RETAIL
© APA/Georg Hochmuth

Redaktion 27.09.2024

„Wir sehen uns nicht nur als reinen Ausstatter”

Ulrike Kittinger, Geschäftsführerin von Libro und Pagro Diskont, erinnert daran, dass Schule auch Spaß macht.

••• Von Oliver Jonke und Paul Hafner

Ulrike Kittinger hat einen interessanten Karriereweg hinter sich: Nach dem Abschluss ihres BWL-Studiums an der WU Wien war sie fast zehn Jahre lang als Marketing Managerin bei Raiffeisen tätig, ehe sie 2010 zu Billa ging, die Bereiche Data Mining und Analytics aufbaute, diverse Ressortzuständigkeiten innehatte und schließlich mit der Konzeption und Entwicklung des jö Bonus Club betraut wurde. Nach fast vier erfolgreichen Jahren war es Zeit für etwas Neues und Kittinger wechselte zur MTH Retail Group; seit 2021 führt die Expertin für Data Driven Marketing die Geschäfte der PL Handelsgesellschaft, die sich auf den österreichsichen Markt konzentriert.


medianet:
Libro zählt zu den bekanntesten Händlern des Landes, die dahinterstehende MTH Retail Group ist dagegen abseits der Branche nur einer Minderheit ein Begriff. Vielleicht skizzieren Sie zu Beginn einmal die Geschäftsfelder der Unternehmensgruppe.
Ulrike Kittinger: Gerne. Mitteleuropäischer Handelskonzern mit Sitz in Guntramsdorf, im Non-Food-Segment. Mit unseren Marken sind wir in Österreich, Deutschland und der Schweiz mit über 770 Filialen bekannt. Die Gruppe ist ein wesentlicher Player im Bereich Papier- und Schreibwaren für Schule und Büro im gesamten D-A-CH-Raum. In Österreich sind wir mit den Marken Libro, Pagro Diskont und Pagro Direkt – letztere ist speziell für das Großkundengeschäft zuständig – präsent. Libro ist die heimische Nummer eins im Schulgeschäft, wir sind also gerade mitten in unserer Hochsaison; neben dem ebenso wichtigen Officegeschäft gehen wir mit Libro aber jetzt auch immer in Richtung Schenken und Party. Aktuell merken wir zum Beispiel, dass das Halloween­geschäft in Österreich immer stärker wird.

medianet:
Schule, Officebedarf, Schenken und Deko – alles Produktgruppen, die man auch bei Pagro findet. Wo unterscheiden sich die Marken im Sortiment?
Kittinger: Pagro ist die Nummer zwei im Schulbedarf und die Nummer eins im Business- und Officebereich. Da geht es natürlich stärker in Richtung Kopierpapier, Drucken, Tone, aber auch Papeterie. Was Pagro Diskont noch als Steckenpferd hat, ist das Thema Kreativität – das fängt an bei kreativer Küche, kreatives Backen, umfasst aber auch Stricken, Basteln, Häkeln … von Farbe, über Wolle, bei Pagro Diskont findet man alles, was das kreative Bastlerherz begehrt.

medianet:
Wie sehen die Zukunftspläne für den österreichischen Markt aus?
Kittinger: Was uns momentan sehr, sehr stark treibt, ist natürlich das Thema Digitalisierung. Da verfolgen wir mit libro.at und pagro.at ein klares Omnichannel-Konzept und das wird vom Kunden bereits sehr stark genutzt. Click&Collect – ich bestelle online und kann mir die Ware im Geschäft abholen – wird gut angenommen, aber auch der umgekehrte Weg ist populär. Wir haben zum Beispiel bei Libro ein Service, da bestelle ich im Geschäft ein Buch und lasse es mir nach Hause schicken. Wir möchten sozusagen ein bisschen die Onlinewelt mit dem stationären Handel vereinigen.

medianet:
Lassen sich die Onlineumsätze anteilsmäßig beziffern?
Kittinger: Da befinden wir uns schon noch im einstelligen Bereich. Auch wenn wir z.B. mit Libro im Gaming-Bereich online stark performen, sind wir ganz klar stationär geprägt, auch durch unsere vielen, in ganz Österreich verteilten Filialen. Insofern liegt unser Hauptfokus natürlich schon auf dem stationären Geschäft. Man muss aber gleichzeitig auch sagen, dass uns der Onlineshop in der Coronazeit, als wir ja nicht aufsperren durften, schon sehr geholfen hat. Diese guten Corona-Onlineumsätze konnten wir auch halten, ein Ausbau ist aber schon schwierig und teuer. Wir versuchen hier, gesund zu wachsen, Wachstum im E-Commerce um jeden Preis halten wir dagegen für falsch – das kostet einfach viel zu viel Geld.

medianet:
Inwiefern zeigt sich der Trend zur Digitalisierung im Bereich der Zielgruppenansprache?
Kittinger: Unser Medienmix wird generell digitaler, aber das Flugblatt wird schon noch eine Weile bleiben, weil es einfach sehr, sehr gut funktioniert. Es ist unser teuerstes Medium, das ist jetzt auch kein Geheimnis, und wir machen auch viele Tests und Initiativen, um zu schauen, wie wir das kompensieren können. Aber wir merken an den Umsatzzahlen genauso wie an den Frequenzen, dass das Flugblatt und die Aktionen, die man da zieht, einfach so eine große Masse ansprechen, dass man das dann auch wirklich am Ende des Tages im Geschäft sieht. Grundsätzlich ist die Zielgruppe von Libro etwas jünger als bei Pagro Diskont, und insofern setzen wir dort auch etwas stärker auf digitale Medien und sind seit über einem Jahr ganz erfolgreich auf TikTok unterwegs, da macht das digitale Marketing wirklich einen guten Job. In Sachen Pagro Diskont wiederum bieten wir unser Kundenmagazin Ideenwerk mittlerweile zusätzlich online an, in puncto Social Media ist dort Pinterest die wichtigste Plattform, weil sie die kreative Zielgruppe sehr genau anspricht. Ein Riesenthema ist für uns außerdem unser breites Angebot an Newslettern und natürlich haben wir auch Performancekampagnen, Google-Kampagnen für die Shops – das ist dann alles schon sehr genau getaktet.

medianet:
‚Großer Schulspaß beginnt bei Libro' lautet der Claim der jüngsten Kampagne, in der man die Schulartikel sprechen lässt und mit Wortspielen amüsiert. Was steckt da dahinter?
Kittinger: Da sind wir gerade ein bisschen einen neuen Weg gegangen. Dass wir alles für die Schule haben, wissen die Leute ja schon, also lag der Fokus darauf, einfach im Gespräch zu bleiben – gar nicht so sehr mit ‚Bei uns gibt’s die billigsten Sachen' den Lehrmeister spielen, sondern einfach – Stichwort ‚Schulspaß' – unterhalten. Ob im lustigen Gespräch zwischen Notizbuch und Spitzer oder bei Buntstiften, die ihr Gesangstalent zeigen: Wir wollten einfach dazu ermutigen, den Spaß nicht zu kurz kommen zu lassen, denn als Marke sehen wir uns nicht nur als reinen Ausstatter, sondern mehr als Begleiter – vom Taferlklassler bis zum Doktor.

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