Mut, Haltung, Durchhaltevermögen – für MCI-Rektor Andreas Altmann sind das die Schlüsselkompetenzen einer neuen Generation von Akademikern. Im Gespräch mit medianet erklärt er, warum soziale Intelligenz und unternehmerisches Denken heute ebenso entscheidend sind wie Fachwissen – und was die Karrierewege von morgen prägt.
medianet: Herr Professor Altmann, welche Kompetenzen sind Ihrer Ansicht nach heute die entscheidenden Karrierefaktoren für junge Akademikerinnen und Akademiker?
Andreas Altmann: Bei Personen mit abgeschlossenem Studium geht man davon aus, dass sie die fachlichen Qualifikationen in ihrem Gebiet mitbringen. Was darüber hinaus besondere Beachtung verdient sind folgende Eigenschaften: Mut, Risikobereitschaft, Teamfähigkeit und Durchhaltevermögen. Insbesondere im Bereich Durchhaltevermögen scheint früher eine deutlich höhere Resilienz bestanden zu haben. Man darf nicht bei jedem Gegenwind sofort wackelig werden, an sich zu zweifeln beginnen oder ans Nach- bzw. Aufgeben denken.
medianet: Das MCI wirbt mit ‚unternehmerischer Hochschule‘. Wie gelingt die Balance zwischen wissenschaftlicher Tiefe und praxisnaher Ausbildung?
Altmann: Unternehmerische Orientierung braucht es sowohl für wissenschaftlichen Tiefgang als auch für lösungsorientierte Umsetzungen in die Anwendung. Insoweit ist hier keinerlei Widerspruch zu sehen, sondern wirkt eine besondere unternehmerische Orientierung der Studierenden und Mitarbeitenden als positiver Verstärker in beiden Bereichen.
Die besondere Rolle des MCI besteht am Standort mit zwei etablierten Universitäten nicht in der Duplizierung des Bestehenden, sondern in deren komplementärer Erweiterung. Während sich die Forschungsarbeiten an öffentlichen Universitäten im Wesentlichen in Publikationen niederschlagen, deren wichtigster Adressat die Scientific Community ist, fokussieren die Forschungsarbeiten des MCI auf Lösungen für die betreffenden Industrien und sonstige Adressaten.
medianet: Welche Rolle spielt berufsbegleitende Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte, welche Formate setzen sich Ihrer Meinung nach durch?
Altmann: Berufsbegleitende Weiterbildung wird immer wichtiger, schlicht aus dem Umstand, dass Wissen immer schneller veraltet. Wissen selbst wird damit mehr zu einer über digitale Kanäle verfügbaren Commodity. Fundiertes Grundlagenwissen wird deswegen aber nicht weniger wichtig, weil die in Echtzeit abrufbaren Informationen in der Folge eingeordnet, beurteilt und in sinnvolle Entscheidungen überführt werden müssen.
Berufsbegleitende Weiterbildung fokussiert daher in aller Regel auf eine Aktualisierung von Wissen, dessen Einordnung, Erarbeitung und Diskussion von Entscheidungsoptionen sowie die Gestaltung diesbezüglicher Strukturen und Prozesse. Eine besonders wichtige Funktion von berufsbegleitender Weiterbildung besteht auch in der Herstellung von Netzwerken unter den Teilnehmenden, die weit über die eigentliche Seminar- bzw. Vermittlungsphase hinausreichen und Wirkung entfalten.
medianet: Wie wichtig ist Auslandserfahrung heute für Karrierewege?
Altmann: Am MCI erachten wir Internationalität als eines der wichtigsten Ausbildungsziele. Es geht darum, Menschen aus ihren Komfortzonen herauszuführen, sie zu exponieren, andere Perspektiven kennen und schätzen zu lernen, einen externen Blick auf die gewohnte Lebenswelt zu werfen, sich international bewegen zu lernen und internationale Beziehungsgefüge aufzubauen, die einen auf dem weiteren Lebensweg begleiten.
medianet: Wo sehen Sie die größten Lücken zwischen den Anforderungen von Unternehmen und den Fähigkeiten von Absolventen?
Altmann: Jede berufliche Aufgabe benötigt gewisse Eingewöhnungs- und Einschulungsphasen in Ergänzung zu dem im Studium Erlernten. Diese sind nach einem MCI-Studium aufgrund der hier gepflogenen Studienmodelle, wie Fallstudien, Praxisprojekte, Diplomarbeiten zu betrieblichen Aufgabenstellungen, Lehrbeauftragte aus Industrie und Consulting, internationale Gastprofessoren etc., in aller Regel von kurzer Dauer.
medianet: Welchen Rat geben Sie Studierenden und Berufseinsteigern, die ihre Karriere langfristig erfolgreich gestalten wollen?
Altmann: Man soll das tun, wofür man Leidenschaft mitbringt. Damit wird man längerfristig auch Exzellenz erreichen. Erreichen kann man überdies nur das, was man auch versucht. Wenn man etwas nicht erreicht, liegt es oft nicht an fehlenden Kenntnissen oder Möglichkeiten, sondern einfach daran, dass man etwas nicht versucht hat. Insofern sind es nicht immer die besten Studierenden, in Bezug auf Noten, die im Beruf am erfolgreichsten sind, sondern die, die später den Mut haben, Dinge einfach anzupacken. Handwerk hat überdies noch immer einen goldenen Boden. Es wird immer Installateure, Elektriker usw. brauchen.
medianet: Sie sagten kürzlich: ‚Wohlstand gibt es nicht zum Nulltarif.‘ Wie darf man das interpretieren und welche Schritte halten Sie für unabdingbar, um diesen ‚Preis‘ fair zu verteilen?
Altmann: Wenn wir längerfristige Sicherung des Wohlstand wollen, wird es Leistung, Anstrengung und Verzicht auf manche kurzfristige Annehmlichkeiten benötigen. Wollen wir Energie, werden wir Produktion und Netze benötigen, wollen wir Sicherheit, werden wir Verteidigungsfähigkeit benötigen. Wollen wir Stabilität des Pensionssystems, werden wir die Antrittsalter den jeweiligen Lebenserwartungen anpassen müssen u.ä.m.
medianet: Das MCI stößt mit über 5.000 Bewerbungen auf nur etwa 1.300 Studienplätze auch an räumliche Grenzen. Ein Neubau scheitert seit Jahren. Warum?
Altmann: Dazu ist alles gesagt.
medianet: Sie haben in diesem Kontext vergangenes Jahr auch ein Video gedreht. Ihnen wurde daraufhin vorgeworfen, mit dramatischen Bildern öffentlichen Druck auf die Tiroler Landesregierung auszuüben, um den Neubau zu erzwingen. Wie reagieren Sie auf diese Kritik – und: Braucht wirksame Kritik heute Inszenierung?
Altmann: Man begnügt sich in der Politik gerne mit dem Prinzip ‚Bis jetzt ist noch alles gut gegangen‘. Es braucht mitunter eine bildhaft erzeugte Klarheit über den konkreten Sachverhalt, um Maßnahmen in Angriff zu nehmen.
medianet: Wie werden Sie den Spagat zwischen vergleichsweise hoher Nachfrage und knapper Infrastruktur jetzt lösen?
Altmann: Es wird wohl weiter Geld in fremdes Eigentum verausgabt, anstatt dieses in einen im Eigentum befindlichen Standort zu investieren.
medianet: Persönliche Frage: Welche Weichenstellungen waren für Ihre eigene Karriere entscheidend – und was hätten Sie rückblickend vielleicht anders gemacht?
Altmann: Ich hätte mir manches öfters leichter machen können. Wenn man etwas für richtig und wichtig befindet, sollte
man seinen Weg aber nicht verlassen.
