••• Von Alexander Haide
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder würde gerne Studierenden, die künftig aufgrund der Probleme mit dem US-Präsidenten nicht mehr an der Elite-Universität Harvard lernen können, nach Deutschland holen. „Ich kann wirklich nur sagen, bitte alles nach Deutschland, gerne auch nach Bayern”, sagte Söder in einem Interview mit RTL/ntv.
Bereits zuvor meldete sich aus Österreich Eva-Maria Holzleitner, Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung zu Wort: „Was derzeit in den USA geschieht, ist ein Frontalangriff auf die Freiheit von Wissenschaft und Lehre”, sagt Holzleitner. „Unsere Antwort ist klar. Wir stehen solidarisch an der Seite all jener, deren wissenschaftliche Arbeit gefährdet ist. Österreich bleibt ein sicherer Hafen für Forschung und Wissenschaft.”
Konkrete Maßnahmen
Dafür legte Holzleitner ein „Perspektiven-Paket” vor. Darin enthalten ist die Erweiterung des unbürokratischen Berufungsverfahrens für Wissenschafter aus den USA und die Anhebung der Quote von fünf auf zehn Prozent bei §99a-Professuren ohne Ausschreibung. Das sollte vorerst bis zum 30. September 2026 für Personen, die in den vergangenen 24 Monaten in den USA wissenschaftlich tätig waren, gelten.
„Mit der Gesetzesnovelle erleichtern wir die Aufnahme von Professoren und Forschern aus den USA erheblich. Die Universitäten bekommen Rechtssicherheit, die Betroffenen eine Perspektive”, so Holzleitner.
Weiters schlägt die Ministerin unter anderem einen „One-Stop-Shop via Euraxess” vor, eine zentrale digitale Plattform für internationale Talente, Informationen zu Visa, Jobs, Förderungen und Integration. Ein Stipendienprogramm namens „Students at Risk” soll für Studierende aus Ländern mit demokratiefeindlichen Tendenzen, nicht nur aus den USA, gelten. Holzleitner fasst dabei als erste Tranche 50 Stipendien à 1.200 € pro Monat ins Auge, damit eine Studienfortsetzung an österreichischen Hochschulen möglich ist.
Forschung ohne Grenzen
„Wissenschaft endet nicht an Landesgrenzen. Mit diesem Paket zeigen wir, dass jeder, der unter Druck gerät, auf Österreich zählen kann, menschlich, rechtlich und wissenschaftlich”, unterstreicht die Ministerin. „Das Perspektiven-Paket ist eine Antwort auf die drastischen Einschnitte und Restriktionen der US-Administration in die Forschungs- und Wissenschaftslandschaft. Damit setzen wir aber auch ein klares Zeichen der internationalen Solidarität. Dieses Paket ist keine Einzelmaßnahme, sondern ein gemeinsamer Prozess mit dem Ziel, die einzelnen Fäden der jeweiligen Einrichtungen zu einem starken, zugkräftigen Seil zu flechten, damit Forscher und Studenten unter guten Rahmenbedingungen zu uns kommen können. Wissenschaft braucht Sicherheit, keine Schikanen.”
Keine Visaanträge möglich
Jakob Calice ist Geschäftsführer des OeAD, Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung, und derzeit täglich mit den Sorgen von Studierenden konfrontiert, die in sich in den USA aufhalten oder dort in Zukunft studieren möchten. „Wir bekommen das als Agentur für Bildung und Internationalisierung relativ stark mit”, erinnert sich Calice an die Zeit nach dem Beginn des Trumpschen Uni-Bashings. „Es betrifft Studierende, die wir dabei fördern ins Ausland zu gehen. Eine der Destinationen sind die USA. Es befinden sich rund 1.000 Studierende aus Österreich dort, wobei viele ein Full-Degree machen. Es gibt jedoch auch welche, die für ein oder zwei Semester in die USA gehen.”
Unmittelbaren Einfluss auf zukünftige Auslandsstudenten hat vor allem der Vergabe-Stopp für Studentenvisa. Auch in Österreich werden derzeit keine neuen Termine für Visa-Ansuchen vergeben.
In den vergangenen Monaten wurden in den USA Daten, die man von internationalen Studierenden hat – diese werden sehr genau getrackt – kombiniert mit Daten aus der Kriminaldatenbank. Das Programm nennt sich passenderweise „Catch and Revoke” – demnach kann bereits eine kleine Gesetzesübertretung wie eine geringe Geschwindigkeitsübertretung auf der Autobahn zur Annullierung des Visums führen.
Auf dieser Grundlage wurden derzeit 4.500 internationalen Studierenden bestehende aufrechte Visa entzogen, von mehr als einer Mio. internationaler Studierender in den USA. Ob Österreicher darunter waren, ist nicht bekannt.
„Ich war gerade bei der NAFSA (Konferenz für internationale Hochschulkooperationen) in den USA und dort empfehlen Anwälte klar, wenn man mit dem Gesetz, der Polizei in Kontakt kommt, auf jeden Fall mit einem Anwalt zu sprechen”, meint Calice. Wenn Studenten etwa für Ferien nach Hause reisen wollen, müssen sie das im Vorfeld eintragen lassen. „Es wird derzeit von vielen Universitäten geraten, die USA nicht zu verlassen, um keine Probleme bei einer neuerlichen Einreise zu bekommen”, weiß Calice aus der Praxis. „Die Unsicherheit ist gigantisch groß.”
Plan B notwendig
Wer sich derzeit mit dem Gedanken trägt, ein Studium in den USA zu beginnen oder ein Auslandssemester ins Auge fasst, sollte auf jeden Fall einen Plan B zur Hand haben und ein bisschen risikoaffin sein. „Es ist bereits seit Jahren der Fall, dass man bei der Einreise in die USA Social Media offenlegen muss. Wir sind es nur als Europäer nicht gewohnt, dass wir auch unter diese Kontrollen fallen. Wir wissen auch nicht, wann die Möglichkeit für Visa-Anträge wieder aufgeht und wie eine Prüfung aussehen wird”, unterstreicht Calice.”
Die vorgeschlagenen Maßnahmen von Ministerin Holzleitner seien sinnvoll, meint der OeAD-Geschäftsführer, und man merke ein größeres Interesse von ausländischen Studenten, die ihr Doktorat abschließen oder Post-Docs an europäischen und österreichischen Unis. Die Anzahl der Anträge zur Zulassung steige seit Jahren stark an. Österreich wird auch interessanter, da mittlerweile viele Studienrichtungen auf Englisch sind. Calice verweist rund um die USA-Situation, wie auch die Ministerin, auf die Euraxess-Plattform, auf der der österreichische Standort beworben wird.
Interesse an Österreich steigt
Der OeAD setzt für das Ministerium noch eine weitere Reihe von Stipendienprogrammen um, vor allem für Studierende, die nach Österreich kommen wollen. „Studenten, die sich um ein Stipendium bewerben, können sich direkt bei uns beraten lassen”, ermuntert Calice. „Über die Vergabe entscheiden die Hochschulen im Falle des Erasmus-Programms oder Auswahlkommissionen bei unseren Stipendienprogrammen.”
Zusätzlich erteilt der OeAD Auskunft über fremdenrechtliche Angelegenheiten und hilft bei der Suche nach einer Unterkunft. Wenn nötig, stellt der OeAD auch für kurze Zeit Wohnmöglichkeiten in ihren eigenen Häusern zur Verfügung. Heimischen Studierenden rät Calice als erste Anlaufstelle das International Office der eigenen Hochschule. Free Movers, die an keinem Programm teilnehmen, wenden sich am besten an das International Office der Zielhochschule.
Weitere Informationen und Links unter oead.at, grants.at und euraxess.at.