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christian novacek 20.03.2015

Gesunder Boden ist der Grund für gutes Essen

Spar & WWF Initiative des Händlers und der NGO mit Gemüse aus Humusanbau; vier Produkte zum Start

Spar-Chef Gerhard Drexel: Es gibt Kausalität vom gesunden Boden hin zur gesunden Nahrung.

Wien/Salzburg. „Am Ende des Tages wollen wir alles aus Humus-Anbau haben”, sagt Spar-Präsident Gerhard Drexel. Anlass des Appells ist die Präsentation einer Kooperation mit dem WWF. Die will mittels Nutzung von Humus in der Landwirtschaft dem Boden sein CO2 zurückgeben. Drexel hält den Journalisten eine Tomatenpackung entgegen, die sich im Detail von der Standardware unterscheidet: „Cherrytomaten aus Humusanbau” steht drauf.

Worum geht's? Den Böden in der heimischen Landwirtschaft mangelt es gewaltig an Humus, der als CO2-Speicher eine wichtige Rolle im biologischen Kreislauf spielt. Genau genommen funktionieren die meisten Äcker heute nur noch mithilfe der Agrochemie, also mit dem, was Mosanto & Co feilbieten. Dieserart sind die Böden zwar noch gut als Pflanzenträger, im bio-logischen Sinn sind sie aber wertlos, Dreck sozusagen.

Das Salz der Erde

Dieser Dreck – bzw. der Vergleich von guter mit schlechter Erde – wurde dem Spar-Präsidenten beim Lokalaugenschein in der Steiermark eindrucksvoll vor Augen geführt. Er spricht von einem Erweckungserlebnis: „Ich habe das Thema lange unterschätzt”, sagt Drexel, „aber vieles von dem, was wir essen und trinken, kommt aus dem Boden. Es gibt eine eindeutige Kausalität vom gesunden Boden hin zur guten Nahrung.”Ergo hat sich Spar einmal mehr den WWF ins Boot geholt: Die neue Zusammenarbeit (es gibt sie bereits im nachhaltigen Fischsortiment des Händlers) widmet sich dem unterschätzten Öko-System Boden. „Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit Spar zu mehr Bewusstsein für unsere ‚Bödenschätze' beitragen können”, sagt demgemäß WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides. Sie umreißt die Problematik der Dimension: „Derzeit agieren wir, als hätten wir 1,5 Planeten zur Verfügung. Daher müssen wir jetzt Maßnahmen setzen.” Die Ernsthaftigkeit dieser Maßnahmen verkörpert Alois Liebmann. Er ist (regionaler) Lieferant der Spar, Gemüsebauer und „Humus-Landwirt”. „Seit 2010 verzichte ich auf Handelsdünger und betreibe stattdessen intensiven Humusanbau”, sagt er. Das Resultat sind Tomaten, denen der Boden in den Geschmack schießt – ähnlich wie man beim Wein schmeckt, aus welcher Region er stammt. Die weniger rühmlichen Pendants dazu wären somit die Tomate ohne Bodenkontakt (Nährflüssigkeit) oder der frakturierte Wein.

Zehn Mal Humus-Gemüse

Innerhalb von zwei Jahren will Spar die Humus-Anbauflächen ausweiten und weitere Landwirte für das Projekt gewinnen. Die Anzahl der Gemüseartikel soll von vier auf bis zu zehn Salatsorten und Feldfrüchte steigen. Im Supermarkt kostet das Humus-Gemüse keinen Cent mehr als die Standardware – und ist dafür aber ganz nah an der Bio-Qualität.Mit Humus dem Boden seine Funktionsfähigkeit wieder zurückzubringen, ist mithin eine ehrenvolle Aufgabe, die sowohl der Spar-Präsident als auch sein Gemüselieferant durchaus als solche empfinden. Liebemann beteuert: „Unsere Liebe ist der Gemüseanbau.” Und Drexel lässt sich mit Spar diese Liebe etwas kosten: „Den Umstieg der Landwirte auf Humus-Produktion belohnen wir mit einer Absatzgarantie sowie mit 30 Euro pro gespeicherter Tonne CO2 im Boden. Im Schnitt erhalten die Spar-Landwirte so rund 5.000 Euro pro Jahr zusätzlich. Der Umstieg auf humusaufbauende Landwirtschaft zahlt sich für Bauern also auch finanziell aus”, gibt der Spar-Vorstandsvorsitzende kund. Den Mitbewerb ruft er rundweg zur Nachahmung auf: „Es würde uns riesig freuen, wenn der gesamte österreichische Lebensmittelhandel da aufspringt”, sagt er. Und fügt hinzu: „Erfahrungsgemäß ist aber die Konkurrenz ohnedies recht rasch im Nachahmen.”Sei's drum: Die Pionierleistung steht und sie tut dies aufgrund der Initiative eines Händlers. Wo bleiben also in diesem Kontext die Poli-tik und/oder die Landwirtschaftsvertreter? „Die Politik kommt immer am Schluss und gießt in Gesetze, was ohnehin schon alle machen”, gibt sich Drexel illusionsfrei. Gegenüber der Art, wie hierzulande Landwirtschaft passiert, findet er gleichfalls klare Worte: „Raiffeisen hat sicher wenig Interesse daran, dass die Bauern keine Düngemittel mehr kaufen.”

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