WIEN. Wie können Unternehmen große und komplexe Herausforderungen erfolgreich meistern? Nicht nur die Covid-19-Krise zeigt, dass zur Bewältigung solcher Herausforderungen ein kollektives Handeln unterschiedlicher Akteure essenziell ist.
Nach dem Einsturz des Fabriksgebäudes Rana Plaza in Bangladesh, bei dem 2013 über 1.100 Menschen getötet wurden, schlossen mehr als 200 Textilkonzerne gemeinsam mit Gewerkschaften und NGOs mit dem „Bangladesh Accord” ein Abkommen für höhere Sicherheit in Textilfabriken, das heute noch Bestand hat. Solche und andere Unternehmenskooperationen will ein neues Josef Ressel Zentrum erforschen, das vergangene Woche an der Fachhochschule (FH) Wien der Wirtschaftskammer Wien eröffnet wurde.
Thema „Collective Action”
Die Wissenschafter fassen innovative Managementkonzepte, die auf gemeinschaftlichen Initiativen beruhen, unter dem Begriff „Collective Action” zusammen und unterscheiden dabei zwischen Regulierungs- und Umsetzungsinitiativen.
„Regulierungsinitiativen zielen darauf ab, gesellschaftlich und ökologisch relevante Regulierungslücken zu schließen – beispielsweise durch die Schaffung von Branchenkodizes, zertifizierbaren Standards oder rechtlich bindenden Vereinbarungen”, so der Leiter des Josef Ressel Zentrum für Collective Action und Responsible Partnerships (CARe), Markus Scholz. Der „Bangladesh Accord” sei ein Beispiel dafür.
Zudem gibt es Umsetzungsinitiativen, die auch als Verantwortungspartnerschaften bezeichnet werden. Dabei schließen sich Unternehmen und weitere Akteure zusammen, um ein meist lokal begrenztes Problem von ökonomischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Relevanz wie den Fachkräftemangel oder die Schaffung einer digitalen Infrastruktur gemeinsam zu lösen.
Als Beispiel dafür nannte Scholz die „CoVIg-19 Plasma Alliance”, in der Pharmaunternehmen mit dem Ziel kooperieren, möglichst schnell eine Therapie für Covid-19-Patienten zu entwickeln und auch Partner außerhalb der Pharmabranche wie Microsoft oder Google dabei logistisch unterstützen.
Manner, Kapsch, Simacek
Gemeinsam mit den Unternehmenspartnern – Josef Manner & Comp AG, Kapsch TrafficCom AG und der Simacek Facility Management Group – wollen die Wissenschafter unter anderem untersuchen, wie Unternehmen komplexe Herausforderungen erfolgreich meistern können, welche Faktoren sie bei kollektiven Projekten unter-stützen, wie die Zusammenarbeit gestaltet werden muss, um die gewünschten Ergebnisse zu erbringen – und wie der Erfolg von kollektiven Projekten überhaupt konkret gemessen werden kann.
„Die Verantwortung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Josef Manner & Comp AG bildet das Fundament unserer in Zusammenarbeit mit dem Center for Corporate Governance & Business Ethics erarbeiteten Wertepyramide”, so Albin Hahn, Vorstand Finanzen und Personal bei Manner. „Darüber hinaus sind wir bestrebt, das Ziel ökologischer Nachhaltigkeit eng mit unserer unternehmerischen Kerntätigkeit zu verbinden.” Seit 2012 unterstütze man die Arbeit des Institute for Business Ethics and Sustainable Strategy (IBES). Hahn: „Unser Ziel als Unternehmenspartner des Josef Ressel Zentrums für Collective Action und Responsible Partnerships ist es, besser zu verstehen, wie Collective Action-Initiativen wirkungsvoll gestaltet und koordiniert werden können, um gesellschaftlich relevante Probleme gemeinsam zu lösen.”
Vorbild Doppler-Labors
Vorbild für das auf Fachhochschulen zugeschnittene Josef-Ressel-Programm sind die Christian-Doppler-Labors, wo Universitäten mit Firmen zusammenarbeiten. Laufzeit der Ressel-Zentren sind fünf Jahre. (APA/red)