Aufbruch zu neuen Ufern: Management statt Society
© Moni Fellner
CAREER NETWORK Redaktion 16.06.2023

Aufbruch zu neuen Ufern: Management statt Society

Nach zehn Jahren hängt Romina Colerus ihren Society-Job bei Heute an den Nagel und macht sich selbstständig.

••• Von Alexander Haide

Wenn man sich mit Romina Colerus trifft, dann kann schon mal das Handy klingeln und ein Promi ist dran. Kein Wunder, denn während der vergangenen Dekade berichtete die Mutter von zwei Söhnen und Neo-Oma aus der Welt der Stars und Sternchen, der Reichen und Schönen.

Ihre „Spielplätze” waren die Gratiszeitung Heute – als Chefreporterin des Ressorts People – und die Web-TV-Show „Romina Backstage”. Auch Privates versteckte die Journalistin nicht. Sie machte via Social Media auch ihren Gendefekt, eine erbliche BRCA-Mutation, die auch Angelina Jolie in sich trägt, öffentlich, Vorsorgeoperationen inklusive. Jetzt wechselt sie vom fixen Zeitungsjob in die Selbstständigkeit. medianet führte mit ihr jetzt ein ausführliches Interview.


medianet:
Weshalb kommt die berufliche Umorientierung gerade jetzt?
Romina Colerus: Im vergangenen Sommer hat sich dieser Gedanke langsam eingeschlichen. Wenn nicht jetzt, wann dann, denn ich werde auch nicht jünger. Entweder ich wage den Schritt jetzt, oder ich lasse es bleiben.

medianet:
Ist der Sprung von der Sicherheit eines Angestelltenjobs in die Selbstständigkeit nicht gerade als Mama eines kleinen Buben gewagt?
Colerus: Ich habe mir das immer wieder und lange überlegt. Aber ich wurde oft gefragt, ob ich nicht das Management oder die PR für bekannte Menschen übernehmen möchte. Und ja, das ist, was ich machen will. Mein Vater war sein Leben lang Musikmanager, irgendwie trete ich jetzt doch in seine Fußstapfen. Ich bin in einem Alter, wo das noch geht, und falls es nicht funktionieren sollte, kann ich wieder zurück in ein Angestelltenverhältnis.

medianet:
Es ist auch ein Schritt aus dem Scheinwerferlicht, hin zum Werken alleine am Com­puter.
Colerus: Das ‚Mein Computer und ich' hatte ich durch Corona in den vergangenen Jahren. Ich war im Homeoffice und nach der Pandemie wurde mir diese Freiheit gelassen. Ich bin zu Hause auch viel produktiver.

medianet:
Ist Ihnen die Party-Society schon auf die Nerven gegangen?
Colerus: Es gibt wenige Menschen, die mir aus dieser Branche auf die Nerven gehen. Das Party-Leben hat in den vergangenen Jahren sowieso weniger stattgefunden. Aber bereits vor der Pandemie habe ich gezielt ausgesucht, welche Events ich besuche.

Ich war, auch wegen meines Kindes, nicht jeden Tag unterwegs. Wenn man kein Bewegtbild braucht, muss man nicht überall hingehen. Man kann das auch am nächsten Tag aus dem Büro erledigen, recherchieren, wer wo war und die Menschen dann anrufen.
Am Schluss war ich vielleicht bei einem Event pro Woche, das ist also auch keine große Veränderung für mich.


medianet:
Wird Ihnen der Kontakt zu den Reichen und Schönen abgehen?
Colerus: Nein, denn jene, die im Laufe der Zeit Freunde geworden sind, werde ich weiterhin sehen.

medianet:
Wird Ihnen nicht zumindest die Präsenz als bekannte Journalistin in der Öffentlichkeit fehlen?
Colerus: Ich wurde so gut wie nie erkannt. Aber ich kenne Kollegen, die sich als Teil der Society sehen, das hatte ich nie. Das war mein Job, aber ich habe nie das Gefühl gehabt, dass ich ein Teil der sogenannten Society bin. Das war vielleicht ein riesiger Vorteil.

medianet: Sie hatten auch nie den Drang, vor der Kamera zu stehen?
Colerus: Das war nie das Ziel. Ich hatte Angebote, die aber immer dankend abgelehnt. Es ist Online-TV bei Heute geworden, weil mein Chef die Idee zu einem Format hatte, in dem ich mit den Gästen zusammensitzen und plaudern konnte. Das hat irrsinnig viel Spaß gemacht, hatte aber nie den Grund, dass ich vor die Kamera treten wollte. Die Promis wussten, dass, wenn sie zwanzig Minuten mit mir plaudern, geht das auf Sendung und ich picke mir nicht nur einen Satz heraus. Ich habe mir auch nur meine erste Sendung angesehen, um mich selbst kritisieren zu können. Aber ich kann meine Stimme nicht hören, noch meine Mimik und Gestik sehen, ich finde das alles furchtbar.

medianet:
Das Image des Boulevards ist in den vergangenen Jahren deutlich schlechter geworden. War das mit ein Grund für den Absprung?
Colerus: Ja. Ich wollte immer schöne Geschichten erzählen und Menschen ihre Geschichte erzählen lassen. Die Richtung, in die es vor allem bei Online gerade geht mit den Click-Bait-Überschriften finde ich ganz, ganz schlimm. So etwas habe ich nie gemacht und werde ich nie machen. Aber das ist, was mittlerweile verlangt wird. Ich kann das auch nachvollziehen, denn es geht um Geld, um Werbung und Klicks. Wenn Überschriften mit dem Inhalt einer Geschichte nichts mehr zu tun haben, will ich meinen Namen nicht ­daruntersetzen.

medianet:
Sie werden sich dem Künstlermanagement und der PR widmen. Brauchen Sie dabei aber nicht gerade auch diese Headlines bzw. können Sie Ihre zukünftigen Schützlinge vor derartiger Berichterstattung schützen?
Colerus: Schützen ist sehr schwierig. Künstler, und auch ich in meiner neuen Position, müssen damit spielen. Es kommt auch sehr darauf an, in welche Richtung ein Künstler geht. Viele spielen ja selbst mit den Click-Bait-Überschriften, da sie wissen, wie es funktioniert.

Wenn jemand permanent mit irgendeinem Wahnsinn in den Medien stehen will, dann wird er in diese Richtung gehen. Es gibt aber auch genug Menschen, die man nicht mit solchen Headlines in Verbindung bringt. Das ist ein Image, das man kreiert. Wer in Richtung Qualitätsberichterstattung gehen möchte, wird mit dem Boulevard weniger in Kontakt sein.


medianet:
Woher stammt Ihre zukünftige Klientel?
Colerus: Es wird querbeet sein. Es gibt so viele Menschen, die betreut werden möchten, ob das PR-technisch, Social Media oder als Management sein wird. Ich bin mit einem tollen Schauspieler und einem tollen Werbegesicht im Gespräch, es werden nicht zwingend Musiker.

medianet:
Wann gibt es die ersten Auftritte als PR-Lady?
Colerus: Ich bin genau seit einer Woche nicht mehr bei Heute und es ruft mich jeden Tag jemand an und hat eine Aufgabe für mich. Langweilig wird mir nicht. Ich habe vor, das Ganze erst im Herbst richtig schön durchzustarten. Ich verbringe den Sommer mit meinem Sohn, gebe auch mir Zeit nach den Operationen und gönne mir Ruhe.

medianet:
Sie sind mit Ihren Operationen, der Entfernung von Brüsten und Eierstöcken, aufgrund der BRCA-Genmutation, die ein deutlich erhöhtes Risiko von Krebs mit sich bringt, an die Öffentlichkeit gegangen. Wollen Sie anderen betroffenen Frauen ein Vorbild sein?
Colerus: Das ist ein Thema, über das sehr wenig gesprochen wird, und ich habe auf Social Media eine enorme Reichweite. Wenn ich damit nur einer einzigen Person helfen kann …

Es hat ja damit begonnen, dass mein Sohn mit einem Herzfehler zur Welt gekommen ist und ich das damals sehr öffentlich gemacht habe. Ich selbst war in dieser Situation völlig hilflos. Mir wurde die Diagnose verkündet, ein paar Fachbegriffe hingeknallt und wurde wieder nach Hause geschickt. Hätte ich keinen befreundeten Kinderarzt zur Seite gehabt, der mir durch das geholfen hat, wäre ich medizinisch komplett aufgeschmissen gewesen, da viel zu wenig Aufklärung betrieben wird.
Das war auch mit BRCA so. Ich habe diese Genmutation geerbt und werde diese Schritte für mich und meine Kinder gehen. Also weshalb nicht darüber reden? Angelina Jolie hat das Thema damals bekannt gemacht. Ich habe ein paar Frauen getroffen, denen ich offensichtlich helfen konnte. Es gab viele Rückmeldungen und erstaunlich wenig negative. Mir haben Frauen geschrieben, Fragen gestellt und mit einigen habe ich mich getroffen und wir haben geplaudert. Einige Frauen, die wussten, dass sie den BRCA-Gendefekt haben, praktizierten die Vogel-Strauß-Politik und sind nicht mehr zum Arzt gegangen. Für mich war es eine große Bestätigung, dass sie sich nach Gesprächen mit dem Thema auseinandergesetzt und dann auch Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen haben.


medianet:
Was sagen Ihre Söhne zur berühmten Mama?
Colerus: Der Kleine wird im September sechs Jahre alt, der weiß nicht, was die Mama arbeitet. Mein Großer wird jetzt 25 und ist selbst schon Papa. Er fand das hin und wieder ganz leiwand, wenn ich Konzertkarten bekommen hab’.

medianet:
Gibt es einen Plan B statt Selbständigkeit?
Colerus: Nein! Das wird gut, das weiß ich!

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