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© David Bohmann

Interview Peter Hanke ist seit 2018 Stadtrat für Wirtschaft und Finanzen in Wien. Zuvor war er lange Jahre an der Spitze der Wien Holding tätig.

Redaktion 19.08.2022

„Sinnvoll sparen statt Symbolik”

Stadtrat Peter Hanke: Nur die Weihnachtsbeleuchtung abzuschalten, wird zur Krisenbewältigung nicht reichen.

••• Von Alexander Haide

WIEN. Angesichts der Energiekrise, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Teuerungswelle und den Nach- und Nebenwirkungen der noch immer tobenden Pandemie stehen Kommunen vor großen Herausforderungen. Wiens Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke skizziert die Wege zur Bewältigung – vorweg: Einfach werden die nächsten Monate für niemanden.

medianet:
Wie sehr sorgen Sie sich ob der angespannten Energieversorgungslage – oder ist vieles davon ein herbeigeredetes Gespenst?
Peter Hanke: Man muss zwischen der Ist-Situation und dem, was kommen könnte, unterscheiden. Nimmt man die Ist-Situation von heute her, dann sehen wir keine Mangellage. Aber wir sehen eine klare Teuerungslage, die immens ist, und es sind Kriegspreise, die derzeit zu bezahlen sind. Das ist natürlich für wirtschaftliche Systeme und bei sozialen Auswirkungen sehr, sehr schwierig.

Es gilt, die Zeitkomponente immer richtig einzuschätzen. Sollte es übermorgen eine andere Gaslieferstruktur, eine andere Logik aus diesem verrückten Krieg geben, dann muss man sich darauf einstellen und gerüstet sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Gasbevorratung vornehmen.

Wir haben mit der Wien Energie einen großen Schritt vorwärts gemacht und sind bereits bei einem Wert von 87 Prozent, also viel höher als die Bundesquote. Wir haben in den vergangenen Jahren immer auf erneuerbare Energie gesetzt, wie auf die Photovoltaikoffensive. Auch die Geothermie kommt jetzt neu hinzu, wie die Großwärmepumpe in Simmering, die über 110.000 Haushalte klimaneutral im Bereich der Wärme versorgen wird. Aber wir brauchen auch Milliardeninvestitionen in die Wärmedämmung.

medianet: Gibt es ein Patentrezept, wie die kommenden Monate in puncto Energiekosten und Inflation für Wirtschaft und Bewohner erträglich gemacht werden können?
Hanke: Es ist ein intelligenter Mix und die Notwendigkeit, auf EU-Ebene das ‚Merit Order-Prinzip' zu bekämpfen. (Die teuerste Art der Stromerzeugung, zumeist durch Gas, bestimmt den Strompreis, Anm.)

Auf Landesebene wird es eine Unterstützung anhand unseres vier Säulen-Systems geben. Das sind 250 Millionen Euro, die wir aufbringen, um an sozial Benachteiligte und bis in den Mittelstand Förderungen ausbezahlen zu können. Das muss relativ unbürokratisch, schnell und klar erfolgen. Das ist unser Ziel in den kommenden Monaten.

medianet: Fehlen die 250 Millionen an Unterstützung anderswo im Stadtbudget?
Hanke: Sie können nicht fehlen. Wir sind aufgefordert, gemeinsam eine Krise zu bewältigen, und hier ist jeder Euro, den wir in die Hand nehmen, gut investiert. Deshalb wird es uns auch in den Kernbereichen Soziales, Gesundheit und Bildung nicht fehlen.

medianet:
Gibt es einen großen Posten, bei dem Wien Energie einsparen kann?
Hanke: Wir haben in den vergangenen fünf Jahren intensiv an dieser Schraube gedreht und sind mit großem Abstand das energieeffizienteste Bundesland. Wir haben moderne Technologien, wie bei der Beleuchtung mit LED, bereits umgesetzt. Symbolisches Sparen kann da oder dort richtig sein, sollte aber nicht im Vordergrund stehen. Es gilt, sinnvolle Einsparungen vorzunehmen, und wir werden das Stück für Stück umsetzen.

medianet:
Und wie sparen Sie selbst im privaten Bereich Energie?
Hanke: Das Autofahren wird eingeschränkt, ich gehe zu Fuß, fahre mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn es möglich ist.

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