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Redaktion 11.02.2022

Wenn der Zweck die Mittel verstrahlt

Seit der Entscheidung, Atomstrom als grün zu betrachten, gilt es, an der Einstellung zu arbeiten.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

KONTROVERSIELL. Nicht nur Anhänger der Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er-Jahre schlafen derzeit zunehmend schlecht. Die Aussichten sind dystopisch. Das Nuklearabkommen mit dem Iran besteht trotz aller Bemühungen praktisch nur mehr auf dem Papier, Japan lässt eben seine Pläne zur Meeresverklappung riesiger Mengen radioaktiven Kühlwassers aus der Atomruine Fukushima von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA begutachten. Russland baut im Ukraine-Konflikt die Drohkulisse mittels „nuklearer strategischer Übungen” aus, die ukrainische Armee trainiert in der radioaktiv verseuchten Zone rund um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl den Häuserkampf – und Nordkorea hat kürzlich eine atomwaffenfähige Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von 4.500 Kilometern abgefeuert.

Was helfen könnte, ist ein Wechsel der mentalen Perspektive. Ab den 1930ern wurden Radium und Thorium, aus „gesundheitlichen” Aspekten, allerlei Lebensmitteln und Kosmetika zugesetzt. „Das ganze Jahr im Radiumbade – durch Burkbraun-Radium-Schokolade” warb die im deutschen Cottbus angesiedelte Firma Burk & Braun. Zu antiquiert? Längst widerlegt?

Grüne Reaktoren

Ein alternatives Szenario wirksamer Schönfärberei entwarf die EU-Kommission mit ihrer Entscheidung, Atomstrom in die europäische Taxonomie für Klimaschutz aufzunehmen. Investitionen in neue Atom- und Erdgaskraftwerke werden damit als klimafreundlich eingestuft. Letztendlich soll dieser Leitfaden für Investoren die für die Klimawende benötigten Milliarden mobilisieren.

Und der Zweck heiligt die Mittel. Machiavelli wusste das, Kant stritt es kategorisch ab. Pragmatisch betrachtet, so die Experten, bleibt uns ohnehin nichts anderes übrig, als unsere Beziehung zu Atom und Strom freundschaftlich zu gestalten. Für alle anderen Strategien wird inzwischen die Zeit zu knapp.

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