MARKETING & MEDIA
© Stefan Joham

Gianna schöneich 15.07.2016

Von der Sehnsucht nach realen Erlebnissen

Trotz der „Wunderwelt der bunten Bewegtbilder” haben Events enorme Bedeutung, so Christian Pöttler, Geschäftsführer echo medienhaus.

••• Von Gianna Schöneich


WIEN. Zwölf Tochterunternehmen, rund 170 Mitarbeiter und ein stetig wachsender Jahresumsatz von rund 40 Mio. € – über das echo medienhaus sprach Geschäftsführer Christian Pöttler im Interview mit medianet. Ein Gespräch über Events, blutige Erfahrungen und Sahnehäubchen.

medianet:
Herr Pöttler, ein Resümee bitte: Wie war das Jahr 2015 und das erste Halbjahr 2016?
Christian Pöttler: Das letzte Jahr ist überraschend gut gelaufen, das neue Jahr hat überraschend schlecht begonnen. 2016 begann mit einer dramatischen Kürzung der städtischen Werbeausgaben, die uns wie viele anderen Medien­unternehmen auch getroffen hat. Wir konnten das kompensieren. Wir sind stabil. Für die österreichische Medienbranche ist dies eine Zeit des Überlebenskampfs.

medianet:
Wie geht man mit einer solchen Herausforderung um?
Pöttler: Den Kopf nicht in den Sand stecken. Wenn ein Erlösstrom versiegt, muss ein neuer gefunden werden. Wir bewegen uns näher zu den Zielgruppen und entfernen uns weiter vom General Interest.

medianet:
Das echo medienhaus zeichnet sich für einige Großveranstaltungen aus, wie beispielsweise das Donauinselfest. 2014 wurde die Firma, die das Fest bis dato veranstaltete, proevent, in das Haus integriert. Wächst der Bereich des Eventmanagements?
Pöttler: Für uns stellte sich damals eine neue Aufgabe: Zum einen sollte das Fest ein renommierter Megaevent bleiben, mit freiem Eintritt und herzeigbaren Acts. Diesen Kurs wollten wir beibehalten und gleichzeitig kein Minus machen. Wir sind weit entfernt davon, mit dem Donauinselfest Geld zu verdienen. Allerdings gibt es eine solide Null. Allgemein setzen wir mit Events 8,5 Mio. Euro um, also gut ein Drittel des Gesamtumsatzes des Verlags. Wir sprechen hier von 42 Veranstaltungen im Jahr. Diese Menge macht es sinnvoll, ein fixes Team zu beschäftigen, welches die Formalismen beherrscht. Selbst bei all der Euphorie für digitale Medien, trotz der Wunderwelt der bunten Bewegtbilder, es herrscht in der werbetreibenden Wirtschaft die Sehnsucht nach realen Erlebnissen. Dennoch gibt es auch hier Limitierungen. Wir bieten Gesamtpakete an, wir planen nicht nur einen Event, wir helfen bei der Finanzierung, kündigen es an und kümmern uns um eine Nachberichterstattung. Zwei Events in einer Woche wären nicht umsetzbar, schon allein weil wir nicht nur in eigener Sache Ankündigungen machen können.

medianet:
Wohin wird die Reise mit Veranstaltungen also gehen?
Pöttler: Wir werden vielleicht in kleinteiligere Events investieren, maßgeschneidert, für kleinere Kunden. Heuer haben wir mit in-house-Projekten begonnen und 30 bis 40 Menschen ein exklusives Erlebnis beschert – das ist so aufwendig, wie es spannend ist.

medianet:
2014 holte sich das echo medienhaus Ihre Frau Uschi Fellner-Pöttler als Herausgeberin der Bundesländerinnen ins Haus. Wie geht es den Livestylemagazinen?
Pöttler: Uschi Fellner hat eine Qualitätsoffensive ausgelöst. Sie brachte eine Kompetenz ins Haus, die wir nicht hatten. Ihr Ansprüche waren und sind sehr hoch, einige konnten wir erfüllen. Wir sind mit den Heften sehr zufrieden. Innerhalb von zwei Jahren konnten wir allein in Wien einen Marktanteil von 2,9 Prozent erreichen. Das ist sehr viel.

medianet:
Wie gestaltet sich der Vertrieb im echo medienhaus?
Pöttler: Heutzutage wird der Vertrieb in vielen Unternehmen stark in Konzernmechaniken gedacht. Wir verfolgen eine neue Kultur des Verkaufens. Wir sprechen von Solutions Sale, wir verkaufen Lösungen. Sicher, wir können einem internationalen Großunternehmen keine Komplettlösungen anbieten. Allerdings können wir sagen, wir sind auf deiner Torte das Sahnehäubchen und bekannterweise macht ja das oft mehr Spaß, als alles, was darunter steckt.

medianet: 2010 brachte man mit ‚echo TV' Bewegtbild-Content auf den Markt. Eine blutige Erfahrung?
Pöttler: Der Ausgang war letztlich verheerend. Die Produktion wurde schließlich an einen ehemaligen Mitarbeiter verkauft. Wir haben Bewegtbild damals überschätzt, im Haus waren keine Vertriebskompetenzen vorhanden. Zusammenfassend kann man wohl von einer Fülle idealistischer Annahmen und Fehleinschätzungen sprechen. Uns hat es gezeigt: Es gibt keine bessere Marktforschung als den Markt selbst.

medianet:
Bis Ende 2013 war ein Eigentümer des echo medienhauses politisch gefärbt; echo gehörte dem der SPÖ zurechenbaren Verband der Wiener Arbeiterheime. In der Branche wurden damals Stimmen laut, der neue Eigen­tümer würde es schwer haben.
Pöttler: Es gibt schon seit Jahren kein werbetreibendes Unternehmen, das es sich leisten kann, in ein anderes Unternehmen zu investieren, das einer Partei nahesteht. Als sich die SPÖ zurückgezogen hat, haben sich uns ganz neue Anzeigenmärkte erschlossen, wir haben mehr Umsatz gemacht und neue Kunden gewonnen.

medianet:
Herr Pöttler, Ihre Prognose für die nächsten Jahre?
Pöttler: Ich habe das Gefühl, wir sind bei uns gelandet und haben unseren Weg gefunden, ein Modell, mit welchem ein kleiner bis mittelgroßer Verlag, in einem kleinen Land wie Österreich, mit den Umständen der Wirtschaft umgehen kann und mehrere Wachstums­pfade sieht.

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