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Redaktion 14.06.2024

Wen interessieren schon die Fakten

Wie unterschiedlich die Verluste der SPÖ (–0,7) und jene der ÖVP (–10%) gesehen werden.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

KEHRVERT. Die EU-Wahl ist geschlagen, und die FPÖ wird von allen als großer Sieger gefeiert. Warum das so ist, muss man die Kolleginnen und Kollegen fragen, die das herbeischreiben. Denn wenn auch die beachtlichen 25,4% der Partei den Platz ganz oben am Stockerl bei der EU-Wahl sichern, sind sie noch lange nicht das beste Ergebnis, das die FPÖ bei einer bundesweiten Wahl eingefahren hat – im Jahr 1999 lag man bei der Nationalratswahl mit der ÖVP mit 26,9% gleichauf und damit höher als jetzt.

Wenn minus 10% weniger ist als minus 0,9%

Was aber viel interessanter ist, ist die Erzählung, die sich in die Dynamik der Berichterstattung eingeschlichen hat, nämlich: Alle schreiben vom kommenden Duell der FPÖ mit der ÖVP bei den kommenden Nationalratswahlen im Herbst, da diese doch so nah beieinanderliegen würden, und die SPÖ lässt man außen vor, sie wird geradezu ignoriert, weil sie ja bei der EU-Wahl kein Plus, sondern eben ein Minus von fast einem Prozent eingefahren hat und damit hinter der FPÖ und der ÖVP auf dem dritten Platz gelandet ist.

Und während man nun gerne überall auf diesen Umstand hinweist, verschweigt man gleichzeitig, dass in Wahrheit der Verlierer dieser Wahl die ÖVP ist, die mit –10% eine der krachendsten Niederlagen ihrer Parteigeschichte erlebt hat.
Halb entschuldigend muss man aber auch dazu sagen, dass die SPÖ selbst und hier vor allem ein gewisser Parteikollege aus dem Burgenland viel dazu beigetragen hat, ein Bild der SPÖ in der Öffentlichkeit zu verfestigen, das alles andere als das einer Siegerpartei ist.

Apropos Siegertyp: Als Zuschauer und mündiger Bürger nur schwer zu ertragen sind Szenen, die man nach der Wahl am TV-Schirm sieht, die, würde man den Ton abdrehen, vermuten lassen könnten, hier jubelt eine Siegerpartei und nicht eine, die gerade ein desaströses Minus eingefahren hat. Da frage ich mich immer, wie viel Realitätsverweigerung mehr noch möglich ist.

Sehen werden wir das übrigens spätestens am Abend der kommenden Wahl im Herbst.

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