••• Von Daniela Prugger
Der Lebensmittelhandel spielt in Zeiten des Coronavirus und der seit Tagen anhaltenden Hamsterkäufe eine nie dagewesene Rolle. Zwar haben neben den Supermärkten auch die Bäckereien geöffnet. Doch im alltäglichen Betrieb hat sich einiges geändert. So konzentriert sich das Familienunternehmen Ströck derzeit auf die Nahversorgung der Wiener Bevölkerung und die Belieferung von Lebensmittelketten wie Rewe und Spar sowie öffentlicher Einrichtungen. Der Café-Betrieb mit Bedienung in den Filialen wurde vollständig eingestellt. Geschäftsführerin Irene Ströck erzählt im medianet-Interview, welche Maßnahmen für die Mitarbeiter gesetzt wurden und welche Veränderungen es sonst noch gibt.
medianet: Europa und Österreich befinden sich in einer Ausnahmesituation. Vor welchen Herausforderungen steht Ströck als Lebensmittelproduzent?
Irene Ströck: Ganz klar – die Aufrechterhaltung der Gesundheit und der Versorgung. Wie in allen Lebensbereichen, privat wie beruflich, steht die Beibehaltung der Gesundheit unserer Mitarbeiter sowie unserer Kunden an oberster Stelle. Die aktuellen Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen in der gesamten Kette – von der Backstube bis zum Aushändigen des Brotsackerls in der Filiale. Das reicht vom geänderten Schichtbetrieb bis zum Verbot des an sich trendigen Wiederbefüllens mitgebrachter Kaffee-Cups. Natürlich ist uns in dieser Ausnahmesituation unsere Verantwortung in jeder Sekunde bewusst. Als österreichischer Familienbetrieb leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der täglichen Brot- und Gebäck-Versorgung, sei es über den LEH oder unsere Filialen.
medianet: Und vor welchen Herausforderungen steht Ströck als Arbeitgeber?
Ströck: Als Arbeitgeber von über 1.700 Mitarbeitern ist jede Unsicherheit und Sorge entsprechend verstärkt. Viele Mitarbeiterinnen haben minderjährige und somit betreuungspflichtige Kinder zuhause. Wir selbst sind ja ebenfalls ein Familienbetrieb, wir haben somit vollstes Verständnis, wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter in dieser ungewissen Zeit zuhause bei ihren Kindern sein wollen. Dafür gibt es jetzt neue Urlaubsregelungen und neue Arbeitszeitmodelle. Erlauben Sie mir bitte an dieser Stelle auch, einen öffentlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu richten, die jetzt gerade wacker die Stellung halten!
medianet: Inwiefern bereiten Sie sich auf einen Ernstfall wie in Italien vor?
Ströck: Aus unserer Sicht befinden wir uns mitten im Ernstfall. Auch wenn wir aktuell von der italienischen Situation noch entfernt sind, so simulieren wir in unserem Krisenstab schon seit Wochen verschiedene Szenarien. Diese Task Force evaluiert und bespricht laufend neue Gegebenheiten, neue Gefährdungspotenziale, neue Erlässe der Bundesregierung, neue Angebote von Arbeitszeitmodellen und Best-Practice-Konzepte, die dazu beitragen können, die Sicherheit in der Produktion und im Filialbereich aufrechtzuerhalten. Eine offene und ehrliche Kommunikation mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist aus unserer Sicht, insbesondere in Zeiten wie diesen, die einzig faire und vertrauenswürdige Vorgehensweise.
medianet: Wie wirkt sich diese Strategie auf das Sortiment aus?
Ströck: Es gibt Anpassungen, wie beispielsweise Sortimentsstraffungen, mehr Brot, das zu Hause tiefgefroren werden kann, die Reduktion der Snack-Produkte und vieles mehr. Vor allem die Vielzahl an Sicherheitsmaßnahmen wie Handschuhe beim Kassieren, Einhaltung der Mindestdistanz, kein Befüllen mitgebrachter Kaffee-Cups und so weiter.
medianet: Ströck betreibt nicht nur Filialen, sondern beliefert auch die Rewe sowie Krankenhäuser und exportiert. Wo wird es im Ernstfall Abstriche geben?
Ströck: Primär geht es um Gesundheit und Versorgung. Unser Beitrag zur Versorgung der Wiener Bevölkerung und vieler Bevölkerungsteile in Österreich kann durch unsere Belieferung der Lebensmittelketten Rewe- oder Spar-Gruppe sowie vieler öffentlicher Einrichtungen gewährleistet werden.
Verschärft sich die Situation zunehmend, so werden wir entsprechend der Szenarien der Task Force, insbesondere im Sinne unserer Verkaufsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die Anzahl der offengehaltenen Filialen zunehmend reduzieren. Dies wäre selbstverständlich nur eine temporäre Maßnahme – solange bis die Sicherheit wieder gewährleistet werden kann.
medianet: Welche Veränderungen bemerken Sie im Kaufverhalten der Konsumenten? Welche Produkte werden besonders stark nachgefragt?
Ströck: Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass der Verkauf unseres Brotsortiments in Relation zum Gesamtsortiment zunimmt; der Zuwachs ergibt sich aufgrund des Verzehrverhaltens.
Durch die Schließung der Restaurants und Systemgastronomiebetriebe nimmt die Konsumation auch in den Haushalten zu. Die Steigerung des Süßgebäckanteils ist wahrscheinlich auf die vermehrten Homeoffice-Tätigkeiten zurückzuführen.