RETAIL
© Unito-Gruppe/APA-Fotoservice/Schedl

christian novacek 19.04.2019

Harter Wettbewerb, lasche Gesetzgeber

Unito trotzt den rauen Rahmenbedingungen im Digital Retail und hält die geplante Digitalsteuer für eine „dumme Lösung”.

••• Von Christian Novacek

Die Unito Gruppe (Universal, Otto, Quelle) ist flott unterwegs, würde aber gern noch flotter sein: „Es gab im Vorjahr einige eher externe Rahmenbedingungen, unter denen wir gelitten haben”, sagt Unito-Chef Harald Gutschi. Dezidiert meint er damit einen besonders heißen September, der vor allem das Herbstmoden-Geschäft blockierte. „Wir haben statt Jacken T-Shirts verkauft”, sagt Gutschi dazu. Letztlich ergab das ein dickes Monatsminus von 16%. „Damit muss man leben, das kommt alle paar Jahre einmal vor”, nimmt es der Unito-Chef gelassen.

Seine Gelassenheit ruht auf solidem Grund: Die Unito-Gruppe mit Sitz in Salzburg und Graz erzielte einen Online-Umsatz von knapp 400 Mio. €, was für einen neuen Unternehmensrekord steht. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 (Zeitraum: 1. März 2018 bis 28. Februar 2019) wächst die Gruppe im Digital Retail mit dem Erlös von 396 Mio. € zum neunten Mal in Folge. Wichtigster Markt für den E-Commerce-Player, der mit fünf Marken in sechs Ländern vertreten ist, ist und bleibt Österreich mit einem Umsatzanteil von 61%.

Aus für den Katalog

Das Jahr 2018 war bei Otto durch einen drastischen Strategiewechsel gekennzeichnet. Der Verzicht auf den Otto-Hauptkatalog resultierte hierzulande in einem Plus von 3,3% auf 241 Mio. € Umsatz im Onlinebusiness. „Gut, aber nicht sehr gut”, meint dazu Gutschi.

Denn: Von 2016 bis 2018 war das durchschnittliche Wachstum mit acht Prozent erst unlängst imposant. Indes: Das derzeit abgeflaute Wachstum ist branchenkonform und im Falle Otto mit handfesten Gründen (nur mehr Spezialkataloge, d.h. statt 2,5 Mio. Stk. Auflage nur noch 75.000) versehen. Hinzu kommt die branchentypische Stagnation im Elektronikgeschäft, wo es derzeit schlichtweg an tollen Innovationen mangelt. „Angesichts dieser großen Markt­herausforderungen sind wir mit dem letzten Geschäftsjahr einigermaßen zufrieden”, resümiert Gutschi.

Das „Blut kocht”

Ganz und gar nicht zufrieden ist man indes mit dem Vorgehen der Regierung in Sachen Digitalsteuer. „Das bringt bei mir das Blut zum Kochen”, kommentiert Co-Geschäftsführer Achim Güllmann. Konkret meint er damit jenen Teil der Regelung, der eine Abgabe auf Online-Werbeumsätze in der Höhe von fünf Prozent vorsieht. Der wäre insofern völlig sinnbefreit, als „Google sicher einen Weg findet, uns das umzuhängen”. Ergo habe man einfach nicht verstanden, „dass man damit eine weitere Steuer für Händler geschaffen hat”, so Güllmann, der seine Kritik mit dem Satz: „Dümmer geht's nicht!” zusammenfasst. Letztlich hätten jedenfalls Amazon, Facebook, Google & Co Monopolstellungen, um die sowieso niemand herumkommt. Sprich: Firmen können nicht auf sie verzichten.

Anders, im positiven Sinn, läuft zurzeit die Sache mit den Paketlieferungen aus Drittstaaten außerhalb der EU. Die Regierung beschloss die Einführung einer Umsatzsteuerpflicht für alle Paket-Lieferungen aus Drittstaaten außerhalb der EU, etwa China.
Bisher war diese Steuer ab einem Warenwert von 22 € fällig, künftig schon ab dem ersten Cent. Zu kritisieren sei hier lediglich, dass das erst ab 2021 kommt, denn der damit einhergehende „bewusste Steuerbetrug” hätte viel früher verhindert werden können. Die dazugehörige Hochrechnung: 2017 seien 560 Mio. Pakete in der EU falsch deklariert gewesen. Der EU entgingen dadurch Einnahmen von 7 Mrd. €, Österreich allein rd. 200 Mio. €.

Waschmaschine zum Mieten

Innerhalb der Unito-Gruppe liegt der Fokus aktuell auf der Leitmarke Otto. Der Markteintritt in der Schweiz sowie der Service „Mieten statt kaufen” sollen für Wachstum sorgen und neue Kundengruppen ansprechen. So zeige sich bereits jetzt, dass junge, männliche und städtische Kunden stark auf das Mietkonzept ansprechen. „Während bei uns sonst 80 Prozent Frauen einkaufen, sind es beim Mietkonzept 80 Prozent Männer”, erklärt Gutschi.

Otto hat den Mietservice in Deutschland schon vor zwei Jahren eingeführt, Österreich-Start war am 21. März. Vermietet werden derzeit nur Technikprodukte, vom Fernseher und Smartphone bis zur Drohne (=Topseller).
Einem weiteren Trend, dass Onlinehändler mittlerweile gern auch stationär unterwegs sind, entspricht Unito nur mit Abstrichen. Konkrete Filialisierungspläne hegt Unito mitnichten. Was hingegen bereits heute passiert, ist das kurzfristige Reüssieren mit Pop-up-Stores, also temporären Niederlassungen in leer stehenden Geschäftsräumen.

Trendig mit Pop-up-Stores

Für Stores der digitalen Beschaffenheit ist der in Österreich gemeinsam mit Zalando an zweiter Stelle hinter Amazon agierende Onlinehändler sehr wohl zu haben: „Wir werden die Otto-Plattform für kleinere Partner aus dem Markenartikelbereich öffnen”, stellt Gutschi in Aussicht.

Quantitativ wird sich das im Bereich von mehreren 100 Partnern bewegen. Die sollen der Otto-Handschrift entsprechen, die lautet: fair, inspirierend, mit weiblicher DNA.

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