zeigt eindrucksvoll: Der ORF dominiert nach wie vor den österreichischen Radiomarkt. Fast drei Viertel der gehörten Radio-Minuten bei 10+ stammen von ORF-Sendern. Wir halten diesbezüglich den Marktanteil gegenüber dem Vorjahr auf hohem Niveau stabil mit 71%.

Ö3 ist mit über 2,5 Mio. Hörern (10+) täglich mit Abstand der stärkste Radiosender in Österreich. Dem am nächsten kommt von den privaten Sendern KroneHit mit – weitgehend stagnierenden –, knapp unter 900.000 Hörern (10+).


medianet:
Wenn man sich die Aussagen des Mitbewerbers in Bezug auf den Marktanteil Ö3 und RMS ansieht, könnte man meinen, der Markt sei hier 50:50 aufgeteilt – eine Darstellung, mit der Sie unter Umständen nicht einverstanden sein könnten.
Böhm: Hitradio Ö3 als starke nationale Marke punktet in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen (Mo bis So) mit einem Marktanteil von 38%. Bei radio FM4, dem Meinungsbildner für Anspruchsvolle, sind es 4%. Die Regionalradios des ORF erreichen gemeinsam 17%. Die RMS kommt in derselben, allgemein als ‚werberelevant' bezeichneten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen mit all ihren Radios zusammen hingegen nur auf 36%. Diese Fakten sprechen für sich selbst.

In diesem Zusammenhang ist vor allem auch zu berücksichtigen, dass die RMS ja kein einzelner Sender ist, der in direkter Konkurrenz zu Ö3 steht. Die RMS vermarktet ein Konglomerat von zig Sendern mit völlig unterschiedlichen Positionierungen, die bei Weitem nicht alle im direkten Wettbewerb zu Ö3 stehen. Wenn man also schon die RMS als Gesamtes zum Vergleich heranziehen will, dann muss man ihren Zahlen die Summe der Werte aller vermarkteten ORF-Radios gegenüberstellen. Und dann steht es nach den vorgenannten Zahlen ‚59% Marktanteil ORF' zu ‚36% RMS'.


medianet:
Trotzdem knabbern hier die Privaten, wenn auch langsam, stetig am Marktführer Ö3 und an der Marktposition der ORF Radios insgesamt. Wie geht man damit um?
Böhm: Eine Marke, die über lange Zeit hinweg kontinuierlich den Anspruch auf die Marktführerschaft erhebt und innehat, muss sich selbst ständig challengen und entwickeln. Dieses Kunststück gelingt Hitradio Ö3 seit Jahrzehnten – trotz vieler Mitbewerber. Ich gehe davon aus, dass unser Flaggschiff auch in den nächsten Jahren erfolgreich den Marktführer stellen wird.

medianet: Bleiben wir beim Mitbewerber. Hier gab es kurzzeitig den Slogan, ‚RMS reicht weiter' – eine Aussage, mit der Sie in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht ihre Freude haben werden ...
Böhm: Dieser Slogan ist in dem von Ihnen beschriebenen Zusammenhang mit Sicherheit ­irreführend und daher nicht Ordnung.

medianet:
Wäre man ganz böse, könnte man in diesem Slogan auch eine versteckte Botschaft lesen …
Böhm: Ich bin selten böse, deshalb dazu kein Kommentar.

medianet:
Beim Instrument Radiotest selbst haben sich die Wogen, zumindest was die technisch richtige Durchführung betrifft, scheinbar beruhigt. Wie sehen Sie die ganze Causa?
Böhm: Die Evaluierung der Datenbestände seit 2011 durch einen unabhängigen Auditor ist abgeschlossen, die Nutzungsdaten sind nun korrekt. Darüber hinaus haben sich die Auftraggeber des Radiotest darauf verständigt, auch das Jahr 2017 einem laufenden Audit zu unterziehen. Die weitere Vorgehensweise und Prüfung aller zukünftigen Optionen wird gemeinsam vom Revisionskomitee der ­Radiotestpartner beschlossen.

medianet:
Beim Thema DAB+ gibt es keinen Konsens zwischen ORF, Behörde und den Privaten im Hinblick auf die Sinnhaftigkeit von Digitalradio, Hörfunk-Chefin Monika Eigensperger hat sich auch schon ablehnend zu Wort gemeldet. Wie sieht der Vermarktungschef den neuen Kanal?
Böhm: Monika Eigensperger hat recht. DAB+ macht keinen Sinn.

medianet:
Kommen wir zum ORF-Enterprise. Wir stehen am Anfang 2017; 2016 lief es ja ganz gut, durchaus auch gegen den allgemeinen Trend. Woher kam das Wachstum, und warum gerade beim ORF?
Böhm: 2016 war erfreulicherweise für einige Medien trotz der angespannten Wirtschaftslage ein gutes Jahr. Der ORF bietet mit seinen Gattungen TV, Radio und Online Qualität und Reichweite wie kein anderer. Laut ­Media Server haben letztes Jahr 6,5 Mio. Öster­reicher regel­mäßig zumindest ein ORF-Medium genutzt. Ich denke, dass man mit der richtigen Strategie, guten Mitarbeitern und viel Fleiß einiges bewegen kann – auch gegen einen allgemeinen Trend.

medianet:
Zum Schluss: Wie beurteilen Sie die Situation für die Gattung Radio in 2017, sowohl als stand alone-Werbekanal als auch im Zusammenspiel mit anderen Mediengattungen?
Böhm: Radio ist ein wundervolles Medium, das vielseitig und effizient einsetzbar ist.

Radio sollte 2017 in keinem guten Mediamix fehlen.

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