••• Von Christian Novacek
Die Zeiten sind bewegt, die Inflation hoch: „Die aktuell hohe Inflation bereitet uns eher mehr Schwierigkeiten als zuvor die Coronapandemie”, eröffnet der geschäftsführende Gesellschafter Christof Kastner die Jahrespressekonferenz zur Präsentation der Jahresbilanz der Kastner Gruppe aus dem 195. Jubiläumsjahr 2023.
Der Unterschied: In der Pandemie gab es den Schutzschirm! Der mag zwar da und dort löchrig gewesen sein, aber er war da im Sinne einer Solidargemeinschaft. Hingegen muss sich Kastner heute fragen, wann und ob es bei dem hohen Zinsniveau sinnvoll ist, zu investieren. Kast-ner plant für das laufende Jahr ein Investitionsvolumen von 6,5 Mio. € – nach 7,5 Mio. in 2023.
Abgesehen von den hohen Zinsen sind die Kosten explodiert. „Allein in den letzten beiden Jahren sind die Personalkosten um zwanzig Prozent gestiegen”, so Kastner. In einer Branche mit geringen Gewinnmargen ist das eine schwierige Situation.
Preistreibend waren nicht zuletzt die Forderungen der Konzerne in der Lebensmittelindustrie. „Trotz harter Verhandlungen im Hintergrund können wir manche Dinge nur zur Kenntnis nehmen, aber nicht nachvollziehen”, schüttelt Kastner den Kopf. Und führt aus: „Zum Teil können wir mit unserer Sortimentspolitik darauf reagieren, aber letztlich leben wir nicht vom Umsatz, sondern vom Ertrag.”
Starkes Plus in harten Zeiten
Letztlich lief es aber in der Umsatz-Sichtweise durchaus gut für die Kastner Gruppe – mit einem Plus von 8,57% steht man heute bei 290 Mio. €, und für 2024 steht ein Sprung auf mehr als 310 Mio. € im Plan.
Der große Brocken im Erlös (60% vom Gesamtumsatz) lautet mittlerweile auf die Gastronomie, wo vor allem im Zustelldienst groß gepunktet werden konnte – mit einem Zuwachs um 14%. „Zwei Drittel des Gastronomieumsatzes entfallen bereits auf die Zustellung”, stellt Kastner klar.
Weiters war 2023 das erste volle Jahr inklusive des von der AGM übernommenen Großmarkts in Wolfsberg. Der wichtigste Abholmarkt dürfte derzeit aber jener in Wien Nord sein, wo insgesamt für den Umbau acht Mio. € in die Hand genommen werden und nach der Erweiterung der Büro- und Expeditfläche nun der Ausbau des Marktes selbst erfolgt. Um die starke Bio-Affinität des Unternehmens zu unterstreichen, hat der C&C Markt bereits die hübsche Holzfassade verpasst bekommen.
Bio goes Franchise
Stichwort Bio: Im Herbst ging das Projekt MeinBioMarkt ins Rennen. Vorerst in Graz als Filiale geführt, sollen weitere Märkte im Franchise-System folgen – ergo ist MeinBioMarkt auch Mitglied im Österreichischen Franchise-Verband. Biogast-Geschäftsführer Horst Moser (neben Kastner für das Projekt federführend): „Das Konzept richtet sich an alle Bio-Begeisterten, die entweder einen neuen Bio-Laden starten möchten oder bereits einen betreiben und das MeinBioMarkt-Konzept anwenden wollen.” Der Pionier in Graz bietet 6.000 Produkte im Sortiment und inkludiert de facto eine vollwertige Joseph-Brot-Filiale (80% der Joseph Brot-Artikel). Technisch hervorzuheben: Die Etiketten sind mit einem QR-Code versehen, mit entsprechender Auskunftsfreudigkeit über das jeweilige Produkt.
Kaufleute unter Druck
Die vorhersehbare Delle im Vertriebsnetz kommt einmal mehr von Nah&Frisch. Da ist man schlichtweg ein Opfer der hohen Kosten. Einige Kaufleute konnten diese v.a. im Energiebereich nicht mehr stemmen und gaben w.o. – ergo verringerte sich auch die Zahl der Kaufleute und, so vermutet der für den Bereich zuständige Andreas Blauensteiner: „Die hohen Kosten haben eine Nachwirkung, und somit ist das Tief hier noch nicht erreicht. Wir hoffen, dass das zur Jahresmitte der Fall sein wird.”
Für Herausforderungen der nahen Zukunft hat man sich jedenfalls auch bei Nah&Frisch bestmöglich gerüstet – zum Beispiel mit einem hybriden Markt, der in Reinsberg im niederösterreichischen Mostviertel unter großer gemeindlicher Gemeinsamkeit realisiert wurde. „Dort gibt es eine SB-Kassa, die es ermöglicht, dass nur am Vormittag Personal anwesend sein muss.” Nachmittags wird der Alkohol weggesperrt, und das Geschäft funktioniert autonom. Fazit: Bei reduziertem Personaleinsatz kann die maximale Öffnungszeit von 72 Stunden ausgenutzt werden.
Noch mehr Autonomie, etwa im Sinne der zuletzt im Handel reüssierenden Box-Formate, schließt Blauensteiner indes aus. Dennoch gedeiht die KI zum fixen Begleiter der Nah&Frisch-Kaufleute. So hilft etwa die Circly-Software beim Bestellen der richtigen Menge, und das Programm „Quant” schlichtet das Regal verkaufsoptimiert. Am Schluss stehen die Eigenschaften keine Ausverkauft-Situation plus stärkere Verkaufsorientierung bei der Präsentation für eine Umsatzsteigerung.
E-Commerce wird breit
Interessant ist die Position des Onlinehandels, der in der Gruppe unter myProduct.at residiert. Denn im E-Commerce ist das Wachstum zuletzt ins Stolpern geraten – indes marschiert man bei myProduct.at stramm in Richtung Internationalität. Geschäftsführer Rainer Neuwirth: „Nachdem wir Austrian Supermarket übernommen haben, exportieren wir mittlerweile in 90 Länder.” Dieserart sorgt man beispielsweise dafür, dass Manner in Australien wie auch in New York vertreten ist.